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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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erwies sich als ebenso leer und unordentlich wie der Rest des Hauses.
    Mit wachsender Besorgnis ging ich nach oben. Das vordere Schlafzimmer war ebenfalls leer, aber ich hörte ein raschelndes Geräusch aus der Vorratskammer.
    Ich stieß die Tür auf, und da saß Geillis auf einem gemütlichen Stuhl und hatte die Füße auf den Tisch gelegt. Sie hatte offensichtlich getrunken; vor ihr standen ein Glas und eine Flasche, und es roch nach Brandy.
    Sie war völlig überrascht, mich zu sehen, kämpfte sich auf die Beine und lächelte mich an. Ihr Blick schien etwas verschwommen, aber einen kranken Eindruck machte sie nicht.
    »Was ist los?« fragte ich. »Bist du gar nicht krank?«
    Sie schaute mich erstaunt an. »Krank? Ich? Nein. Die Dienstboten sind alle weg, es gibt nichts zu essen im Haus, aber dafür viel Brandy. Willst du einen Schluck?« Sie wollte mir die Flasche reichen, aber ich packte sie am Ärmel.
    »Hast du nicht nach mir geschickt?«
    »Nein.« Sie starrte mich mit großen Augen an.
    »Aber warum -« Meine Frage wurde durch Gejohle und Gekreische unterbrochen, das sich dem Haus näherte. Ich hatte das schon einmal gehört, und zwar von diesem Zimmer aus, und meine Hände wurden feucht bei der Vorstellung, ich müßte dem Mob entgegentreten.
    Ich wischte mir die Hände am Rock ab. Das bedrohliche Lärmen kam näher, und ich hatte weder Zeit noch Lust, Fragen zu stellen.

25
    Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen
    Die in groben Wollstoff gehüllten Schultern verschwanden vor mir in der Dunkelheit. Ich erhielt einen Stoß, schlug mir schmerzhaft den Ellbogen an und fiel kopfüber in ein stinkendes Verlies. Ich schrie aus Leibeskräften, schlug um mich und bekam von einem winselnden Ungetüm einen heftigen Schlag auf den Schenkel.
    Es gelang mir, mich ein paar Fuß wegzurollen, bis ich an eine Erdwand stieß. Der Aufprall löste eine Drecklawine aus. Ich drückte mich so nah wie möglich an die Wand und hielt den Atem an, um zu hören, was sonst noch mit mir in diesem gottverlassenen Loch gefangen war. Da war irgend etwas Großes, das schwer schnaufte, aber wenigstens nicht knurrte. Ein Schwein vielleicht?
    »Wer ist da?« kam eine Stimme aus der abgrundtiefen Finsternis, zwar angstvoll, aber herausfordernd laut. »Claire, bist du es?«
    »Geillis!« Ich tastete mich zu ihr und bekam ihre Hände zu fassen. Wir klammerten uns aneinander und wiegten uns eine Weile hin und her.
    »Ist hier sonst noch jemand?« fragte ich und versuchte die Dunkelheit zu durchdringen. Von oben fielen ein paar fahle Lichtstrahlen herein, aber dennoch konnte ich Geillis’ Gesicht, das direkt vor mir war, kaum erkennen.
    Sie lachte zitternd. »Mäuse und sonstiges Getier. Und ein Gestank, der einem den Magen umdreht.«
    »Ja, der Gestank ist grausam. Wo um Gottes willen sind wir?«
    »Im Loch, in das man die Diebe wirft. Zurück!«
    Oben war ein knirschendes Geräusch zu hören, und plötzlich fiel ein Lichtstrahl herein. Ich drückte mich gerade noch rechtzeitig an die Wand, um der Kaskade von Dreck und Unrat auszuweichen, die durch eine kleine Öffnung in der Decke unseres Gefängnisses auf uns herunterfiel. Danach klatschte irgend etwas weich auf den Boden.
Geillis bückte sich und hob es auf. Die Luke an der Decke blieb offen, und so konnte ich sehen, daß sie einen kleinen Brotlaib in der Hand hielt, altbacken und dreckverschmiert. Sie wischte ihn vorsichtig mit einem Rockzipfel ab.
    »Abendessen«, sagte sie. »Hast doch bestimmt Hunger?«
     
    Abgesehen von den Wurfgeschossen, die die Passanten gelegentlich auf uns herabschleuderten, und dem feuchten Nieselregen kam durch die offene Luke nichts mehr herunter. Es war kalt und feucht und jammervoll. Äußerst passend für die Übeltäter, für die es gebaut war, Diebe, Landstreicher, Gotteslästerer, Ehebrecher … und Frauen, die man der Hexerei verdächtigte.
    Geillis und ich hatten uns dicht aneinandergekuschelt, um uns zu wärmen, und sprachen nicht viel. Es gab nicht viel zu sagen, und auch nichts zu tun, außer uns in Geduld zu üben.
    Das Loch über uns wurde allmählich dunkler, und die Nacht zog herauf, bis alles in tiefes Schwarz gehüllt war.
     
    »Wie lange, glaubst du, werden sie uns hier festhalten?«
    Geillis streckte die Beine aus, und das Morgenlicht fiel durch die kleine längliche Öffnung auf ihren gestreiften Leinenrock. Er war einmal rosa-weiß gewesen, aber das konnte man jetzt nur noch ahnen.
    »Nicht allzu lang«, sagte sie. »Sie warten auf

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