Fesseln des Schicksals (German Edition)
um Verzeihung.»
«Du?»
«Wer denn sonst! Ich bitte dich um Verzeihung, weil ich zugelassen habe, dass du auf diese Weise von mir gehst. Ich hätte niemals so reagieren dürfen. Es stimmt, deine Worte haben mich erschreckt. Aber du bist doch immer noch die Gleiche. Bitte, verzeih mir. Ich könnte niemals ertragen, dich zu verlieren. Bitte …» Er sah ihr in die Augen und ergriff ihre Hände. «Heirate mich.»
Charlotte und Noah hielten den Atem an.
«O ja», sagte Hortensia und brach in Tränen aus. Brian nahm sie in die Arme.
Selbst Charlotte und Noah konnten ihre Rührung nicht verbergen.
***
Letztendlich war Charlotte doch glücklich über Brians und Hortensias Verlobung. Eigentlich war sie selbst über diese Tatsache überrascht, denn im Grunde hatte Scott recht gehabt. Obwohl sie es nicht zugeben mochte, wollte sie nicht, dass Hortensia heiratete. Sie wollte nicht, dass ihre Welt sich veränderte. Sie brauchte Hortensia. Immer hatten sie sich gegenseitig umeinander gekümmert. Brian war ein Fremder, der aus dem Nichts aufgetaucht war und ihr das Liebste wegnehmen wollte. Sie war eifersüchtig gewesen, und es hatte ihr wehgetan, dass Hortensia sie und Noah verlassen wollte. Scott hatte das früher als sie selbst begriffen. Aber jetzt hatte sich etwas verändert. Charlotte hatte jetzt erst verstanden, wie sehr ihre Schwester unter dem Geheimnis ihrer Herkunft gelitten hatte. Außerdem erinnerte sie sich daran, dass auch Hortensia schon einmal verliebt gewesen war, und dachte an Robert Ardley zurück. Ihre Schwester verdiente es, glücklich zu sein. Und wenn Charlotte dafür die Ehe mit Brian akzeptieren müsste, dann würde sie das tun. Schließlich war er ein guter Mann. Er liebte ihre Schwester und konnte ihr das Leben bieten, das sie verdiente.
«Noah, wann kommt Scott endlich?», fragte Charlotte ungeduldig. Es war schon fünf vor sechs.
«Scott kommt heute nicht.»
«Warum?»
«Es gibt keinen Grund mehr. Ich brauche keinen Unterricht mehr.»
Charlottes Gesichtsausdruck verriet, dass sie nicht im Traum an diese Möglichkeit gedacht hatte. «Er könnte doch wenigstens weiter zum Essen kommen.»
«Über all den Ereignissen habe ich ganz vergessen, es dir zu erzählen», sagte die jetzt immer vor Glück strahlende Hortensia. «Ich konnte ihn absolut nicht davon überzeugen, weiter bei uns zu essen. Es schien ihm nicht korrekt, unsere Gastfreundschaft auszunutzen. Nun, er wird wenigstens einmal die Woche kommen. Am Freitag.»
«Freitag! Aber heute ist Dienstag!», protestierte Charlotte. «Ich muss mit ihm reden. Ich will, dass er weiß, dass ich mich in etwas geirrt hatte.»
«Du kannst es ihm am Freitag sagen.»
«Das ist viel zu spät.» Es war Charlotte gar nicht recht, dass Scott sie die ganze Zeit für eine Egoistin halten würde. «Ich muss heute mit ihm sprechen!»
Charlotte sprang auf, nahm sich einen Schirm von der Garderobe und ging zur Tür.
«Was tust du?»
«Ich gehe zu ihm.»
«Wohin?»
«Zu ihm nach Hause.»
«Du weißt doch gar nicht, wo er wohnt.»
«Ich nicht. Aber Noah schon», sagte sie und warf ihrem Bruder einen Blick zu. «Ich weiß, dass du öfter bei ihm warst.»
Hortensia drehte sich sofort zu Noah um. «Sag es ihr nicht!»
Noah sah Hortensia an, dann Charlotte. Er hatte versucht sich herauszuhalten, würde aber nun wohl Partei ergreifen müssen.
«Salem Street 6, in der Nähe der Old North Church. Ganz am Anfang der Straße ist ein Laden für Töpferwaren.»
«Noah!», rief Hortensia enttäuscht aus.
Charlotte lächelte ihrem Bruder zu.
«Du kannst nicht einfach so bei ihm zu Hause auftauchen!», versuchte Hortensia auf sie einzureden.
«Warum?»
«Das wäre nicht korrekt, und das weißt du.»
«Unsinn. Scott ist ein Freund.»
Hortensia schwieg. Vielleicht war Scott für Charlotte nur ein Freund, aber jeder, der einmal beobachtet hatte, wie Scott ihre Schwester ansah, wusste, dass er dieses Gefühl nicht teilte. Hilfesuchend blickte sie zu Noah.
Der zuckte nur mit den Schultern. «Charlotte ist eine erwachsene Frau. Sie wird schon wissen, was sie tut. Außerdem hört sie ohnehin nicht auf uns.»
«Ich gehe dann», sagte Charlotte und entschwand durch die Tür.
«Du warst mir wirklich keine große Hilfe, Noah.»
Ernst sah er Hortensia an.
«Vielleicht ist es gut so. Vielleicht ist der Moment gekommen, in dem die beiden sich aussprechen sollten.»
«Das glaube ich nicht, Noah. Charlottes Wunden sind noch nicht verheilt.»
Hastig war Charlotte
Weitere Kostenlose Bücher