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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zusammengehalten wurde.
    »Jamie sagt, es ist eine Verwünschung.«
    »Da hat er recht. Woher hast du es?«
    Ich erzählte ihr, wie ich das Büschel in meinem Bett gefunden hatte.
    »Am nächsten Tag fand ich es unter dem Fenster, wo Jamie es hingeworfen hatte. Ich wollte schon zu dir kommen und dich fragen, was es ist, hab’ es dann aber vergessen.«
    Sie klopfte mit einem Fingernagel nachdenklich gegen einen Schneidezahn und schüttelte den Kopf.
    »Nein, kann nicht behaupten, daß ich es weiß. Aber vielleicht gibt es eine Möglichkeit herauszufinden, wer dahintersteckt.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Komm morgen früh zu mir, dann werde ich es dir sagen.«
    Sie weigerte sich, mehr zu verraten, drehte sich schnell um, so daß ihr grüner Umhang im Wind flatterte, und ließ mir keine andere Wahl, als ihr zu folgen.
    Sie führte mich hoch hinauf. Etwa eine Reitstunde vom Dorf entfernt hielt sie bei einem Flüßchen an, über das Weidenzweige hingen.
    Wir durchquerten das Wasser und wanderten langsam die Hügel hinauf. Dabei sammelten wir späte Sommerpflanzen, die ersten reifen Beeren und gelbe Pilze, die in schattigen Schluchten an Baumstämmen wucherten.
    Geillis’ Gestalt verschwand im Farn, während ich anhielt, um etwas Espenrinde abzukratzen. Das Harz auf der papierartigen Rinde sah aus wie gefrorene Blutstropfen.
    Ein wimmerndes Geräusch schreckte mich aus meiner Versunkenheit, und ich schaute den Hügel hinauf, von wo es herzukommen schien.
    Da hörte ich es wieder: ein hohes, klägliches Schreien. Ich setzte meinen Korb ab und begann hinaufzusteigen.
    »Geillis!« rief ich. »Komm herauf. Jemand hat ein Baby ausgesetzt!«

    Atemlos hervorgestoßene Schimpfworte gingen ihr voraus, als sie sich durch das wirre Buschwerk nach oben kämpfte. Ihr Gesicht war erhitzt und ärgerlich, und in ihrem Haar steckten Blätter.
    »Was um Himmels willen -«, begann sie und schoß nach vorne. »Beim heiligen Jesus, leg es hin!« Sie riß mir das Baby aus den Armen und legte es dorthin zurück, wo ich es gefunden hatte, in eine glatte Vertiefung im Felsen. Auf einer Seite stand eine flache Holzschale mit Milch, und an den Füßen des Babys war ein kleiner Strauß Wildblumen.
    »Aber es ist krank!« protestierte ich und bückte mich wieder zu dem Kind. »Wer läßt ein krankes Kind allein hier oben?«
    Das Baby war offensichtlich ernsthaft krank; das verzogene Gesichtchen war grünlich, die Augen lagen tief in den Höhlen, und die kleinen Fäuste bewegten sich nur noch schwächlich. Das Kind hatte schlaff in meinen Armen gelegen; ich war erstaunt, daß es überhaupt noch die Kraft hatte zu schreien.
    »Seine Eltern«, sagte Geillis kurz und hielt mich zurück. »Laß es. Machen wir, daß wir fortkommen.«
    »Seine Eltern?« fragte ich entrüstet. »Aber -«
    »Es ist ein Wechselbalg«, zischte sie ungeduldig. »Laß es, und komm jetzt!«
    Sie zog mich mit sich fort und verschwand so schnell wie möglich im Unterholz. Protestierend folgte ich ihr den Hügel hinunter, bis wir atemlos und mit hochrotem Gesicht unten ankamen. Ich zwang sie anzuhalten.
    »Was soll das?« sagte ich vorwurfsvoll. »Wir können ein krankes Kind doch nicht einfach liegenlassen. Und was soll das heißen, es ist ein Wechselbalg?«
    »Weißt du nicht, was ein Wechselbalg ist? Wenn die Feen ein Menschenkind rauben, dann legen sie eins der ihren an seine Stelle. Du erkennst es daran, daß es die ganze Zeit schreit und nicht gedeihen will.«
    »Natürlich weiß ich, was es ist«, sagte ich. »Aber du glaubst diesen Unsinn doch wohl nicht, oder?«
    Sie warf mir einen sonderbaren Blick zu, voller Mißtrauen. Dann entspannten sich ihre Gesichtszüge und nahmen wieder den normalen Ausdruck von amüsiertem Sarkasmus an.
    »Nein, ich nicht«, gab sie zu. »Aber die Leute hier tun es.« Sie
schaute beunruhigt nach oben, aber es war nichts mehr zu hören. »Die Familie ist bestimmt in der Nähe. Laß uns gehen.«
    Widerstrebend ließ ich mich fortziehen.
    »Warum haben sie es dort oben hingelegt?« fragte ich, als ich mich auf einen Felsen setzte und mir die Strümpfe auszog, um durch einen Bach zu waten. »Hoffen sie, daß die Feen kommen und es heilen?« Ich machte mir noch immer Sorgen um das Kind; es war in einem schlimmen Zustand. Ich wußte nicht, was ihm fehlte, aber vielleicht konnte ich ihm helfen.
    Geillis könnte ja im Dorf bleiben, und ich würde dann zurückkommen und nach dem Kind sehen. Es müßte allerdings bald sein. Im Osten sammelten sich graue

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