Fesselnde Liebe - Teil 2
genervt in die Tasche zurückwerfe. Sehr witzig. Seit wann verschickt das Chinarestaurant Glückskekse per SMS? Ich würde so gern eine bissige Antwort schreiben, was aber leider nicht geht, weil die Nachricht wie immer von einer anonymen Internetadresse verschickt wurde. Wer zum Teufel will mir hier Angst machen? Und warum?
Ich zögere kurz, bevor ich meinen Laptop einschalte und meine Facebookseite aufrufe. Kilian hat sich gemeldet und fragt nach, wie es uns geht. Ich erkundige mich nach seiner Mutter und bitte ihn, mich mal anzurufen, dann erzähle ich noch rasch von meinem aufregenden Jobangebot in London. Wie von selbst klicke ich Adrians Fanseite an und lese die neuesten Kommentare. Vielleicht bin ich doch masochistischer, als ich zugeben will? Warum kann ich ihn nicht einfach vergessen und mit meinem Leben weitermachen? Mit Greg, zum Beispiel. Es ist einfach nicht fair!
Trotzdem kann ich der Versuchung nicht widerstehen und schreibe ihm. Vielleicht hat er eine Erklärung für die seltsamen anonymen Nachrichten und kann mir helfen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie etwas mit ihm zu tun haben, woher auch immer der Absender meine Handynummer hat. Dann nutze ich die Gelegenheit und frage auch gleich noch nach, ob er zufällig eine Idee hat, wie ausgerechnet ich an das Angebot komme, John Karrys Biografie zu verfassen. Ich erwarte keine Antwort, aber jedenfalls habe ich gefragt und das beruhigt mich ein wenig.
Die Antwort folgt wenige Minuten später in Form eines Postings auf meiner Pinnwand. Was zum ...? Es ist ein Bild. Nur das Bild einer Spielkarte, ohne Kommentar. Ein Herz-Ass.
10
Ich bin wahnsinnig aufgeregt. Cat musste mir die Augenbrauen zupfen, die Nägel feilen und mit nudefarbenem Lack verschönern, und ich war tatsächlich shoppen. Jetzt stecke ich in einem nagelneuen Kostüm, das mich in eine seriös wirkende Frau verwandelt hat. Ich fühle mich erwachsen darin, und ich mag es. Es hat einen eng anliegenden Rock und eine kurze Jacke mit kleinem Schößchen. Die Haare habe ich zu einem Knoten hochgesteckt und meine schwarze Brille aufgesetzt. Auf der Besuchertoilette des riesigen Verlagshauses am Londoner Strand trage ich noch einen Hauch Rouge und Lippenstift auf, dann betrachte ich mich zufrieden im Spiegel.
Gwendolyn Hamlin, wie schön, Sie kennenzulernen!
Gwendolyn Hamlin. Es ist mir eine Ehre, Sie kennenlernen zu dürfen!
Mr Karry, es ist mir eine Freude, Sie heute hier zu treffen! Gwendolyn Hamlin !
Ich murmle die Worte vor mich hin und übe im Spiegel, möglichst entwaffnend zu lächeln. Mir geht es gut, obwohl in meinem Magen Chaos herrscht. Ich habe auf der Zugfahrt nach London zwei Beutel Weingummi gefuttert, und eine Packung Toffees. Jetzt ist mir ein bisschen übel, aber das kenne ich von mir, wenn ich aufgeregt bin.
Ich hebe meine Handtasche auf und werfe sie mir über die Schulter, dann sehe ich ein letztes Mal tief einatmend in den Spiegel und verlasse den Waschraum, um mich auf den Weg in die sechste Etage zu machen. Wo John Karry auf mich wartet.
»Ms Hamlin?«
Eine Frau mit kleiner Nickelbrille und grauen Strähnen in den brünetten Haaren nimmt mich in Empfang. Weil John Karry ein wichtiger Autor ist, findet das Treffen im Büro eines der Verlagschefs statt.
»Ja, die bin ich.«
Ich reiche der Dame höflich die Hand und registriere erleichtert, dass sie mich zufrieden betrachtet. Nein, wie eine dreiundzwanzigjährige Studentin sehe ich wirklich nicht aus, eher wie eine Junglehrerin. Was okay ist.
»Kommen Sie. Mr Newman und Mr Karry warten bereits.«
Mein Herz schlägt immer heftiger, als ich ihr durch den breiten Flur folge und auf eine mit Leder gepolsterte Tür zugehe. Dahinter sitzen sie – der Verlagschef und der größte Autor aller Zeiten! Von den nächsten Minuten wird meine gesamte Zukunft abhängen. Ich verspüre einen Druck, der mir den Atem rauben will, als ob sich jemand Schweres auf meine Brust gesetzt hat, aber ich muss jetzt stark sein, mich beherrschen.
Die brünette Dame reißt die Tür auf und weist mir mit der Hand den Weg. Ich folge ihrem Wink, zwinge mich zu einem unverbindlichen Lächeln und trete ein. Mein Lächeln gefriert mir im Gesicht, als ich sehe, wer an einem riesigen Wurzelholzschreibtisch auf mich wartet. Dann schnappe ich nach Luft und verliere komplett die Fassung. Und meine Handtasche.
» Ms Hamlin?«
Ich nehme den Besitzer der Stimme kaum wahr, weil mein Blick fassungslos an ihm hängt. Er hat sich auf seinem Stuhl halb zu
Weitere Kostenlose Bücher