Feuer / Thriller
dass Weems sich nicht im Gebäude aufgehalten hatte, als der Brand gelegt worden war. Nun wussten sie jedenfalls, dass der Mörder ihn nicht erst erschossen und dann den Brand gelegt hatte.
Was bedeutete, dass sie es mit mindestens drei Brandstiftern zu tun hatten. Barlow hatte die Angestellten der Baufirma überprüfen lassen. Sechs hatten Vorstrafen, aber keiner wegen Brandstiftung, und acht von zehn schienen am Rand einer Privatinsolvenz zu stehen.
So viel zum Thema: den Kreis der Verdächtigen einschränken. Barlow hatte um Hilfe gebeten, und Abbott hatte versprochen, Noah Webster hinzuzuziehen. Das freute Olivia sehr. Noah war ein verdammt guter Ermittler und ein sehr angenehmer Kollege.
Abbott berichtete, dass Special Agent Crawford vom FBI endlich zurückgerufen habe. Crawford sei im Augenblick im Norden, würde aber morgen früh um acht wieder in seinem Büro sein. Crawford sei ziemlich aufgeregt gewesen, als er von der Glaskugel gehört hatte.
Nun saß Olivia neben Kane in Ians Büro im Leichenschauhaus. Tracey Mullens Vater war angekommen, ihr Dolmetscher für Gebärdensprache aber nicht. Sie mussten mit der Identifizierung warten, bis sie problemlos mit Traceys Vater kommunizieren konnten.
»Wer ist dran?«, fragte Kane.
»Du. Ich habe es Mrs. Weems gesagt, bei den Mullens waren wir es beide. Also übernimmst du hier die Führung.«
»Ich hatte es befürchtet«, sagte Kane mürrisch. »Was hast du heute Abend vor?«
»Ich hole das Fernglas«, erwiderte sie trocken, und Kane zog die Brauen hoch.
»Gut«, war jedoch alles, was er sagte, und Olivia war froh darüber.
»Ich habe übrigens mit Mr. Oaks von der Gehörlosenschule gesprochen«, sagte sie. »Anscheinend hat er mit einem dieser Bildtelefone telefoniert, von denen Brie uns erzählt hat, denn die Unterhaltung ging recht flott. Oaks hat gesagt, dass er uns gern behilflich ist, die Kinder zu befragen, aber aus dem Stegreif ist ihm niemand eingefallen, auf den wir besonderes Augenmerk legen sollten.«
»Es wäre möglich, dass Traceys Freund nicht mehr zur Schule geht«, gab Kane zu bedenken.
»Sicher, aber irgendwo müssen wir ja anfangen.«
»Genau wie mit dem Versuch, Tracey in Florida zu finden, weil sie Abziehbilder der Gators auf den Fingernägeln hatte«, sagte Kane. »Das war übrigens gute Arbeit.«
Sie grinste. »Du willst mir nur schmeicheln, damit ich mit Traceys Vater spreche, stimmt’s?«
»Hat’s geklappt?«
»Nein.« Sie erhoben sich beide, als eine Frau an Ians Bürotür klopfte.
»Hi, ich bin Val Lehigh. Ich suche Detective Kane.«
»Der bin ich«, sagte Kane. »Sind Sie die Dolmetscherin?«
Sie hatte ein paar graue Strähnen im Haar, war kräftig gebaut und ganz in Schwarz gekleidet. »Ja. Haben Sie schon einmal mit einem Dolmetscher gearbeitet?«
»Ja«, sagte Olivia.
»Ich auch, aber es ist lange her«, fügte Kane hinzu.
»Gut, dann erkläre ich Ihnen rasch noch einmal die Prinzipien. Ich bin in amtlicher Funktion hier und unterliege der Schweigepflicht. Nichts von dem, was ich sehe oder höre, wird außerhalb dieses Raumes wiederholt. Ich werde alles aussprechen, was der Gehörlose mir zeigt, selbst wenn es sich nur um einen Kommentar für mich handelt. Außerdem werde ich ihm alles übersetzen, was Sie sagen, auch wenn Sie beide nur untereinander sprechen. Haben Sie Fragen?«
»Ja«, sagte Olivia. »Waren Sie schon einmal bei der offiziellen Identifizierung einer Leiche dabei?«
»Ja. Und es war nicht schön, aber wir können uns genauso wenig wie Sie aussuchen, wo wir eingesetzt werden.«
»Tracey Mullens Leichnam ist in sehr gutem Zustand«, sagte Olivia und sah, wie ein wenig Anspannung aus ihrer Haltung wich. »Ganz abgesehen davon, dass sie mit sechzehn schon tot ist.«
Mr. Mullen sprang auf die Füße, sobald sie zu dritt das Wartezimmer betraten. Sein Gesicht wirkte hager, die Augen waren rot vom Weinen. Seine Gebärden waren hektisch, aber Val ließ sich nicht beirren.
»Ich bin John Mullen. Ich möchte meine Tochter sehen. Wo ist sie?«
»Ich bin Detective Kane, und das ist meine Partnerin, Detective Sutherland«, sagte Kane, blickte aus dem Augenwinkel zur Dolmetscherin hinüber, richtete seine Aufmerksamkeit dann aber wieder auf den trauernden Vater. »Mein aufrichtiges Beileid.«
»Was ist passiert?«, fragte er. »Was ist meinem Kind zugestoßen?«
»Sie befand sich in einem Apartment, als der Wohnkomplex in Brand geriet«, sagte Kane. »Warum sie dort war, wissen wir noch nicht
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