Fesselndes Geheimnis
Zivilpolizisten, der sich immer noch hinter einem Bücherregal herumdrückte und so tat, als lese er ein psychologisches Frühwerk von Jung, löschte ich den Verlauf des Browsers. Erst, als ich mir sicher war, keine rasch aufzudeckenden Spuren hinterlassen zu haben, stand ich auf und wandte mich an die Bibliothekarin, die etwas gelangweilt an der Information stand.
Allein der Blick, mit dem sie meine Frage quittierte, verriet mir, dass ich Pech hatte – viel Pech.
Zeitungen aus dieser Zeit gab es noch, allerdings nicht auf Mikrofiche, sondern nur im Original. Mit einem Lächeln, das sich daran erfreute, dass ich von uns beiden das schlechtere Los des Tages gezogen hatte, führte sie mich ins Archiv der labyrinthischen Bücherei und erklärte mir in kurzen, präzisen Worten, wie die Zeitungen geordnet waren.
Mit dem Gedanken bei meinem Verfolger und einem Lächeln, das dem der Bibliothekarin beinahe in nichts nachstand, fragte ich noch zwei weitere Jahreszahlen und drei weitere Zeitschriften ab – solche, die rein gar nichts mit mir oder »La Belle Folie« zu tun hatten.
Wenn ich mich schon durch uralte Informationen und Staubschichten wühlen musste, sollte es ruhig irgendjemanden geben, der dafür büßen musste! Die Vorstellung, wie sich die Polizei aus meiner Suche versuchte einen Reim zu machen, gefiel mir immer besser. Ich empfand dabei direkt ein diebisches Vergnügen. Schalkhaft grinsend trug ich meine fiktive Suche in der Besuchermappe ein,verabschiedete die hilfsbereite, junge Frau und schritt entschlossen den rechten Gang ab.
Trotz der Erklärung benötigte ich zehn Minuten, um die erste Schlagzeile, die ich im Internet entdeckt hatte, zu finden. »S/M Diamanten gestohlen« beschränkte sich auf die Grundinformationen, die ich mir schon selbst zusammengereimt hatte. Wertvoller Diamantschmuck – S/M Schmuck – war aus Mara Noires Club gestohlen worden. Die einzig neue Information war, dass die Polizei einen Zusammenhang zu der Diamantenraubserie aus dem vorangegangenen Jahr vermutete.
Jetzt würde ich mich auch noch durch dieses gesamte Jahr hindurchackern müssen! Ich seufzte gequält, und machte mich erst einmal daran, die anderen zwei Zeitungsausschnitte zu finden. »Diamantraub in Antwerpen« vermutete ebenfalls einen Zusammenhang zwischen dem Raub im S/M Club und der vergangenen Raubserie, verteufelte die BDSM Szene und vermutete den Täter in deren Reihen. Unter dem Artikel gab es ein Foto von Mara und der schönen Unbekannten – wieder mit Maske.
Und der dritte Text … war weg! Herausgerissen worden! Ich ballte die Hände zu Fäusten und musste an mich halten, um nicht laut zu fluchen. Zweifellos war diese Anzeige die wichtige gewesen. Wie hatte sie noch gelautet? »Dieb bestohlen?!« Jetzt fluchte ich doch. Leise, aber intensiv.
Verärgert räumte ich die Zeitungen wieder ein und machte mich auf, die Diebstähle des Vorjahres zu recherchieren. Doch nach zwei Schritten hatte ich plötzlich eine Eingebung. Mit dieses Mal zittrigen Fingern nahm ich mir die Folgezeitungen vor und überprüfte die kleineren Berichte. Eine Woche lang gab es keinen weiteren Bericht über den Einbruch in »De Dolle Geit«, dann eine kleine Randnotiz in der Stadtteil-Beilage. Was für ein Glück, dass die Bücherei ausgerechnet den Antwerpener Innenstadtteil gesammelt hatte!
Beinahe hätte ich laut gejubelt. – Allerdings wäre mir der Laut Sekunden später im Halse stecken geblieben.
»Das gibts doch gar nicht!« Unwillkürlich hatte ich laut gesprochen, doch das Bild veränderte sich nicht. Der Mann, der laut Widerruf nichts mit den Diebstählen zu tun gehabt hatte, war mein Vater. Er war so jung wie auf Maras Foto und trug einen anderen Nachnamen, und doch gab es keinen Zweifel. Mein Vater ein Verdächtiger … vielleicht ein Dieb. Und in diesem Falle der Bestohlene.
Ich setzte mich, die Zeitung weiterhin fest umklammert, auf den Boden und starrte die Informationen an. Obwohl sie logisch waren, verschwammen die Buchstaben vor meinen Augen, tanzten Worte ohne Zusammenhang hin und her und ergaben einfach keinen Sinn, egal wie ich sie drehte und wendete.
Nach einigen Schockminuten gelang es mir schließlich wieder in die Realität zurückzufinden. Mich umsehend stellte ich fest, dass ich allein war. Ohne schlechtes Gewissen riss ich den Artikel aus und verstaute den Papierfetzen in meiner Rocktasche, bevor ich die Zeitung wieder einsortierte.
Erst auf dem Weg nach Draußen, bei dem ich beinahe mit dem
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