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Festung Zehn

Festung Zehn

Titel: Festung Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bunch
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wahrscheinlich die Schläge ohnehin nicht gespürt hätte. Aber nur um etwas zu tun zu haben, wissen Sie. Wie Sie vielleicht einsehen, darf ein Festungsherr keinerlei richtige Arbeit in Moderan verrichten. Es ist gegen den Kodex.« Ich lachte ein wenig, aber seltsamerweise fühlte ich mich in meinen Fleischstreifen nervös und undefinierbar entlang den Rändern meiner Verbindungsstellen. Warum schaute er mich so an? Davon abgesehen, warum sollte mich das Starren eines so unbedeutenden Stück Lebens überhaupt berühren?
    Konnte er sprechen? Er konnte es. Blaue weiche Lippen teilten sich und ein gelb-rosa Stück knorpeligen Fleisches hüpfte in feuchtem Matsch in seinem Mund auf und ab, der die Röte von rohem Fleisch hatte. Als diese ziemlich unanständige Vorführung von Fleisch und Luft beendet war, merkte ich, daß er gesagt hatte, »Wir hatten vor einer Weile ein kleines Begräbnis für Sohn. Wir hackten mit unseren armseligen Behelfsgrabwerkzeugen auf dem Plastik herum und brachten ihn rechtzeitig unter die Kruste. Wir beeilten uns. Wir wußten, daß Sie keinen großen Waffenstillstand garantieren konnten. Ich bin gekommen, um Ihnen für das zu danken, was Sie taten.«
    Ich schwankte ein wenig nach dieser seltsamen Rede und Wendung, dann erholte ich mich schnell und schwenkte affektiert eine Stahlhand. »Sehen Sie mich als bedankt an. Wenn Sie gerne eine stählerne Blume zur Ausschmückung haben möchten, nehmen Sie sich eine.«
    Er erbebte in seinen ganzen losen Fleischteilen. »Ich bin gekommen, um Ihnen zu danken«, teilte er mir in einem Ton mit, der, wie ich vermute, in seinem Stamm als barsch gegolten haben muß, »nicht um verspottet zu werden.« In seinem Starren war jetzt ein verwunderter und zweifelnder Blick.
    Plötzlich fand ich, daß die ganze Sache recht absurd wurde. Hier war ich, ein Mann von Moderan, der sich zwischen Kriegen befand, kümmerte mich um meine Angelegenheiten, saß außerhalb des elften äußersten Walls meiner Festung, wartete darauf, daß der Krieg fortgesetzt würde, und irgendein seltsamer laufender Klumpen Sentimentalität, von dem ich nicht einmal wußte, daß er existierte, eilt von dem neunten Hügel zu meiner Linken zu mir, um mir für ein Begräbnis zu danken. »War es ein gutes Begräbnis?« fragte ich vermutend. Wild versuchte ich, mich an diese Dinge aus den Alten Tagen zu erinnern. »Die Trauernden zogen sich über einen Kilometer dahin? Musik – viel? Blumen – überall aufgereiht?«
    »Nur wir«, sagte er, »seine Mutter und ich. Und Sohn. Wir beeilten uns. Wir waren sicher, daß Sie uns von all der arbeitsreichen Zeit nicht viel Zeit geben konnten. Wir danken Ihnen für das, was Sie taten – für den Anstand.«
    Anstand? Was war denn das jetzt für ein komisches Wort? Was könnte er mit Anstand meinen? »Anstand?« sagte ich.
    »Das Zeremoniell. Sie verstehen! Wir hatten Zeit für ein kleines Gebet. Wir baten, daß Sohn erlaubt werden sollte, ewig in einem glücklichen Heim zu leben.«
    »Hören Sie«, sagte ich, da ich all dies bereits ein wenig satt hatte, »ich erinnere mich an dies aus den Alten Tagen nicht einmal halb soviel wie nötig ist, um darüber zu sprechen. Aber Ihr armseligen fleischernen Mutanten begrabt Eure Toten und bittet dann, daß man ihnen erlauben soll, wieder aufzustehen und zu leben, und das in einem Zustand, der ungefähr fünfundzwanzig mal leichter als der einer Luftblase ist, der die Feuchtigkeit entzogen wurde. Ist es nicht ungefähr so? Aber bedeutet das nicht, daß Ihr ein recht großes Risiko eingeht? Warum werdet Ihr nicht einfach vernünftig und macht das, was wir Herren von Moderan tun? Unterzieht E uch einfach jener Operation, während Ihr jung und kraftvoll seid, werft alles Fleisch, was Ihr nicht braucht, weg, ›ersetzt‹ Euch mit Ganzmetall-›Ersatz‹-Teilen aus Neumetallegierung und lebt ewig. Füttert Euch einfach mit diesem reinen Honig-von-Intraven-Extrakt, den wir erfunden haben, und es ist ein Kinderspiel, Ihr habt es geschafft. Wir wissen, was wir besitzen; und wir wissen, wie man lebt … Und jetzt, wenn Sie mich bitte entschuldigen, scheinen jene Festungen, die den Krieg vermasselten, laut einem Bericht, der genau in diesem Augenblick über den Warner ankam, wieder repariert zu sein. Wir unterbrachen das Schießen wegen ihnen, deshalb müssen wir uns jetzt einfach an die Arbeit machen, um Haßzeit aufzuholen. Ich würde vermuten, daß das Feuer ein wenig schwerer sein könnte, als Sie es jemals gesehen

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