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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
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Bald folgten weitere Artikel, die ebenso großen Anklang fanden. Obwohl Spelman oft versuchte, sie auszuhorchen, verriet Charlotte nie, wer ihre Quellen waren. Und ob es sich um einen gesellschaftlichen Skandal handelte oder einen Raubüberfall, irgendwie schaffte diese Frau es immer, einen Informationsvorsprung zu haben.
    ***
    Seit zehn Minuten feilte Charlotte an dem letzten Satz eines Artikels, als der Junge auftauchte, der die Botengänge im Haus erledigte.
    «Miss Charlotte?»
    «Ja, Albin?»
    «Dieser Brief ist für Sie abgegeben worden.» Er übergab ihr einen schlichten Umschlag ohne Absender, auf dem in deutlichen Lettern ihr Name stand.
    «Weißt du, wer ihn gebracht hat?»
    «Einer der Laufburschen vom Edward’s .»
    «Vom Hotel?»
    Der Junge nickte.
    «Danke, Albin», sagte Charlotte und schenkte ihm ihr schönstes Lächeln.
    «Gern geschehen, Miss Lacroix», antwortete der Junge eifrig und rannte wieder zurück zu seinem Posten an der Eingangstür.
    Neugierig riss Charlotte den Umschlag auf. Auf einem Bogen Briefpapier aus dem Edward’s hatte jemand eine knappe Nachricht verfasst. Ein Freund, hieß es, wolle sie sehen und würde im Hotel auf sie warten.
    «Gut», sagte sie zu sich selbst. «Mal sehen, was dieser mysteriöse Freund uns zu erzählen hat.»
    Charlotte zog ihren Mantel an, setzte den Hut auf und steckte die Nachricht ein. Dann nahm sie die Feder und schrieb in einem Zug den letzten Satz, über dem sie so lange gegrübelt hatte. «Perfekt!», rief sie zufrieden aus und verschwand aus dem Büro.

    Auch wenn sie nie im Edward’s abgestiegen war, hatte sie das Hotel doch mehrmals beruflich aufgesucht. Das Wort Luxus war absolut ungenügend, um die ganz mit Marmor ausgekleidete Empfangshalle des Hauses zu beschreiben. Charlotte lief über einen breiten blauen Perserteppich zur Rezeption.
    «Guten Tag», grüßte sie. «Mein Name ist Charlotte Lacroix. Ich werde erwartet.»
    Der unermüdlich lächelnde Empfangschef, der in einen eleganten schwarzen Anzug gekleidet war, nickte ihr zu und winkte gleichzeitig einen Laufburschen herbei.
    «Erlauben Sie», sagte er, «dass der junge Mann Sie in den orientalischen Salon begleitet. Dort wartet man bereits auf Sie.»
    Charlotte bedankte sich und folgte dem Jungen, der alle fünf Schritte anhielt, um sich zu ihr umzudrehen und sie mit einer Verbeugung aufzufordern, ihm zu folgen. Am Ende eines Ganges blieb er kurz vor einer Doppeltür stehen und öffnete sie nach einer weiteren Verbeugung. Hinter ihr machte er sie sanft wieder zu.
    «Wie schön!», rief Charlotte bewundernd aus und trat in den orientalisch eingerichteten Raum. Und noch bevor sie sich nach dem mysteriösen Freund umsehen konnte, hörte sie eine vertraut klingende Stimme aus dem hinteren Teil des Raums.
    « Bonjour , Charlotte.» Es war, als würde tief in ihrem Herzen etwas schmelzen, als sie sich nun wie in Trance auf die Gestalt zu bewegte, die sich langsam aus einem Sessel erhob.
    «O Gott!», rief sie und hob die Hände an den Mund. «Großvater!» Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    «Meine kleine Charlotte!», sagte der alte Mann unter Schluchzern, als er seine Enkelin in die Arme schloss. «Ich habe so lange nach euch gesucht! Ich hatte schon Angst, ich würde euch vielleicht nie wiedersehen …»
    Schweigend hielten die beiden sich eine Weile in den Armen, dann setzten sie sich. Neben ihrem Großvater fühlte sich Charlotte, als wäre sie endlich wieder zu Hause angekommen. Drei Jahre waren seit dem Tod ihrer Mutter vergangen, und der Großvater hatte sich verändert. Er war schmaler geworden, und die Jahre hatten ihn gebeugt. Ein trauriger Schleier lag über seinen dunklen Augen.
    «Wie hast du uns gefunden?», fragte Charlotte, die die Hand ihres Großvaters nicht mehr loslassen wollte.
    «Ich habe Detektive beauftragt und überall nach euch suchen lassen. Lange Zeit hatten sie keinen Erfolg. Aber dann …» Er zog etwas aus seiner Westentasche und gab es ihr. Es war eine der Goldmünzen, die er ihnen geschenkt hatte und die sie nach und nach verkauft hatten.
    «Ich hatte schon alle Hoffnung verloren, als mir diese Münze in die Hände fiel. Ein Juwelier aus New Orleans hatte sie auf einer Reise nach Boston erstanden.»
    Froh blickte er seine Enkelin an, dann aber runzelte er die Stirn. «Wie Tiere hat er euch verkauft!», rief er und ballte wütend die Fäuste.
    Überrascht sah Charlotte auf.
    «Dein eigener Vater hat die Unverschämtheit besessen, mir alles zu erzählen,

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