Fesseln der Unvergaenglichkeit
verfolgte ihn Aiyanas schmerzverzerrtes Gesicht. Aiyanas Leben bedeutete für ihn mehr als sein eigenes Glück. Er hatte sie freigegeben und das war das einzig Richtige, das er tun konnte. Er holte seine Reisetasche vom Rollband und folgte dem Menschenstrom in Richtung Ausgang. Der Anhänger am Reisverschluss seiner Tasche erinnerte ihn an Aiyana. Sie hatte ihm das Herz geschenkt, nachdem er sie vor dem Vampir gerettet hatte. Mit einem schnellen Griff umfasste er den silbernen Anhänger und riss ihn weg. Er brannte in seiner Hand, erinnerte ihn daran, dass er Aiyana verlassen hatte, um sie vor dem Tode zu schützen. Nur die feste Überzeugung, dass er Aiyanas Leben retten konnte, hatte ihm die Kraft gegeben, sich von ihr abzuwenden, obwohl er die Qual in ihren Augen be inahe nicht hatte ertragen können.
Die Rolltreppen führten ihn zum Air Train. Die Station wirkte gepflegt. Er drückte sich zwischen Koffern und Taschen in den Zug und starrte auf die grauen Vororte, die an ihm vorbeiflogen. Die dunkelroten Häuserreihen vermittelten Trostlosigkeit. Nachdem die Subway durch den East River Tunnel gerattert war, stieg er in der Penn Station um. Die riesige Halle, die von einem Glasdach überdeckt wurde, glich einem Ameisenhaufen. Leonardo folgte geduldig dem Menschenstrom bis zur Subway Linie E, mit der er bis nach Soho fuhr. Sobald er die Station verließ, wehte ihm frischer Kaffeeduft entgegen. Er eilte an den Shops vorbei. Die Backsteinhäuser wirkten hellrot in der Morgensonne, die mit ihrem grellen Licht das Künstlerquartier bestrahlte. Er fand die Broome Street Nummer vier ohne Probleme und klingelte entschlossen. Obwohl es für ihn unwichtig geworden war, ob er seinen Bruder traf. Sein Leben erschien ihm ohne Aiyana sinnlos. Es spielte keine Rolle mehr, wie seine Existenz weitergehen würde. Er suchte seinen Bruder nur auf, um seiner Familie die Unterstützung einer Lix zu garantieren.
Ein Mann mit braunen Haaren öffnete.
Leonardo betrachtete ihn enttäuscht. Das ungepflegte Gesicht wirkte gewöhnlich.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte der Mann griesgrämig.
»Guten Tag. Sind Sie Alden Bennett?«
»Nein Sir, ich heiße Brad Marston.«
»Ich suche Alden Bennett. Wohnt er hier?«
»Nein. Warum wollen Sie das wissen?«
»Ich bin sein Bruder.«
»Da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen.«
»Hat er hier gewohnt?«
»Ja, vor mir. Er hat mir das Loft gezeigt und die Galerie um die Ecke empfohlen, in der er seine Bilder immer verkauft hatte.«
»Um welche Galerie handelt es sich denn?«
»Es ist die Soho-Galerie am Broadway. Pino, der Besitzer, ist echt in Ordnung. Ich bin froh, dass Ihr Bruder mir den Ort gezeigt hat. Das werde ich ihm nie vergessen.«
Hoffentlich verkaufte Pino immer noch Werke von Alden und wusste, wo er wohnte. »Vielleicht kann ich seine Bilder in der Galerie noch finden.«
Der Mann zuckte mit den Schultern. »Seine Sachen verkauften sich extrem gut. Ich würde nachfragen. Sie können die Galerie nicht übersehen. Vielleicht haben Sie Glück.«
»Vielen Dank.«
»Schon okay. Viel Glück.« Er schloss die Tür.
Leonardo folgte der Broome Street und bog in den belebten Broadway ab. Neben einem Shop, der aussah, als gäbe es nichts unter tausend Dollar, sah er das Schild der Galerie, die er eilig betrat.
Ein Mann saß hinter einem großen Bildschirm. Er stand auf und kam ihm entgegen. Er passte mit seiner schwarzen Kleidung in den Raum, der vollgestopft mit verschiedenen Bildern, stillos wirkte und eher wie ein Jahrmarkt aussah. »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Ich habe von Brad Marston gehört, Sie würden Bilder von Alden Bennett in Ihrer Galerie verkaufen.« Der Mann musterte ihn kurz, dann lächelte er. »Ich habe leider alle seine Bilder verkauft.«
»Könnten Sie mir seine Adresse geben? Ich hätte einen größeren Auftrag für ihn.«
»Tut mir leid, er hat sich nicht mehr gemeldet und ist spurlos verschwunden. Ich hätte noch andere Käufer, die sich auch für weitere Bilder interessierten. Ich muss sie leider enttäuschen. Aber ich habe noch ein Bild, das er mir angeboten hat. Es kann nicht von ihm selbst sein, aber es ist ganz gelungen. Wollen Sie es sehen?«
»Gern.« Er führte ihn in einen zweite n Raum und zeigte auf einen Akt, der eine Lix von hinten zeigte, die auf einem Stuhl saß. Ein dunkelrotes Tuch fiel über ihre Schultern und betonte die weiße Haut. Leonardo betrachtete es verblüfft. Es konnte nicht von Alden sein. Wer immer dieses Bild
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