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Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Titel: Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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nicht begreifen, wie jemand sich so eine brutale, barbarische Sache anschauen mag. Ich meine, das ist doch irgendwie archaisch. Total überholt, oder?«
    Don Ramón mag Tom da offenbar nicht zustimmen. »Na ja«, meint er, »dazu muss man vielleicht ein bisschen mehr verstehen. Der Stierkampf ist ja eine Kunst ...«
    »Nein, da muss ich nichts verstehen«, unterbricht Tom ihn. »Ich finde das einfach nur abstoßend.«
    »Aha.« Mehr sagt Don Ramón nicht, weil Javi ihn gerade fragt, wie ihm denn der Meeresfrüchtesalat schmecke. Ob er ihm zu viel versprochen habe. Nein, nein, behauptet Don Ramón, er sei wirklich vorzüglich, und der 2009er Abadía de San Campo passe auch hervorragend dazu.
    »Und gibt es noch etwas, was Sie in Spanien nicht verstehen?«, fragt Don Ramón Tom, als der Ober die Vorspeisenteller abräumt.
    »Na ja«, setzt Tom abermals an. »Eigentlich verstehe ich auch nicht, warum die ETA mit ihrem Bombenterror nicht aufhört und was die Basken eigentlich wollen.«
    Es wird sehr still am Tisch und glücklicherweise fängt der Ober an, den Hauptgang zu servieren. Am anderen Tischende erzählt einer der Madrider Kollegen einen Witz, so laut, dass alle gespannt lauschen, und als das Gelächter wieder abklingt, bringt Javi einen Toast auf die Gäste aus Murcia aus. Don Ramón scheint mit seinem Lammbraten beschäftigt. Toms linker Nachbar ist in eine Unterhaltung mit einer Kollegin vertieft. Also macht Tom sich stumm über sein Steak her und checkt im Kopf noch einmal, welche Punkte der Tagesordnung auf jeden Fall noch besprochen werden müssen, am Nachmittag, und auf welche man zur Not verzichten kann – verzichten muss, wenn das mit dem Mittagessen noch lange dauert.
    Was ist da schiefgelaufen?
    Beim Essen, auch beim Businessessen, spricht man über alles Mögliche, aber NICHT übers Geschäft. Man muss schließlich auch einmal abschalten können. Man spricht über dies und das, über das Wetter, über das Essen, wie naheliegend, über die Qualität des servierten Weins, über kulturelle Ereignisse, auch über Persönliches. Aber es sollte möglichst etwas Nettes, Unterhaltsames, Interessantes sein, worüber man spricht, keine Tragödien, schlimme Krankheiten, Unglücke oder sehr kontroverse Themen. Besondere Vorsicht ist bei politischen Themen geboten. Themen wie die ETA oder das aktuell rote Tuch, die corrida (Stierkampf), sind unangenehm und polarisieren die Menschen.
    Was können Sie besser machen?
    Erzählen Sie in Situationen wie dieser von sich, woher Sie kommen, wie es Ihnen in Spanien gefällt, erzählen Sie, was Ihnen besonders gut gefallen hat, was Sie alles Schönes, Interessantes, Überraschendes erlebt haben.
    Aber Achtung: Wählen Sie keine Gesprächsthemen, mit denen Sie anecken und Ihre Tischnachbarn provozieren oder die ganze Tischgesellschaft in zwei Lager spalten könnten! Ein absolutes No-go-Thema ist der ETA-Terrorismus (um Himmels Willen!), die Zeit der Franco-Diktatur von 1939 bis 1975, die viele Spanier immer noch am liebsten verdrängen, Religion (bloß nicht!) oder das ewig kontroverse Thema Stierkampf (NEIN, tun Sie’s nicht!). Seien Sie nett und freundlich und bringen Sie niemanden in Verlegenheit, weil er andere Überzeugungen hat als Sie. Jeder möchte sich von seiner besten Seite zeigen, keiner will als vermeintlicher Barbar (also z.B. Stierkampfanhänger) oder Sympathisant von Terroristen dastehen, nur weil er einen besonderen Bezug zur Frage des Baskenlands hat, die sich nicht mal schnell zwischen Vor- und Hauptspeise klären lässt. In Madrid sollten Sie sich auch nicht unbedingt als Fan des FC Barcelona ( Barça ) outen und in Barcelona nicht als Fan von Real Madrid. Denn zwischen beiden Städten besteht große Rivalität und die bezieht sich nicht nur auf den Fußball, sondern auf alle möglichen kulturellen und wirtschaftlichen Bereiche. Also Vorsicht!
    Zeigen Sie etwas von sich, gern Ihre Schokoladenseite, geben Sie sich als Person zu erkennen. Frühestens zum obligatorischen Kaffee, der nach dem Nachtisch eingenommen wird, dürfen Sie dann auch wieder Geschäftliches ansprechen. Auf keinen Fall jedoch vorher!

    Heikle Gesprächsthemen – eine Auswahl: ETA, Stierkampf und die Franco-Diktatur
    Die ETA : ETA ist die Abkürzung für Euskadi Ta Askatasuna (Baskenland und Freiheit), eine im Untergrund agierende baskische terroristische Organisation, die 1959 als Widerstandsgruppe gegen die Franco-Diktatur gegründet wurde. Sie ist berüchtigt für ihre

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