Feuer Und Stein
einmal bei den Frasers, und ich habe bereits den Überblick verloren.«
Jamie rieb sich sinnend das Kinn. »Hmm. Nun, auf fraserscher Seite ist alles ein bißchen verwickelter, weil mein Großvater Simon dreimal verheiratet war; mein Vater hatte also etliche Halbbrüder und Halbschwestern. Belassen wir es einstweilen dabei, daß ich sechs Fraser-Onkel und drei Fraser-Tanten habe, die noch am Leben sind.«
»Ja, belassen wir es dabei.« Ich schenkte uns nach.
Die Ländereien der MacKenzies und der Frasers, berichtete Jamie weiter, grenzten aneinander, von der Küste bis zum unteren Ende von Loch Ness. Nahe dieser gemeinsamen Grenze, im südlichen Teil der Fraser-Ländereien, lag das Gut Broch Tuarach, Eigentum von Jamies Vater Brian Fraser.
»Es hat fruchtbaren Boden, und es gibt dort gute Fischgründe und ein schönes Stück Wald für die Jagd. Sechzig kleine Pachtgrundstücke und ein Dorf - es heißt Broch Mordha - gehören dazu. Es gibt ein neues Gutshaus«, sagte Jamie mit einigem Stolz, »und einen alten Steinturm, der jetzt als Stall und Getreidespeicher dient.
Dougal und Colum waren nicht sehr erbaut darüber, daß ihre Schwester einen Fraser heiraten wollte, und sie bestanden darauf, daß ihr das frasersche Land, das sie bewirtschafteten, auch gehören sollte. Und so wurde Lallybroch - so nennen es die Leute, die dort leben - auf meinen Vater übertragen; aber eine Klausel in der Übertragungsurkunde besagte, daß der Grund und Boden ausschließlich an die leiblichen Nachkommen meiner Mutter Ellen gehen sollte. Wenn sie kinderlos starb, würde er nach dem Tod meines Vaters, auch wenn er mit einer anderen Frau Kinder hatte, an den Herrn von Lovat zurückfallen. Doch mein Vater heiratete nicht wieder, und ich bin der leibliche Sohn meiner Mutter. Das heißt, Lallybroch gehört rechtmäßig mir.«
»Hast du nicht gestern behauptet, du hättest kein Eigentum?« Ich fand den Wein recht gut; je mehr ich davon trank, desto besser schien er mir. Ich dachte, daß ich bald damit aufhören sollte.
Jamie wiegte den Kopf. »Nun, Lallybroch gehört zwar mir, nur habe ich nicht viel davon, denn ich kann nicht hin.« Er blickte mich abbittend an. »Wegen dem Kopfgeld, das auf mich ausgesetzt ist.«
Nachdem er Fort William entronnen war, hatte man Jamie zu Dougal nach Hause gebracht, nach Beannachd (was »gesegnet« bedeutet), damit er von seinen Verletzungen und dem Wundfieber genas. Von dort war er nach Frankreich gegangen und hatte zwei Jahre mit dem französischen Heer in der Nähe der spanischen Grenze gekämpft.
»Du hast zwei Jahre bei den Franzosen gedient und bist noch Jungfrau?«
Jamies Mundwinkel zuckten, und er schaute mich von der Seite her an.
»Wenn du die Huren gesehen hättest, die das französische Heer begleiten, Sassenach, würdest du dich wundern, daß ich überhaupt noch den Mut habe, eine Frau zu berühren.«
Ich verschluckte mich und hustete, bis mir Jamie auf den Rücken klopfen mußte. Dann, außer Atem und mit rotem Gesicht, bat ich ihn, mit seiner Geschichte fortzufahren.
Er war vor ungefähr einem Jahr nach Schottland zurückgekehrt und hatte sechs Monate allein oder mit einer Gruppe »gebrochener Männer« - Leuten ohne Clanbindung - verbracht, im Wald von der Hand in den Mund gelebt oder im Grenzgebiet Vieh gestohlen.
»Und dann hat mir jemand mit einer Axt über den Schädel gehauen«, berichtete Jamie achselzuckend. »Für das, was in den nächsten zwei Monaten geschehen ist, muß ich mich auf Dougals Wort verlassen, denn ich habe von alledem nicht viel mitbekommen.«
Dougal war damals auf einem Gut in der Nähe gewesen. Von Jamies Freunden gerufen, hatte er es geschafft, seinen Neffen nach Frankreich zu bringen.
»Warum?« fragte ich. »Es war doch sicher ein enormes Risiko, dich so weit zu transportieren.«
»Es wäre gefährlicher gewesen, mich dort zu lassen, wo ich war. In dem Gebiet wimmelte es von englischen Patrouillen - die Jungs und ich waren nicht müßig gewesen -, und ich nehme an, Dougal wollte nicht, daß sie mich bewußtlos unter dem Dach eines Kätners fanden.«
»Oder in seinem eigenen Haus?« fragte ich ein wenig sarkastisch.
»Ich denke, er hätte mich dorthin gebracht, wenn nicht zweierlei dagegen gesprochen hätte«, erwiderte Jamie. »Zum einen hatte er Besuch von einem Engländer. Zum andern meinte er, so, wie ich aussähe, würde ich ohnehin sterben, und darum schickte er mich in die Abtei.«
Die Abtei Sainte Anne de Beaupré, an der französischen
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