Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
Und als serviert wird, sind auch die Mädchen plötzlich wieder an der Theke und futtern mit. Die nächste Runde Tapas und cañas geht an Lena und es wird doch noch ein schöner Geburtstag.
Calamares sind Tintenfischringe, fritos (paniert) oder a la plancha (gegrillt), und boquerones Sardellen, fritos (frittiert) oder en vinagre (in Essig eingelegt), zwei typische Tapas. Tapas gibt es warm und kalt und in verschiedenen »Größen«. Eine tapa ist wirklich nur ein kleines Häppchen in der Größe einer Untertasse. Die nächste Einheit heißt media ración (halbe Portion), das ist etwa ein Kuchenteller voll, nicht etwa eine halbe Tapa. Die ración ist eine ganze Portion, von der man, wenn man sie denn alleine isst, satt werden kann. Es ist üblich, dass eine Person verschiedene Tapas bestellt, die von allen zusammen verspeist werden. Dann wird von der nächsten Person nachbestellt.
Was ist da schiefgelaufen?
Ziemlich viel, das ist sicher. Zunächst einmal: Man darf in Spanien ruhig schon vor dem eigentlichen Geburtstag gratulieren, ohne dass jemand Angst hat, es könnte Unglück bringen. In diesem Punkt sind die Spanier kein bisschen abergläubisch.
Die erste Verzweiflung, die Lena gepackt hat, weil ihre Gäste so unpünktlich waren, war eigentlich völlig überflüssig. Denn obwohl Lena erst kurz in Spanien ist, hätte sie längst bemerkt haben müssen, dass bei privaten Einladungen eine Verspätung von 15 Minuten oder mehr gang und gäbe ist. Das ist natürlich abhängig von der Region: In Andalusien können es auch über 30 Minuten sein und es wird als völlig normal empfunden, in Katalonien dagegen sind es selten mehr als zehn Minuten. Es ist aber so, dass man lieber einen Puffer einplant. Denn käme man ganz pünktlich, dann könnte es theoretisch sein, dass die Gastgeber noch gar nicht mit den Vorbereitungen fertig sind, der Hausmann öffnete die Tür vielleicht noch in einer lächerlichen Schürze oder die Hausfrau mit rosa Maxi-Lockenwicklern auf dem Kopf. Also kommt man aus Höflichkeit lieber etwas zu spät. Wenn man das weiß und einplant, erspart man sich als Gastgeber unnötigen Kummer.
Bei einer Einladung zu jemandem nach Hause erwarten sich die Gäste schon mehr als Chips und Getränke, dessen war Lena sich aber nicht bewusst. Ein bisschen selbst kochen hätte ihren Freunden nicht nur gefallen, insgeheim haben sie es erwartet. Es hätte nicht unbedingt ein Drei-Gänge-Menü sein müssen. Aber ein paar Tapas vielleicht, kalte und warme, Fisch, Meeresfrüchte, Schinken, Käse, Fleischbällchen, Kroketten ... dazu Weißbrot. Tapas sind zwar Häppchen, aber es gibt Rezepte, die sehr raffiniert und auch relativ aufwendig in der Vorbereitung sind. Aber es gibt auch einfachere Tapas-Rezepte, die sogar Anfänger zustande bringen. Sogar Lena, wenn sie es versucht hätte.
Und dann die Sache mit den Geschenken. Da hat Lena einen dicken Fettnapf erwischt. Geschenke werden in Spanien immer sofort aufgemacht, alles andere gilt als unhöflich und irritiert die Schenkenden. Die Gäste geben sich größte Mühe mit den Mitbringseln und persönlichen Geschenken. Es wird erwartet, dass der Beschenkte sie sofort und vor den Augen aller Anwesenden öffnet, seine Freude und Überraschung zeigt und sich enthusiastisch dafür bedankt. Jeder möchte sehen, was der oder die andere mitgebracht hat und jeder Schenkende möchte sehen, dass das Geburtstagskind sich tatsächlich freut. Es ist ein Ritual, dass der Beschenkte ganz bescheiden sagt: Ah, no habría sido necesario [a no a wria si do nethe sa rio]. »Ach, das wäre doch nicht nötig gewesen!« Trotzdem weiß jeder: Wenn man eingeladen wird, bringt man auch etwas mit, und der Beschenkte wird sich darüber freuen und das auch zeigen.
Wenn Wein oder Pralinen mitgebracht werden, dann gehört es sich, dass der Beschenkte sie aufmacht und allen davon anbietet. Ebenso verhält es sich mit diesen wunderbaren kleinen, fest verschnürten Päckchen aus der Konditorei. Die mit den Tragegriffen. Darin sind: pasteles , kleine süße Köstlichkeiten, die sehr gern als Nachspeise gegessen werden ►. Und zwar vor dem abschließenden Kaffee, nicht dazu. Natürlich öffnet man auch die Nachspeisen-Geschenke und bietet seinen Gästen davon an. Ein Geizkragen, wer sie für sich behalten und am nächsten Tag alle alleine aufessen will.
Spanische Konditoreiwaren bestehen weniger aus Sahne und Creme, sondern hauptsächlich aus Zucker, Eiern (reichlich!) und Mandeln. Da gibt es jede
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