Feuer der Nacht
dass sie nicht nachgeschenkt haben wollte, dann wandte sie sich Eric zu. »Einer reicht. Ich bin mit dem Auto unterwegs.«
»Sie sind nicht gekommen, um mit Limettensaft und Tequila benebelt alles zu vergessen?«
»Ich beneble mich nie und vergesse mich auch nie mit Alkohol«, erklärte sie.
»Wann vergessen Sie sich dann?«, fragte er, und sie konnte fast spüren, wie sein intensiver Blick sich ihr in die Haut bohrte.
»Arbeit«, antwortete sie ehrlich, obwohl ein Teil von ihr, ein Teil, der lange Zeit in einer Art Dornröschenschlaf gelegen hatte, erkannte, dass sie sich unschwer an Eric Wilder verlieren konnte. »Und Sie?«
»Arbeit.«
»Besser Workaholic als Alkoholiker«, meinte Jaclyn, wobei sie an ihren Vater und seinen Kampf mit dem Saufen dachte. Es war kein Zufall, dass sie keinen Alkohol im Haus hatte und sich auch immer mit nur einem Drink begnügte. Sie hatte nie ein Alkoholproblem gehabt, aber sie kannte Jacky Wildes Schwäche, und es bestand die Möglichkeit, dass sie den Hang zu Hochprozentigem geerbt hatte. Oder, Gott behüte, die Sucht. Aber sie wollte nicht an ihren Dad denken – sie liebte ihn, auch wenn er nicht viel auf die Reihe kriegte. Aber sie hatte genug von sich selbst geredet. Sie wollte mehr über ihn erfahren. »Wie lange sind Sie schon bei der Polizei?«
»Dreizehn Jahre. Ich bin direkt nach der Highschool zur Armee gegangen, habe dort meinen Dienstgrad bekommen und dann mein Staatsexamen abgelegt, nachdem ich meine Anstellung bei Uncle Sam beendet hatte.«
»Ihr Job ist vermutlich viel interessanter als meiner. Die Leute, mit denen ich zu tun habe, schrecken zumindest in der Regel davor zurück, ein Verbrechen zu begehen.«
»In der Regel?« Seine dunklen Brauen zogen sich nach oben.
»Das sollten Sie lieber nicht wissen.«
Da er nicht lockerließ, erzählte sie ihm schließlich von der Hochzeitsgesellschaft, die vor der Zeremonie einträchtig Pot geraucht hatte, von dem Bräutigam, den plötzlich Zweifel überfallen hatten, und von der Mutter der Braut, die daraufhin ein Messer aus der Tasche gezogen hatte und gedroht hatte, ihm den Quell seiner Freuden abzusäbeln, falls er, nach dem vielen Geld, das sie ausgegeben hatte, nun ausbüxen wollte. Jaclyn hatte zig solch düstere Geschichten auf Lager. Er lachte an den richtigen Stellen, ein sonorer Klang, der von echter Belustigung zeugte und zu weiteren Vertraulichkeiten beflügelte. Er erzählte ihr ein paar Kriegsgeschichten, und ihr war bewusst, dass er die düstereren, verstörenden Einzelheiten mit Absicht wegließ.
Es war unkompliziert, sich mit ihm zu unterhalten. Trotz der aufgeheizten körperlichen Anziehung, die sie völlig verzehrte, insofern sie dies zuließ, war sie irgendwie in der Lage, diesen Aspekt beiseitezuschieben und schlichtweg seine Gesellschaft zu genießen. Nie entstand zwischen ihnen ein peinliches Schweigen, wie dies bei Leuten, die sich gerade erst kennengelernt hatten, häufig der Fall war. Momentan gab es nur das Vergnügen, sich mit ihm zu unterhalten, und ein aufgeheiztes Kribbeln aufgrund der körperlichen Anziehung. Sie hatte es von dem Augenblick an empfunden, als sie am Vormittag mit ihm zusammengestoßen war, und die nähere Bekanntschaft mit ihm hatte es nicht vermindert. Sie war nur ins Sadie’s gekommen, weil sie mit dem Auto vorbeigefahren und dazu noch einen freien Parkplatz erspäht hatte, und die Vorstellung, mit einem beruhigenden Drink wieder auf den Teppich zu kommen, war zu verführerisch gewesen, als dass sie ihr hätte widerstehen können. Sie war froh, dass sie ihr nicht widerstanden hatte, froh, dass sie nicht in eine schickere Kneipe gegangen war.
Hätte sie darüber nachgedacht, wäre ihr klar geworden, dass sich in einer Kneipe so nah am Polizeipräsidium sicher auch ein paar Polizisten aufhalten würden. Sie glaubte nicht, dass ihr Unbewusstes sie hergeführt hatte in der Hoffnung, ihn hier zu treffen. Sie hatte einen so turbulenten Tag hinter sich, dass sie wirklich nicht mehr an ihn gedacht hatte … Aber falls ihr Unbewusstes beteiligt war, dann Hut ab: Gute Arbeit! Sie war froh, dass sie hier haltgemacht hatte, und sie war froh, ihm hier über den Weg gelaufen zu sein.
Sie trank ihren Margarita aus, war aber noch nicht bereit zu gehen. Als die Cocktail-Kellnerin vorbeikam, um ihr nachzuschenken, bestellte Jaclyn einen entkoffeinierten Kaffee. Eric war noch mit seinem Bier beschäftigt, und sie war froh, dass er es nicht hinunterkippte und sich ein neues kommen
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