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Feuer fuer den Grossen Drachen

Titel: Feuer fuer den Grossen Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Sportsfreund Kochale!» Der feine Unterschied zwischen beiden lag im zwischengeschobenen s. Für Berliner Ohren offenbarte es, daß die beiden Sprecher verschiedenen Welten angehörten.
    Hermann Hock, zweiundfünfzig («… aber zäh wie eh und je!»), war der Boss der Truppe, der Anführer, Führer, Chef. Er kam vom Neuköllner Hinterhof, Vater Berufssoldat, gefallen im April 1944 am Djnestr, Mutter Verkäuferin bei Karstadt am Hermannplatz. Sein erster Berufswunsch, Kradmelder in der Deutschen Wehrmacht, entstanden in seiner HJ-Zeit, hatte sich auf Grund bedauerlicher Wendungen in den größeren historischen Abläufen leider nicht verwirklichen lassen, und sein zweiter, Volksschullehrer nämlich, auch nicht; dies allerdings mehr aus individualpsychologisch-kognitiven Gründen (zu deutsch: die eigenen Lehrer hatten ihm die notwendigen Weihen der Mittleren Reife versagt). So hatte er denn, der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebe, den Beruf des Ofensetzers erlernt, der allerdings, obwohl überaus ehrbar, den großen Nachteil hatte, sich alsbald als überflüssig zu erweisen. Da kam es Hock gerade recht, daß die Berliner Verwaltung («Sicherheit im Strafvollzug!») gerade qualifizierte Beamte des mittleren Justizvollzugsdienstes zu suchen begann, früher Schließer oder Wärter, heute Vollzugsbedienstete oder Betreuer genannt. So war denn Hermann Hock zu guter Letzt doch noch an die Front gekommen, an die innere Front, wo es diejenigen zu bekämpfen galt, die unser Volk von innen her bedrohen und es aushöhlen wollen.
    Soweit ließ sich über Hermann Hock auch trefflich spotten, und seine progressiveren Kollegen, vor allem aber die im Knast wirkenden Psychologen, Pfarrer und Sozialarbeiter, die taten das auch in reichlichem Maße, nur konnten sie nicht leugnen, daß die Rückfallquote derer, die er unter seine Fittiche genommen hatte, gegen Null ging, während ihre eigene Wirksamkeit recht bescheiden einzuschätzen war. Wer in Hocks Motorsportgruppe war, der beging keine Einbrüche mehr, der klaute auch nicht und dachte gar nicht daran, einem anderen eins über den Schädel zu geben; der war ganz brav und verrichtete dort seine Arbeit, wo Hock ihn hinvermittelt hatte. («Bei mir lernen die Jungs Gehorsam – und Gehorsam ist alles!») Hock ließ sich nicht hinwegleugnen.
    Jetzt schritt er die Front seiner Kradjugend ab, und ihre schwarze Lederkleidung erfreute sein Auge. Zweiundzwanzig waren heute gekommen, Kochale war der Älteste. Die Musterung von Menschen und Maschinen geriet zu seiner vollsten Zufriedenheit; die hatten alle Ordnung gelernt (« – zum erstenmal in ihrem Leben!»).
    «Die ganze Abteilung aufsitzen und mir gefolgt!» Befehle sind ohne Wenn und Aber durchzuführen. Disziplin und Ordnung sind unsere Grundtugenden.
    Auf ging’s; das Ziel war präzis bestimmt: Die Sandberge am Elchdamm in Heiligensee – eigentlich Übungsgelände der Franzosen (Domaine Militaire), aber zumeist allgemeiner Benutzung zugänglich.
    Kochale rollte, als zweiter Unterführer den Schwarm nach hinten abschirmend, durch den Wedding hindurch, durch Tegel, und da nicht nur am Schloß vorbei, sondern auch an einer früheren Verkaufsniederlassung der Kochale Werkzeugmaschinen GmbH & Co. KG. Jetzt war eine Pizzeria drin… Ausländer, wo man auch hinkam.
    Und Kochale junior, anstatt das China-Geschäft anzukurbeln, gleich nach der Diplomprüfung mit aller Kraft einzusteigen, Kochale junior fuhr im Pulk von Rockern, Vorbestraften, Lederfetischisten und Motorradnarren durch die verlassenen Heiligenseer Vorstadtstraßen, einem verhinderten EK I-Empfänger hinterher – zu einer Zeit, da er eigentlich im Seminarraum in Dahlem hätte sitzen sollen.
    Thema des heutigen Referats: Das Problem der optimalen Beschaffungsdisposition bei irregulär schwankenden Rohstoffpreisen – bitte sehr, Herr Kochale. Anderthalb Stunden geballte Langeweile. Die Struktur der optimalen Lagerbestandspolitik yt… Eine äquivalente Formulierung der optimalen Lagerbestandspolitik yt…
    Wahnsinn!
    Dann schon lieber Taxe fahren, für den Staatsschutz forschen… Vor allem: Noch immer lebte der Türke, der Theo erstochen hatte, noch immer lief er frei herum.
    Kochale gab so gewaltig Gas, daß er Django an die rechte Satteltasche fuhr. Django war erster Unterführer, und er brauchte die Packtaschen, um all das Zeug zum Übungsgelände zu schaffen, ohne das Hock nicht auskam: Eierhandgranaten aus Holz, mehrere Taue, ein Bandmaß, Kletterschlaufen, Lehrbücher

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