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Feuer der Rache

Titel: Feuer der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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stemmte sich aus ihrem Sessel und schlurfte, so schnell sie konnte, zum Telefon -einem uralten, grauen Ungetüm mit Wählscheibe. Es klingelte ziemlich lange.
    „Du hast geschlafen?", fauchte Irene Jacobson in den Hörer, als sich endlich jemand meldete. „Hat die Polizei dich nicht erreicht? ...Doch? Und da gehst du ins Bett und schläfst? Deine Tochter liegt vermutlich tot in diesem Institut in Eppendorf!" Ihre Stimme überschlug sich.
    „Nein, ich melde mich nicht nur, um dir Vorwürfe zu machen. Aber wenn wir schon dabei sind: Warum hast du mich nicht angerufen? ...Du wolltest mich nicht beunruhigen? Was glaubst du, was ich seit Ostersonntag bin? ...Ich habe gehört, du musst sie identifizieren. Ich werde mitkommen! Nein, egal, was du sagst, ich werde mitkommen. ...Was soll das heißen, man kann sie vielleicht gar nicht mehr erkennen?" Die Alte schluckte und warf Sabine einen Hilfe suchenden Blick zu. „Nein, ich weiß nicht, wie eine Leiche aussieht, die zwei Wochen im Wasser gelegen hat!" Wieder sprach Barbara Stoever am anderen Ende der Leitung. Frau Jacobson versuchte ein paarmal, sie zu unterbrechen, doch erst beim dritten Versuch gelang es ihr, und sie rief: „Nein, ich beruhige mich nicht, und ich gehe jetzt auch nicht ins Bett! Mag sein, dass ihr das auch nicht hilft, aber ich bin ein Mensch mit einem Herzen und mehr Liebe in mir als du mit deinem heuchlerischen katholischen Getue! Iris hat dich enttäuscht, na und? Hat dir dein Pfarrer nicht beigebracht, dass wir verzeihen müssen? Es gibt nichts, wofür es ein Kind verdient hätte, so gestraft zu werden! ...Ach, ich weiß nicht, wovon ich rede? Da hast du recht, denn du hast es ja nie für nötig gehalten, mir etwas zu sagen oder meinen Rat einzuholen!" Sie knallte den Hörer auf die Gabel. Die Standuhr schlug elf.
    „Wenn Maike auch noch etwas passiert ist, will ich nicht mehr leben", schluchzte sie.
    Sabine stand auf und legte ihr behutsam den Arm um die Schultern. „Vielleicht sollten Sie doch ein wenig ruhen? Ich kann hier im Wohnzimmer bleiben, wenn Sie es möchten."
    „Aber Sie wollen doch auch nach Hause", wehrte Frau Jacobson ab.
    „Nein", sagte Sabine. „Auf mich wartet keiner. Ich leiste Urnen gern Gesellschaft, wenn Sie möchten."
     
    Nachdem er Sabine in die Panzerstraße gebracht hatte, fuhr Fester von Borgo seinen Wagen zurück in die Garage. Er setzte sich an den Flügel und spielte ein paar Passagen -das Intermezzo in e-Moll von Johannes Brahms und die Suite in Dur von Telemann -, doch die Musik konnte ihm heute keine Ruhe geben. Obwohl er bereits zwei kräftige Männer um Ihr Blut gebracht hatte, brannte die Gier in ihm so stark, dass er sich auf nichts anderes konzentrieren konnte. Er musste noch einmal losziehen und sich satt trinken. Satt -er wusste, dass der Gedanke eine Illusion war. Ein Vampir konnte sich nicht satt trinken. Das Verlangen war manches Mal stärker und manches Mal schwächer. Es konnte auch übermächtig werden und die Vernunft besiegen, aber es würde niemals auch nur für einen Augenblick völlig verschwinden. Die Gier nach Blut war sein Herzschlag, sein Antrieb am Abend, die Augen zu öffnen, und am Morgen, sich eine Ruhestätte zu suchen, um Kräfte für die nächste Jagd zu sammeln.
    Peter von Borgo strich durch die weitläufigen Falkensteiner Parkanlagen, vorbei am Golfplatz bis zur Wittenberger Heide. Er griff sich hier und da einen Spaziergänger, ließ ihn aber nach einigen Schlucken wieder achtlos fallen. Er wusste, was ihn quälte, zögerte jedoch, es sich einzugestehen. Peter von Borgo lehnte sich an die raue Rinde eines Baumes und schloss die Augen: Er war verrückt nach ihrem Geruch, nach dem berauschenden Duft ihres Blutes. Eine ganze Nacht in ihrer Nähe hatte die Schutzmauer der Vernunft, die er so sorgsam um sich errichtet hatte, brüchig werden lassen. Er konnte sich nicht länger selbst betrügen. Die Welt war öde, solange sie nicht in seiner Nähe war. Warum war sie so stark und so eigensinnig? Weshalb ergab sie sich ihm nicht und folgte ihm in seine Welt? Er konnte sie nicht zwingen. Sicher, es wäre ihm ein Leichtes, sie auszusaugen und sich an ihrem herrlichen Blut zu berauschen, alles zu geben für den einen Augenblick. Und dann? Dann würde sie vergehen, in nur wenigen Tagen verwesen, und der Duft wäre für immer dahin. Vielleicht war er ihr verfallen, weil sie so stark und eigensinnig war? Er barg das Gesicht in den Händen und stöhnte. Gab es denn kein Entrinnen? Keine

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