Fest der Herzen: Geständnis unterm Weihnachtsbaum / Schicksalstage - Liebesnächte
Mit ihm hätte ich mich auch davongeschlichen.“
„Es war nicht …“
„Es war nicht das, was ich glaube?“, zog Melissa sie amüsiert auf. „Natürlich war es das. Liebst du ihn?“
Olivia setzte zum Reden an, verstummte aber gleich wieder. Im Hintergrund sang Bing Crosby unterdessen davon, dass er sich eine weiße Weihnacht wünschte.
Er konnte gern ihre haben.
„Also?“, hakte Melissa nach.
„Nein.“
„Zu schade“, fand Melissa.
Olivia sah auf ihre Armbanduhr und tat so, als hätte sie diese letzte Bemerkung nicht gehört. Inzwischen musste sich Brad auf dem Weg nach Tennessee befinden.
Halt durch, Ashley, dachte sie. Halt durch.
Es war bereits fast Mitternacht, als endlich der lang erwartete Anruf kam. Melissa und Olivia aßen zähe Frühlingsrollen aus dem Gefrierfach, die sie im Ofen aufgewärmt hatten. Beide machten sie einen Satz auf das Telefon in der Küche zu, aber Olivia hatte einen deutlichen Heimvorteil und bekam den Hörer als Erste zu fassen.
„Es geht ihr gut“, sagte Brad. „Wir kommen im Lauf des Tages nach Hause.“
„Lass mich mit ihr reden“, bat Olivia ihn aufgeregt.
„Ich glaube, das wäre jetzt zu viel für sie“, erwiderte er.
„Sag ihr, Melissa ist hier bei mir. Wir warten auf sie, bis ihr zurück seid.“
Brad versprach, das weiterzugeben, dann legte er auf.
„Dann geht es ihr also gut?“, erkundigte sich Melissa verhalten.
Olivia nickte, auch wenn sie nicht so ganz davon überzeugt war, dass es der Wahrheit entsprach. Aber jetzt konnten sie ohnehin nichts anderes tun, als sich schlafen zu legen. Melissa hattedas mehr als nötig, und sie selbst wollte sich auch nur noch ins Bett fallen lassen.
Wenig später lag Olivia in ihrem Bett, Ginger gleich neben ihr, und starrte sorgenvoll an die Decke. Im Gästezimmer ihr gegenüber machte Melissa wahrscheinlich genau das Gleiche.
Von seinem Schlafzimmerfenster im ersten Stock aus konnte Tanner beobachten, wie am anderen Ende des Felds in Olivias Haus die Lichter ausgingen. Ein letztes Mal sah er nach Sophie und den Hunden, ob sie auch alle friedlich schliefen, dann ging er duschen, putzte sich die Zähne, zog den Schlafanzug an und legte sich ins Bett.
Lange Zeit machte der Schlaf einen großen Bogen um ihn, und als er dann endlich doch noch kam, brachte er eindringliche Träume mit sich, die Tanner nicht unbedingt als angenehm bezeichnet hätte.
Er befand sich in einer Art Krankenhausflur, in der Nähe der Schwesternstation. Eine große dunkelhaarige Frau in einem Arztkittel und mit einer Krankenakte in der Hand verließ eines der Zimmer. Sie sah aus wie Kat. Also war sie wieder da. Dann war der letzte Traum doch kein Abschied gewesen.
Er versuchte sie anzusprechen, aber es führte zu nichts. Er blieb genauso stumm wie die Weihnachtsgirlanden und die Grußkarten, die man in aller Eile an den Wänden und an der Theke in der Schwesternstation festgeklebt hatte. Die Wirkung des Ganzen war keineswegs festlich, sondern vielmehr traurig und deprimierend.
Die Frau im Arztkittel warf die Akte auf die Theke und seufzte laut.
Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, und sie war zu dünn. An der Hand trug sie keinen Ehering.
„Schwester?“, rief sie.
Eine füllige Frau kam aus einem rückwärtigen Zimmer zu ihr. „Brauchen Sie irgendetwas, Dr. Quinn?“
Dr. Quinn, Ärztin aus Leidenschaft . Es war eine scherzhafteBemerkung, die er schon mal machte, wenn er mit Sophie über ihre beruflichen Pläne redete.
Sophie. Das war Sophie – wie eine Art Geist der kommenden Weihnacht.
Tanner versuchte aufzuwachen, aber es wollte einfach nicht gelingen. Wegen dieser Bemühungen bekam er nichts davon mit, was Sophie auf die Frage der Schwester erwiderte.
„Ich dachte, Sie wollten Weihnachten dieses Jahr zu Hause verbringen“, redete die Krankenschwester weiter. „Ich könnte schwören, ich hätte Ihren Namen auf der Urlaubsliste gesehen.“
Nachdenklich betrachtete sie die Liste an der Wand und legte dabei die Stirn in Falten. „Ich habe mit Dr. Severn getauscht“, antwortete sie beiläufig. „Er hat Familie.“
Es kam Tanner so vor, als würde ihm das Herz aus der Brust gerissen. Du hast auch Familie, Sophie, wollte er ihr zurufen, aber er blieb stumm.
„Außerdem ist mein Dad in Übersee, weil er gerade irgendetwas baut“, fuhr Sophie fort. „Weihnachten ist für uns nicht so wichtig.“
Sophie, flehte er sie stumm an.
Sie hörte ihn nicht, sondern wandte sich von der Theke ab und ging den Korridor
Weitere Kostenlose Bücher