Festung der Luegen
Brinks. Wir haben einen Überlebenden, doch er ist bewusstlos und in schlechter Verfassung. Ich vermute, eine Rakete hat den größten Teil seiner Strahlungsabschirmung zerstört, und momentan ist die Sonnenflecken-Aktivität recht hoch. Die armen Bastarde sind zurück zu ihrem Schiff gekrochen und die Strahlung hat sie unterwegs innerlich gar gekocht. Sie müssen versucht haben, hier aufzusetzen und den Mond als Abschirmung zu benutzen, aber da war es schon zu spät.«
Die Kapitänin wirkte fahl. Strahlung: einer der größten Feinde des Raumfahrers. »Bringen Sie ihn so schnell es geht zurück, Brinks. Sie kennen das Verfahren.«
»Ja, Ma'am. Alles informative Material bergen, die Computerkerne zur Analyse sicherstellen, eine Thermalladung plazieren und den Rest zu Schlacke verbrennen.« Er machte eine Pause. »Und, Ma'am?«
»Ja, Brinks.«
»Sollen wir die Leiche des anderen Piloten auch mit zurückbringen?«
Sie blickte Erik an. Dann verkrampften sich ihre Kiefermuskeln und sie schüttelte den Kopf. »Verbrennen Sie sie.«
Sobald die Raumfähre wieder an Bord und gesichert war, beschleunigte die Mercury erneut auf 1 g. Das brachte sie nicht nur außer Sichtweite Shensis, es erleichterte auch die Behandlung des Überlebenden.
Die Mercury war ein großes Schiff, trotzdem hatte sie nur eine Standardbesatzung von zwölf Mann. Sie verfügte über eine gut ausgerüstete Krankenstation, nicht aber über einen Schiffsarzt. Sergeant Brinks hatte die beste medizinische Ausbildung an Bord, der Überlebende aber, sofern man diese Bezeichnung überhaupt noch anwenden konnte, benötigte weit mehr, als er leisten konnte.
Erik und Captain Yung standen neben der Plastikblase, die das Bett des Piloten umgab. StandardInfusionen benötigten die konstante Schwerkraft eines Planeten zur ordnungsgemäßen Funktion, deshalb hatte Brinks den Patienten an eine Anzahl elektronischer Infusionspumpen angeschlossen. Die Augen des Mannes waren milchig weiß, sein Zahnfleisch blutete heftig und seine Haut verfärbte sich bläulich rot. Der Tod durch Verstrahlung war furchtbar.
Brinks kam durch eine einfache, mit Reißverschlüssen arbeitende Schleuse ins Freie. Er trug vollständige OP-Kleidung und Mundschutz. Sein Gesicht war grau. Das war der Albtraum aller Raumfahrer und er erlebte ihn aus nächster Nähe mit. »Ich habe getan, was ich konnte. Ich habe ihn mit Antistrahlungscocktail und jeder Menge Schmerzmittel voll gepumpt, aber er ist jenseits aller Möglichkeiten, die ich kenne, ihm zu helfen.«
Yung schaute zu Erik. »Wir könnten zurück nach Shensi fliegen.«
Brinks schüttelte den Kopf. »Sinnlos. Bevor wir da sind, ist er tot. Wir können es bis zum Sprungpunkt schaffen, und vielleicht hat eines der Schiffe dort einen echten Arzt an Bord. Aber ...« Er schüttelte wieder den Kopf.
Erik betrachtete den Mann in der Plastikblase. »Kann er reden?«
»Er erlangt immer mal wieder kurz das Bewusstsein. Dann redet er über einen Sergi. Ich vermute, das war der Pilot des anderen Jägers. Vielleicht sein Flügelmann.«
»Ich will mit ihm sprechen.«
Brinks zuckte die Achseln. »Ziehen Sie sich einen Mundschutz und Handschuhe über. Er hat kein erwähnenswertes Immunsystem mehr. Nicht, dass er noch lange genug leben wird, um die Folgen einer Infektion zu spüren. Und erwarten Sie sich nicht zu viel.«
Die Kapitänin klopfte ihm auf die Schulter. »Wenn Sie hier nichts mehr tun können, machen Sie Pause.« Sie wandte sich wieder Erik zu. »Commander, ich habe meinen Ingenieur an die Computerkerne gesetzt, die wir geborgen haben. Denen ist die Strahlung auch nicht bekommen, aber er glaubt, dass er noch einen Teil der Daten retten kann. Ich werde mal nachsehen, wie weit er ist.« Sie warf einen Blick in die Plastikblase und schauderte. Offenbar hatte sie ihre eigenen Gründe zu gehen.
Erik nickte. »Ich bleibe hier, bis Brinks zurückkommt. Falls ich Hilfe brauche, melde ich mich.«
Zögernd legte er Mundschutz und Handschuhe an, dann stieg er in die Blase. Die Luft im Innern roch abstoßend nach altem Erbrochenen und Verwesung. Der Mann war vielleicht offiziell noch keine Leiche, aber er roch schon so. Seine aufgerissenen Lippen bewegten sich, als versuche er zu reden, aber außer rasselnder Atemzüge war nichts zu hören.
Erik schaute sich die Infusionspumpen an. Der Medikamentenkanister auf der einen enthielt wohl den Antistrahlungscocktail, den Brinks erwähnt hatte. Der andere lieferte Morpidin, ein starkes Schmerzmittel,
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