Fesselndes Geheimnis
wachgestreichelt worden.
Doch trotz meiner Freude würde ich das Essen auf den Abend schieben, überlegte ich mir, während ich mich mit dem großen elfenbeinfarbenen Handtuch trocken rubbelte. Schließlich hatte ich noch andere Dinge zu erledigen und wollte es ihm nicht zu leicht machen.
Wie als körperlicher Nachhall auf meinen Vorsatz begann mein Gesäß leicht zu pochen, die Striemen schmerzten auf beharrliche, jetzt wieder sehr süße Weise. – Nun hatte alles wieder einen Sinn. Letztendlich trug ich all diese Spuren stolz FÜR Vincent; egal, von wem ich sie empfangen hatte. Nur so gewannen meine Erlebnisse jenen Zauber des BDSM – soviel wusste ich mittlerweile.
Seltsam, ich kannte Vincent zwar noch nicht lange, aber unser beider Neigung schuf ein sonderbares Band zwischen uns, so dass ich ihn eben doch ein Stück weit kannte. Hinzu kam das, was ich aus dem Gespräch mit Mara erfahren hatte. Ich vermutete also, dass Vincent in Sachen Erotik ein Freigeist war, dass er sich nicht einengen ließ und selbst auch »großzügig« mit seiner Gespielin umging. Siemit anderen zu teilen und sie vorzuführen, beides traute ich ihm zu. Als Gedanke, als Kopfkino, erregte mich das total. Ich staunte über mich selbst, denn sexuelle Unterwürfigkeit, die so weit ging wie in der »Geschichte der O« hatte ich bislang noch nie kennengelernt.
Das ich sie ausgerechnet für jemanden empfand, der durchaus zum Kreise der Verdächtigen zählte – eigentlich sogar mehr als alle anderen – machte leider Gottes einen Teil seines Reizes ausmachte …
Ich versuchte konzentriert nachzudenken, aber es war, als ob bunte Falter durch meinen Kopf flattern würden. Erstmal frühstücken! Ich zog einen geblümten knielangen Rock an, dazu ein grünes Seidentop, und nach einem prüfenden Blick in den Spiegel verließ ich beschwingt das Zimmer. Den Lift verschmähte ich – zu langsam – und tanzte stattdessen die von einem dicken grauen Läufer belegte Treppe hinab. Dabei schwebte ich immer noch wie auf rosa Wolken. Meinen Gefühlen waren meine Gedanken anscheinend vollkommen egal.
Als ich die Straße betrat, atmete ich bewusst auf. Salziger Wind trieb durch die Straßen von Bredene-Dorp, es war halb sonnig, halb wolkig, große weiße Schäfchenwolken glitten durch das Himmelsblau – ich hatte einfach Lust, mich zu bewegen und das Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen und … aber ein seltsames, diffuses Gefühl hinderte mich daran.
Ich setzte mich in ein Straßencafé, bestellte einen Latte Macchiato und sah mich argwöhnisch um. Nichts, niemand. Nur das Gefühl, als stimme irgendetwas nicht.
Als ich nach einem ausgiebigen Spaziergang die Stadtbücherei erreichte, ließ es sich nicht mehr verdrängen: Ich wurde beschattet – von der Polizei. Eindeutig hatte ich die Empfindung gehabt, ein Beamter in Zivil – doch trotzdem recht eindeutig seinem Berufsstand zuzuordnen – habe sich bemüht, mich nicht aus den Augen zu verlieren.
Mit einem unbehaglichen Gefühl setzte ich mich an den internet-fähigen Computer und überlegte. Eine Schlüsselfigur war sicherlich Mara. Das Foto, das sie und meinen Vater zeigte – zusammen mit der unidentifizierbaren dritten Person – hatte mich sehr erschüttert. Wie jung beide auf dem Bild wirkten … war es vor meiner Geburt aufgenommen worden oder danach?
Also versuchte ich es zuerst mit Mara Noire, dann mit Mara Noire und Antwerpen. Es gab 25 000 Treffer, Mist!
Immerhin fand ich nach dem Lesen der ersten Artikel heraus, dasssie dort sehr lange einen Club namens »De Dolle Geit«, geführt hatte. Einige seltsame Vorfälle, die allerdings allesamt mit »allzu gewagten Fesselspielen« und Vorurteilen zu tun hatten, wurden beschrieben. Nichts wirklich Interessantes. Nur Schlagzeilen aus den späten Achtziger Jahren, als BDSM noch ein Tabu gewesen war, weit davon entfernt, in ein immer bekannter werdendes Kürzel zusammengefasst und in Clubs ausgelebt zu werden.
Enttäuscht gab ich zusätzlich zur Suche mein Geburtsjahr ein und die Treffer verringerten sich auf sagenhafte drei Einträge. Allesamt führten zu toten Links bekannter Antwerpener Zeitungen und trugen Schlagzeilen wie: »Dieb bestohlen«, »Diamantenraub in Antwerpen« und »S/M Diamanten gestohlen«
Ich lehnte mich auf dem unbequemen Stuhl zurück und schloss die Augen. Die Schlagzeile »S/M Diamanten gestohlen« hing ganz sicher mit Mara zusammen. Aber war Mara der Dieb oder die Bestohlene?
Mit einem Seitenblick auf den
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