Fest der Herzen: Geständnis unterm Weihnachtsbaum / Schicksalstage - Liebesnächte
herablassend sagte sie: „Ich war sieben , Dad, keinezwei.“ Sie verstummte kurz, Schmerz verfinsterte ihre Augen. „Es war schrecklich. Ich habe immer gedacht, das kann nicht wahr sein, meine Mom kann nicht tot sein, aber es war so.“
Tanner stellte sich zu seiner Tochter und legte eine Hand leicht auf ihren Kopf. Er brachte keinen Ton heraus, da seine Kehle wie zugeschnürt war.
Sie drehte sich auf ihrem Stuhl zur Seite, um ihn ansehen zu können. „Es ist so, Dad. Den Menschen stoßen schlimme Sachen zu. Menschen wie du und ich und Mom. Du musst viel weinen, und du fühlst dich richtig mies, weil es so wehtut und weil du nichts dagegen tun kannst. Aber dann musst du nach vorne sehen und das Ganze hinter dir lassen. Mom würde nicht wollen, dass wir getrennt voneinander leben. Ich weiß das ganz sicher.“
Er dachte an den letzten Traum, in dem ihm Kat erschienen war. Wieder verspürte er dieses Gefühl von Frieden anstelle der erwarteten Trauer. Und er erinnerte sich daran, wie er sich am Tag zuvor in seinem Bett Olivia hingegeben hatte. Sein schlechtes Gewissen regte sich und versetzte ihm einen Nadelstich mitten ins Herz.
„Deine Mutter“, gab er entschieden zurück, „würde das wollen, was für dich am besten ist. Und das ist nun mal eine erstklassige Ausbildung in einer Schule, in der dir nichts passieren kann.“
„Hör schon auf, Dad“, schnaubte Sophie. „Mir kann überall was passieren, auch in Briarwood.“
Bedauerlicherweise stimmte das, doch die Wahrscheinlichkeit war in einer von ihm selbst entworfenen Einrichtung viel geringer. Diese Schule glich einer Festung. Oder doch eher einem Gefängnis, wie Sophie mehr als einmal beteuert hatte?
„Du gehst zurück nach Briarwood, Kleines“, sagte er.
Sophie setzte eine bestürzte Miene auf. „Ich könnte dir hier eine große Hilfe sein.“
Der verzweifelte Unterton in ihrer Stimme schmerzte ihn, aber er durfte sich nicht erweichen lassen. Das Risiko war einfach viel zu groß.
„Kann ich nicht wenigstens bis Neujahr bleiben?“, bettelte sie.
„Okay“, seufzte Tanner. „Bis Neujahr. Aber dann musst du zurück.“
„Was ist mit Butterpie?“, fragte sie gleich darauf. Sie versuchte immer, jeden Vorteil für sich herauszuholen, auch wenn der noch so klein ausfiel. „Gib’s zu, ohne mich ist es ihr nicht gut gegangen.“
„Sie kann dich begleiten“, erklärte er und entschied die Sache in dem Moment, in dem er diese Worte sprach. „Es wird sowieso Zeit, dass Briarwood einen Stall bekommt. Ms Wiggins spielt schon das ganze letzte Jahr auf Spenden an.“
„Das ist wahrscheinlich besser als ein Tritt in den Hintern“, meinte sie nachdenklich, während Tanner sich fragte, von wem sie bloß solche Sprüche aufschnappte.
Unwillkürlich musste er lachen. „Das ist das Beste, was ich dir anbieten kann, Kleines. Schlag ein, oder lass es bleiben.“
„Ich schlage ein“, entschied sie, da sie nicht so dumm war, auf ein solches Angebot zu verzichten. „Aber das heißt nicht, dass ich in der Zwischenzeit nicht mehr versuche, dich umzustimmen.“
Tanner öffnete die Kühlschranktür und suchte nach etwas, das sich für ein einfaches Frühstück eignete. Hätte er gestern nicht den Nachmittag mit Olivia im Bett verbracht, wäre er wohl auf die Idee gekommen, zum Supermarkt zu fahren und für Kinder geeignetes Essen zu kaufen – auch wenn er absolut keine Ahnung hatte, was für ein Essen das sein sollte.
„Das kannst du versuchen, solange du willst, aber mein Entschluss steht fest. Und jetzt geh und zieh dich an, während ich mich um ein Omelett kümmere.“
„Jawohl, Sir!“, zog Sophie ihn auf und salutierte ganz passabel. Dann rannte sie die hintere Treppe nach oben, vermutlich um in ihrem Rucksack nach Kleidung zu suchen, war er doch das einzige Gepäckstück, mit dem sie hier eingetroffen war. Tanner schlug ein paar Eier auf, und während er in der Schüssel rührte, tippte er auf dem schnurlosen Telefon Tessas Nummer ein.
Seine Schwester meldete sich nach dem dritten Klingeln, sie klang ein wenig niedergeschlagen, aber nicht völlig mutlos. „Hallo, Tanner.“ Ganz gleich, wie sie sich auch fühlen mochte, Tessa versuchte immer, sich von ihrer freundlichen Seite zu zeigen und einfach weiterzumachen. Diese Eigenschaft hatten sie beide gemeinsam, sie war ein direktes Erbe ihrer Großmutter Lottie Quinn, die sich von nichts und niemandem hatte unterkriegen lassen.
„Hey“, entgegnete er und verrührte die Eier weiter
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