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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
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vor sich hin, und die holzvertäfelten Wände schimmerten vor Feuchtigkeit. Einige der gewachsten Tücher, die die Fenster verdeckten, waren zerrissen und schlugen im Wind. Die Steinplatten auf dem Fußboden standen nach dem heftigen Regen unter Wasser ... Der einstmals prachtvolle Saal war verkommen. Gorlois trat zu der runden Tafel mit jenem düsteren Stein in der Mitte hin, doch der Stein blieb wie immer stumm. Da überkam ihn urplötzlich eine gewaltige Zorneswoge, und seine Wut entlud sich in Gebrüll, sein Körper zitterte vor Hass und Enttäuschung, und er hämmerte mit den Fäusten auf die Bronze ein, bis sie grün und blau waren.
    Er war nicht der rechtmäßige König.
    Seine erbärmlichen Schreie hallten in den schmalen Korridoren der Königsburg wider, und jeder, bis zum letzten Mann, schämte sich für Gorlois selbst die Bratspießdreher in den Küchen, die im Schweinestall umherwatenden Sauhirten, die bei dem Regen das Gerstenmehl wendeten, wie auch die jüngsten Schildknappen, die unter ihren zu großen Kettenhemden nach Luft rangen und deren Arm bleischwer war und schmerzte, nachdem der Fechtmeister sie wieder und wieder gezwungen hatte, auf eine starke Holzbohle zu schlagen, um sich im Schwertkampf zu üben.
    Er war nicht der rechtmäßige König.  
     In der Kapelle schloss Igraine die Augen, und ihre Kehle schnürte sich zusammen. Sie kniete auf einem Betschemel vor den übrigen Bankreihen, vorne vor dem Altar, an dem Bruder Blaise seinen Allerheiligen-Gottesdienst vorbereitete, und betete für ihr Seelenheil. Neben ihr lag in einer mit einem Marderfell zugedeckten Wiege friedlich schlafend ihre Tochter Morgause. Gorlois’ Tochter ... Die vermaledeite Frucht ihres Leibes ...
    Er war nicht der rechtmäßige König.

    Gegen Abend hörte es auf zu regnen. Trotz der Feuchtigkeit war es den Elfen gelungen, Äste und Zweige zu finden, die trocken genug waren, um die gigantischen Holzhaufen, die sie zu beiden Seiten des Sees errichtet hatten, in Brand zu setzen. Die Nacht brach herein, ohne dass irgendjemand es bemerkt hätte, so dunkel war es bereits den ganzen Nachmittag über auf Grund der nicht enden wollenden sintflutartigen Regenfälle gewesen, die allen schwer aufs Gemüt schlugen und das Seeufer in ein einziges wüstes Schlammfeld verwandelten. Das Prasseln der Flammen sowie ihr rötlicher Widerschein auf dem durchweichten Stoff der Zelte brachten das Lächeln auf die angespannten Gesichter der unzähligen Krieger zurück, die sich am Waldsaum in notdürftigen Baracken zusammengedrängt hatten. Bald schon waren alle wieder draußen und versammelten sich erneut ungeachtet der Rasse um die Feuer Menschen, Elfen und Zwerge ... Denn es befanden sich Zwerge in ihren Reihen. Kümmerliche Häufchen aus Kriegern vom Roten Berg, einige Jäger aus den Hügeln und vereinzelte Überlebende aus dem Königreich unter dem Schwarzen Berg, die sich um den Prinzen Bran zusammengeschart hatten, argwöhnisch und unwirsch, wie üblich; im Ganzen nicht einmal zweihundert Mann, die in der unüberschaubaren Menge der in den Farben obskurer Baronien oder Großherzogtümer wie Carmelide, Lyonesse oder Dommonee gekleideten Menschensoldaten völ lig untergingen. Sie waren mit Frau, Knechten und Vieh gekommen. Daneben waren Barbaren aus den Marken anzutreffen, massig wie Büffel, beinahe ebenso behaart und mit einem an ihre vierbeinigen Verwandten erinnernden brüllenden Lachen. Dann gab es die wogende Flut der Elfen aus Broceliande in ihren Moiregewändern, die rote und grüne Glanzlichter in den Flammenschein warfen; es waren zu viele, als dass man sie hätte zählen können, ganz zu schweigen von all jenen, die hoch oben in den Bäumen saßen oder sich im Gestrüpp am Rande des großen Waldes verkrochen hatten, um dieses faszinierende Schauspiel aus der Ferne zu betrachten. All diese lodernden Lohen vereinten sich in der nächtlichen Finsternis zu einer gigantischen Feuersbrunst, zu einem Flammenmeer, das den Himmel und den See erleuchtete, bis zu den düsteren Umrissen von Avalon hin, das an diesem Abend für alle sichtbar war. Weit entfernt, unzugänglich, aber zumindest sichtbar ... Es gab genügend Wein und Met, um sämtliche Männer betrunken zu machen, aber bislang hatte niemand einen Schluck genommen. Doch bei dem Duft von ganzen Rindern am Spieß lief den Leuten das Wasser im Munde zusammen, zumal noch niemand gegessen hatte, nicht einmal die Zwerge. Es war die Nacht von Samhain, das bedeutendste Fest im Kalender

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