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Fesseln des Schicksals (German Edition)

Fesseln des Schicksals (German Edition)

Titel: Fesseln des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Gallaga
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Mitglieder des Lehrkörpers und des Offiziersstabs von ihrem Tisch, der auf einem Podium stand und von dem aus man den gesamten Raum überblicken konnte. Erst danach taten die Studenten es ihnen nach.
    Diesmal mischte Scott sich unter die Menschenmenge, die sich auf dem Campus verteilte, und kehrte zu seiner Unterkunft zurück.
    «Kadett!», rief jemand hinter ihm, als er den Fuß auf die erste Treppenstufe setzte.
    Aber Scott stieg die Treppe weiter hinauf, völlig gedankenverloren.
    «Haben Sie mich nicht gehört?», wiederholte die Stimme.
    Alle starrten Scott an.
    «Meinen Sie mich?», fragte er und drehte sich zu einem jungen Mann um, der das Abzeichen eines Leutnants am Uniformrock trug.
    «Name und Studienjahr?»
    «Scott O’Flanagan, erstes Jahr.»
    «Kadett O’Flanagan, Sir», korrigierte ihn der Offizier sichtlich verärgert angesichts des Mangels an Respekt.
    Scott deutete mit einer leichten Bewegung an, dass er nun seinen Weg fortzusetzen gedachte.
    «Wohin glauben Sie zu gehen, Kadett O’Flanagan?»
    «Ich begebe mich auf mein Zimmer.»
    «Ich begebe mich auf mein Zimmer, Sir», korrigierte ihn der Leutnant erneut.
    Scott fand es äußerst gewöhnungsbedürftig, jemanden «Sir» zu nennen, der kaum ein paar Jahre älter war als er selbst.
    «Können Sie mir sagen, Kadett O’Flanagan, was Sie mitten auf der Treppe machen?»
    Überrascht sah Scott ihn an. «Ich wollte in den ersten Stock.»
    «Sie wissen wohl nicht, dass Studenten im ersten Jahr nicht in der Mitte gehen, weder auf den Treppen noch in den Fluren?»
    Er war so in Gedanken versunken gewesen, dass er die Schlange junger Männer, die sich an der Wand entlang bewegten, gar nicht bemerkt hatte.
    «Es tut mir leid, Sir», sagte er, trat zur Seite und schloss sich der Prozession der jüngeren Männer an.
    «Das kostet Sie zwei Strafpunkte, Kadett O’Flanagan.»
    Leutnant Paul Sebastian vom Jahrgang 1845 hatte in diesem Sommer die vierjährige Ausbildung an der Marineschule beendet. Nach seinem Abschluss hatte er sich bereit erklärt, für zwei weitere Jahre als Unterstützungsoffizier in der Einrichtung zu bleiben. Nun holte er ein kleines Büchlein aus der rechten Tasche seines Uniformrocks und notierte, nachdem er die Spitze des Bleistifts mit der Zunge befeuchtet hatte, den Namen des Regelbrechers mit der entsprechenden Zahl der Strafpunkte. Danach blickte er O’Flanagan an, hinter dem sich die übrigen Studenten des ersten Jahres bereits zu stauen begannen. In kürzester Zeit würde die Schlange bis nach draußen reichen.
    «Kadett O’Flanagan, Sie können weitergehen.»
    Scott nickte und setzte sich in Bewegung, diesmal in angemessener Form dicht an der Wand. Im Gedächtnis notierte er die absurde Regel Nummer eins: In der Mitte des Ganges gehen gibt zwei Strafpunkte.
    Oben angekommen, traf er endlich auf seine Zimmergenossen.
    Ein junger Mann seines Alters mit hellbraunem Haar, grauen Augen und dem Auftreten eines Gentleman, kam ihm entgegen.
    «Willkommen. Ich bin Richard Reemick aus Virginia», stellte er sich mit einem deutlichen Südstaatenakzent vor.
    «Scott O’Flanagan, Boston», grüßte Scott und ergriff die Hand, die Richard ihm entgegenstreckte. Am gutgebauten Körper des Jungen aus Virginia sah die plumpe Uniform der Akademie beinahe gut aus.
    «Die Leseratte da ist Arnold Wolf aus Pennsylvania», fuhr Richard mit der Vorstellungsrunde fort.
    Ein Rothaariger mit rundem Gesicht und intellektuellem Aussehen, der auf dem Bett neben Scotts lag, schob sich die Brille hoch, die sofort wieder auf den mittleren Teil der Nase herunterrutschte, und nickte ihm zu. Scott antwortete mit einer Handbewegung. Vielleicht hatte Wolf auch einen Willkommensgruß gemurmelt, aber Scott war sich nicht sicher.
    «Und schließlich Klaus Fritz aus Montgomery, Alabama», schloss Richard und zeigte auf einen jungen Mann mit quadratischem Kopf, dessen blonder Bürstenhaarschnitt einen undurchdringlichen Panzer über dem Schädel bildete. Dieser Klaus hatte offensichtlich mehr Interesse daran, die goldene Schnalle seiner Galauniform zu polieren, als herauszufinden, wie sein neuer Zimmergenosse aussah.
    Obwohl er saß, kalkulierte Scott, dass er etwa so groß sein musste wie Richard. Mit seinem breiten Rücken, den kräftigen Schultern und dem quadratischen Kiefer machte er keinen besonders vertrauenerweckenden Eindruck. Fast schien er für das erste Jahr zu alt zu sein.
    «Freut mich», grüßte Scott herzlich.
    Klaus erwiderte nichts, hob nur kurz

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