Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
behalten, wenn sie heiraten. Es gibt also keinen gemeinsamen Ehenamen. »Okay«, meint Tom, »jetzt habe ich das auch kapiert. Und wie ist das dann mit den Kindern? Wie heißen die denn? Können die sich selbst aussuchen, wie sie heißen wollen?«
»Nein, bist du verrückt?«, lacht Tere. »Dafür gibt es natürlich schon eindeutige Regeln. Die Kinder bekommen auch zwei Nachnamen, und zwar den ersten Namen des Vaters und dazu noch den ersten Namen der Mutter. Wenn also Loli und Álex Kinder haben, dann ...«
Im Zuge der Gleichstellung wurde 1999 das Gesetz zum Namensrecht in Spanien geändert. Eltern können seitdem bei der Geburt des ersten Kindes die Reihenfolge der beiden Nachnamen frei wählen, also auch den Namen der Mutter an die erste Stelle setzen. Die Reihenfolge ist dann für alle weiteren Kinder verbindlich. Geschwister heißen also auch weiterhin gleich.
»Warte mal«, unterbricht Tom sie. »Lass mich mal überlegen. Dann heißen die Kinder, Moment, García Sánchez. Stimmt’s?« »Genau!« »Und die Geschwister haben alle dieselben beiden Nachnamen?« »So ist es. In dem Fall von Loli und Álex haben sie eben ein wenig Pech.« »Wieso Pech?«, fragt Tom. »Weil García und Sánchez zwei sehr häufige Namen sind, wie ...« »Wie Gómez, Martínez und López?« »Stimmt!« »Das ist wie bei uns Müller, Meier, Weber. Schuster übrigens auch, so heißt doch euer Ministerpräsident: Zapatero – Schuster.«
Die Endung »-ez« bedeutet übrigens so viel wie »Sohn von«. Sanchez wäre also in der ursprünglichen Bedeutung »der Sohn von Sancho«, Martínez der »Sohn von Martín«, Rodríguez der »Sohn von Rodrigo« usw.
»Zapatero ist aber kein häufiger Name in Spanien, weißt du? Deshalb nennt sich der Ministerpräsident auch so und nicht Rodríguez, wie er mit erstem Nachnamen heißt, denn das ist wiederum ungefähr so häufig wie Sánchez, García, González und so weiter. Alles klar?«
»Alles klar!«
José Luis Rodríguez Zapatero
Geboren 1960 in Valladolid, Chef der sozialistischen PSOE ( Partido Socialista Obrero Español ; gesprochen [pe_ so _e]) und seit 2004 Ministerpräsident Spaniens, ist ein Mann mit spannender Familiengeschichte. Sein Großvater väterlicherseits war Republikaner und wurde 1936, zu Beginn des Bürgerkrieges, von Franquisten getötet. Sein Großvater mütterlicherseits war Offizier unter Franco. Dieser politische oder ideologische »Riss« geht in Spanien durch sehr viele Familien.
»Ach, Tom, ich muss gleich noch rüber, zu Corte Inglés. Soll ich dir etwas mitbringen? Brauchst du irgendwas?«, fragt Tere.
El Corte Inglés (»Der englische Schnitt«) ist die größte Kaufhauskette Spaniens, vergleichbar mit einem gehobenen Karstadt oder Kaufhof. Die Warenhäuser gibt es in jeder größeren Stadt in Spanien, auf den Balearen, den Kanaren und mittlerweile auch in Portugal. Das Kaufhaus lockt mit durchgehenden Öffnungszeiten bis 22 Uhr, mit spektakulären Schlussverkäufen und häufigen Rabattaktionen ( rebajas ).
Tom hat schon mitbekommen, dass die Kollegen das gerne machen. Wenn einer zur Apotheke oder in den Handyladen geht, fragt er vorher die Kollegen, ob er jemandem etwas mitbringen kann. Das findet Tom richtig nett. Er kann sich nicht erinnern, dass er das in Deutschland so erlebt hat. »Na?«, fragt Tere noch einmal. »Ja, wenn es dir nichts ausmacht, heute Morgen in der U-Bahn sind die Batterien von meinem MP3-Player abgeschmiert. So diese kleinen, weißt du?« Tere nickt. »Aber nur, wenn du sowieso in die Elektroabteilung kommst.« »Klar, mache ich. Kein Problem.«
Als Tere zurückkommt, legt sie Tom die Batterien auf den Tisch. »Passen die?« »Ja, super, die passen genau«, freut sich Tom. »Was hast du denn dafür bezahlt?« »Ach, nichts«, sagt Tere. »Quatsch, jetzt sag schon, was haben die gekostet?« »Ach, nicht der Rede wert.« Tom findet das irre nett von Tere und bedankt sich bei ihr. Er kramt in seiner Jackentasche nach dem MP3-Player und setzt die neuen Batterien ein. »Läuft wieder!« Als er zu Tere aufsieht, ist die schon auf dem Weg zu ihrem Schreibtisch.
Als er Tere mittags in der Bar nebenan wiedersieht, steuert er auf sie und ihre Freundin Carmen zu. Er organisiert sich einen Hocker, aber als er sich neben sie setzen will, drehen die beiden sich wie auf Kommando weg und gehen mit ihrem Bier und ihren Sandwichs an einen freien Tisch am Fenster. An dem Tischchen haben genau zwei Personen Platz und keiner mehr. Nanu, was ist
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