Fest der Herzen: Geständnis unterm Weihnachtsbaum / Schicksalstage - Liebesnächte
Tessa auf der Starcross Ranch leben, oder nicht? Und ich könnte zur Stone Creek Middle School gehen, so wie ein ganz normales Mädchen.“
Tanner musste sich zwingen, nicht rechts ranzufahren und ihrzu sagen, sie solle endlich damit aufhören. Stattdessen presste er die Lippen zusammen und konzentrierte sich ganz darauf, den Wagen sicher durch die bergige Waldregion rund um Flagstaff zu lenken.
Ihm hätte klar sein müssen, dass so etwas kommen würde. Sophie hatte nicht umsonst an der Schule anhalten wollen, um einen Blick durch die Glastür nach drinnen zu werfen. Aber sie besaß nun mal die Gabe, ihn aus heiterem Himmel mit irgendwelchen Fakten zu konfrontieren.
„Tante Tessa kommt nur über die Feiertage her“, sagte er ruhig.
„Sie bringt aber die Pferde mit.“
„Okay, aber trotzdem wird sie im Höchstfall ein paar Monate bleiben. Können wir jetzt mal eine Zeit lang aufhören, über dieses Thema zu reden, Soph? Wir drehen uns nämlich nur im Kreis.“
Und dann fuhr sie die schweren Geschütze auf. „In Briarwood kann man auch an Drogen kommen, musst du wissen“, erklärte sie mit einer Mischung aus Trotz und Kühnheit. „Da können die Sicherheitsmaßnahmen noch so gut sein.“
Diesmal fuhr er an den Straßenrand, wo der Wagen ein Stück weit durch den Schneematsch rutschte. „Wie bitte?“ , brachte er heraus.
„Meth“, zählte Sophie auf. „Ice. Das ist eine …“
„Ich weiß, was Ice ist“, fuhr er ihr über den Mund. „Gott steh mir bei, Sophie, wenn du mich hier veralbern willst …“
„Es ist wahr, Dad.“
Er glaubte ihr. Das war das Schlimmste von allem. Sein Magen drehte sich um, und einen Moment lang glaubte er, er müsse sich übergeben.
„Das ist ein allgegenwärtiges Problem“, redete Sophie weiter und hörte sich an wie ein altehrwürdiger Nachrichtensprecher, nicht wie ein junges Mädchen.
„Hat dir jemand Drogen angeboten? Hast du irgendwas genommen?“ Seine Hand ruhte auf dem Türgriff für den Fall, dass er sich doch noch übergeben musste.
„Ich bin doch nicht bescheuert, Dad“, antwortete sie. „Drogen sind was für Loser. Für Leute, die mit ihrer Umwelt nur klarkommen, wenn ihr Gehirn chemisch verändert worden ist.“
„Würdest du mir den Gefallen tun, für den Augenblick mal so zu reden, wie es eine Zwölfjährige eigentlich machen sollte?“
„Ich nehme keine Drogen, Dad“, erklärte sie ihm mit leiser Stimme.
„Und wie kommen die Drogen in die Schule?“
„Die anderen bringen sie von zu Hause mit. Ich glaube, die meisten von ihnen klauen sie ihren Eltern.“
Tanner ließ die Stirn gegen das Lenkrad sinken und atmete wiederholt tief und langsam durch. Sie klauen sie ihren Eltern . Im Geiste entwickelte er einen Bauplan für einen Elfenbeinturm für seine Tochter, den er natürlich nicht mal dann aus Elfenbein errichtet hätte, wenn es ihm auf einem legalen Weg angeboten worden wäre.
Sophie berührte ihn sanft am Arm. „Dad, ich will dir nur was klarmachen. Geht’s dir gut? Du siehst nämlich so … so grau im Gesicht aus. Du hast doch nicht etwa einen Herzinfarkt oder so was, oder doch?“
„Nein, nichts in der Art, was du meinst“, gab Tanner schließlich zurück und setzte sich gerade hin. Er musste sich zusammenreißen. Er war ein Vater, und er sollte sich auch wie einer benehmen.
Als er das Gefühl hatte, nicht länger für seine Tochter, für sich selbst und für andere Verkehrsteilnehmer eine Gefahr darzustellen, fuhr er weiter. Sophie drehte am Radio, bis sie einen Sender fand, der ihr gefiel. Der satte Bass eines Rapsongs ließ das Wageninnere erzittern.
Tanner suchte einen anderen Sender, dann drang Brad O’Ballivans Stimme aus den Lautsprechern. „Have yourself a merry little Christmas“, sang er.
Das passte ja. Tessa fühlte sich von diesem Song bereits verfolgt, und nun wurde er auch noch von ihm heimgesucht.
„Ist das der Typ, für den du das Tierheim baust?“, wollte Sophie wissen.
Erleichtert darüber, dass sie endlich ein anderes Thema hatten, nickte er. „Ja, genau.“
„Seine Stimme klingt nett.“
„Das finden viele Leute.“
„Auch wenn der Song ziemlich kitschig ist.“
„Ich werde ihm ausrichten, dass du das gesagt hast“, meinte er lachend.
Danach unterhielten sie sich über alltägliche Dinge, aber nicht über Drogen in Briarwood, nicht über Sophies vergeblichen Wunsch nach einer Mutter und nicht über Kris Kringle, den Rentiermann. Nein, sie redeten über einen neuen Sattel für
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