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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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geflogen, schlangen sich um den Hals des anderen und verdrehten sich umeinander, als seien sie lebendig. Beide Männer rissen Dolche aus den Gürteln und versuchten die Schnüre durchzuschneiden. In ihrem hastigen Bemühen verletzten sie sich selbst. Ihre Münder waren aufgerissen, ihre Augen vor ungläubigem Zorn und Schmerz geweitet. Aus ihren Kehlen kamen grauenhaft gurgelnde Laute, während sich die Schnüre in ihre Hälse fraßen. Sie taumelten herum wie im Tanz, reckten die Arme mit den Menschentötern, versuchten denjenigen zu erschießen, der ihnen das angetan hatte … und starben dabei.
    Dann lagen sie unbewegt wie Royia: drei gefallene Männer inmitten des Waldes, den nicht zu kümmern schien, was hier geschehen war. Vögel gurrten und trillerten, Insekten summten und zischelten. Naave kam all das wie Stille vor. Sie brauchte eine entsetzliche Ewigkeit, bis sie es schaffte, zu Royia zu kriechen und sich über ihn zu beugen. Kein Lichtschimmer verriet, wo der Dorn stecken mochte.
    Vorsichtig tasteten ihre Fingerkuppen durch sein Haar. Doch auch hier leuchtete nichts auf. Der Dorn musste über ihn hinweggefegt sein.
    In die Bäume ringsum geriet Bewegung. Dunkle Gestalten sprangen herunter und eilten herbei. Zwei Männer beugten sich über die Toten. Sie packten die losen Enden und zogen die blutgetränkten Fäden von den Hälsen. Es war das Grässlichste, was Naave je gesehen hatte. Unweit klatschten die Fäden zu Boden. An ihren Enden gingen sie in graue Wurzelfasern über. Diese äußerst lebendigen Mordwerkzeuge waren Pflanzen.
    Naave schob sich in die Schatten der mannshohen Farne. Längst mussten die Männer sie bemerkt haben, schenkten ihr jedoch keine Beachtung. Das war beängstigender, als hätten sie sich sofort auf sie gestürzt. Zwei weitere knieten neben Royia. Auch sie begutachteten das Mal auf seiner Wange.
    Auch sie schwiegen.
    Wer immer diese Leute waren und weshalb sie so plötzlich auftauchten – Naave wollte es nicht wissen. Schon gar nicht, was sie mit ihr zu tun gedachten. Sie sprang auf und rannte. Doch weit kam sie nicht. Ein Faden wand sich um ihre Fußknöchel und brachte sie zu Fall. Vergebens versuchte sie die scheußliche Waffe von den Füßen zu strampeln. Jeden Augenblick würde sich die Pflanze in die Haut graben und …
    Sie schrie.
    Über ihr tauchte einer der Männer auf. Mit aller Kraft schlug er ihr ins Gesicht. »Sei still!«
    Er stapfte wieder zu den anderen. Naave schmeckte Blut im Mundwinkel. Sie tastete nach ihren Füßen. Die Pflanzenschnur war nicht rot; sie war schwarz und dicker, nicht dazu gedacht, sich ins Fleisch zu schneiden. Sie gestattete sich ein erleichtertes Aufatmen. Erstaunt sah sie zu, wie weitere Männer kamen und ein Fangnetz hinter sich herzogen. Royias Licht fiel auf die blaurot gefleckte Haut eines toten Axots. Einer zückte ein Messer und hebelte den aus dem Netzgeflecht ragenden Schnabel auf. Er zog die Zunge heraus und schnitt ein Stück ab. Die Zungenspitze auf das Messer gespießt, ging er zu Royia und presste sie auf die Wunde.
    Sie hoben den immer noch bewusstlosen Dämon auf. Der größte der Kerle warf ihn sich über die muskulöse Schulter. Die anderen schlangen die Seile des Netzes um ihre Oberkörper und zogen den Kadaver hinter sich her.
    Der Mann, der Naave geschlagen hatte, kehrte zu ihr zurück. Sie kauerte sich nieder, bereit, ihm die gefesselten Füße gegen die Knie zu schlagen.
    »Wer …«
    »Noch ein Ton von dir, und ich töte dich.«
    Er zog sie hoch und drückte ihr den Kopf in den Bauch. Zugleich packte er sie an der Schulter und den Kniekehlen, richtete sich auf und warf sie sich quer über die Schulter.
    • • •
    Der Regen ließ auf sich warten. Die Männer schritten mit ihren unterschiedlichen Lasten und scheinbar ohne Mühe durch die hereinbrechende Nacht. Irgendwann war es so dunkel, dass Naave nur noch schwarze Schemen sah. Das Licht des Dämons leuchtete nicht – offenbar hatte man seinen Rücken verbunden oder bedeckt. Oder war er tot? Hörte er auf zu leuchten, wenn das Leben ihn verließ? Und warum kam mit dieser Überlegung das Gefühl, als presse eine Faust ihren Magen zusammen?
    Sicherlich nur, weil ihr übel war von der Schaukelei und ihrer Furcht. Wer waren diese Männer? Waldmenschen, gewiss, aber waren es Düstere, da sie sich im Unterwald bewegten? Doch solche Leute, hatte Royia gesagt, hielten sich in der Nähe des Flusses auf. Vielleicht gehörten sie zu einem Stamm, den auch er nicht

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