Fesselndes Geheimnis
aus. Seine himmelblauen Augen hatten sich verdunkelt.
»Das ist nicht wahr!«, schrie Mara zurück. »Ich ertrage es nur nicht, von dir hintergangen zu werden …!«
Er zuckte, tief getroffen, zusammen.
»Hintergangen?«, wiederholte er leise. »Wie kannst du es wagen, so etwas zu mir zu sagen. Alles Wesentliche zwischen uns wurde abgesprochen, und …«
Sie fiel ihm ins Wort. »Bleib bei mir, Ed. Bitte!«, beschwor sie ihn in leidenschaftlichem Ton. »Wir zwei verstehen uns doch am Besten. Denk daran, was wir alles miteinander erlebt … und was wir alles gemeinsam aufgebaut haben.«
Doch seine schönen blauen Augen blieben dunkel, sein Gesicht ausdruckslos. Seine Züge erinnerten an eine schroffe Felsenlandschaft. Verzweifelt klammerte sich die hochgewachsene, sonst so stolze schwarzlockige Frau an seinen Arm.
»Ich gebe dir alles, hörst du, sogar das wertvollste Stück meiner Sammlung!«
Er lachte spöttisch auf.
»Du meinst diesen ganz besonderen Schmuck. Ha, der gehört mir doch ohnehin …« Unwillkürlich wanderte sein Blick zu seiner grauen Aktentasche, und er packte sie fester.
Nun ergriff Mara seinen anderen Arm ebenfalls. Ihre Hand umschloss ihn wie ein Schraubstock. Aber er befreite sich mühelos. Da trat sie, schwer atmend, einen Schritt zurück. Ihre unnatürlich geweiteten Augen glänzten.
»Und wenn ich nun schwanger bin?« In herausfordernder Pose,die Hände in die Seiten gestemmt, stellte sie sich vor ihn hin. Er lächelte nur müde.
»Du bist es aber nicht. Ich habe im Bad das Ergebnis des Tests gelesen. Du solltest sowas nicht rumliegen lassen, wenn du schon beabsichtigst, mich zu erpressen und anzulügen …«
»Bitte, Ed … ich … aber …« Ihre provozierende Haltung brach sofort wieder in sich zusammen. »Eines Tages WERDE ich dir ein Kind schenken! Sie – unsere kleine Mademoiselle Flatterhaft – kann es ja doch nicht!«
Es machte sie rasend, dass er weiterhin so ruhig, kalt und gleichgültig blieb. Und zugleich machte es ihr klar, dass sie verloren hatte. Er ging. Das Zuklappen der Tür war so, als würde ein Stein auf ihr Herz fallen. Gleichzeitig quoll erstickender Zorn wie säurehaltiger Qualm in ihr hoch.
Immerhin – ein einziger, ein bittersüßer Trost blieb ihr. Noch immer besaß sie jene Kostbarkeit, die ihresgleichen suchte. Letztlich aber war das wirklich nur ein schäbiger kleiner Trost – den Gegenstand behalten, aber den Mann verloren. Trotzdem, sie war SCHÖN, sie erschien vor ihrem geistigen Auge und gab ihr Atem, Mut und Lebenskraft zurück.
Mara sah sich entschlossen um. Hier würde die Kostbarkeit nicht mehr sicher sein – sie würde sich nach einem anderen Versteck umsehen. Nach einer Weile – Mara starrte blicklos vor sich hin – klopfte es an ihrer Tür.
»Herein!«, rief sie lustlos.
Ein Mann mit grünbraunen Augen trat ein.
»Ah, der Herr Vandenvoorde«, begrüßte sie ihn schleppend.
Er sah sich um, erblickte niemanden außer Mara, schaute in ihr blasses Gesicht und begriff.
»Er ist fort«, stellte er fest.
Seine Worte rissen die ohnehin noch frische Wunde in ihr weiter auf, und zitternd senkte Mara den Kopf, wusste nicht wohin, sah sich dann verloren um und taumelte. Herr Vandenvoorde fing sie mit starken Armen auf. An seiner breiten, bergenden Brust begann sie hemmungslos zu schluchzen, und er drückte sie wortlos-tröstend an sich …
Kapitel 12
Zu den mystischen Klängen von Debussys »La Mer« wanderte ich umher, nickte einigen lächelnden Pärchen zu, die mir aus ihren Nischen zuwinkten und die mir schon fast vertraut vorkamen. Trotzdem fehlte etwas, ich hatte das Gefühl, mein Körper und meine Emotionen wären trunken vor überschäumenden Empfindungen, betäubt und verwirrt. Der Stimme der Vernunft gehorchend, aß ich ein paar grüne Oliven – fühlte mich aber seltsam nüchtern. Als wäre ich auf der anderen Seite von »Betrunken« angelangt und würde endlich – jetzt endlich – alles klar sehen. Zum ersten Mal in meinem Leben.
Als die Musik abermals wechselte, wusste ich plötzlich, was mir WIRKLICH elementar fehlte. Beinahe hätte ich aufgestöhnt, aber diesmal vor innerer Abwehr. Rosenstolz sangen von blauen Flecken.
Tief in meinem Inneren brannte immer noch die Kränkung, die mir Vincent durch sein so plötzlich verändertes, sein kühles Verhalten mir gegenüber zugefügt hatte, und ich wollte diesen Schmerz lindern, auslöschen, wollte wahre Befriedigung, wenn auch nur für den Augenblick. Verdammt, dachte ich,
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