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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hinter zwei kräftigen Mönchen, die die Bahre trugen, auf der unser Schützling lag, durch das Tor der Abtei Ste. Anne de Beaupré.

38
    Die Abtei
    Die Abtei war ein riesiges Bauwerk aus dem zwölften Jahrhundert. Die Mauern, die sie umgaben, schützten sie vor den Attacken des Meeres und vor Eindringlingen aus dem Hinterland. Nun, da die Zeiten friedlicher waren, standen die Tore offen, um den Austausch mit dem nahe gelegenen Dorf zu erleichtern. Den Zellen des Gästeflügels war durch Wandbehänge und bequemes Mobilar etwas von ihrer Strenge genommen worden.
    Ich erhob mich von dem Polsterstuhl in meinem Zimmer, ohne recht zu wissen, wie man einen Abt begrüßt; kniete man sich hin und küßte seinen Ring, oder war das nur beim Papst angebracht? Ich entschied mich für einen respektvollen Knicks.
    Jamies schräge Katzenaugen kamen in der Tat von der Fraserseite. Ebenso das feste Kinn, auch wenn es bei meinem Gegenüber weitgehend von einem schwarzen Bart verdeckt war.
    Abt Alexander hatte auch den breiten Mund seines Neffen, obwohl es so schien, als würde er damit seltener lächeln. Die schrägen blauen Augen blieben kühl und abschätzend, als er mich mit einem netten Lächeln begrüßte. Er war um einiges kleiner als Jamie, ungefähr so groß wie ich, und untersetzt. Zwar trug er die Soutane eines Priesters, hatte aber den Gang eines Kriegers. Ich hielt es für wahrscheinlich, daß er in seinem Leben schon beides gewesen war.
    »Seien Sie willkommen, ma nièce «, sagte er mit einer leichten Verbeugung. Ich war überrascht von der Begrüßung und erwiderte die Verbeugung.
    »Ich danke Ihnen für Ihre Gastfreundschaft. Haben Sie - haben Sie Jamie schon gesehen?« Die Mönche hatten Jamie mitgenommen, um ihn zu baden, ein Vorgang, dem ich hier besser nicht beiwohnte.
    Der Abt nickte. »O ja«, sagte er. Sein kultiviertes Englisch hatte
einen leichten schottischen Akzent. »Ich habe ihn gesehen. Ich habe Bruder Ambrosius beauftragt, sich um seine Wunden zu kümmern.« Ein gewisser Zweifel mußte sich auf meinem Gesicht gezeigt haben, denn er sagte trocken: »Machen Sie sich keine Sorgen, Madame; Bruder Ambrosius ist höchst kompetent.« Er betrachtete mich unverhohlen prüfend, mit einem Blick, der dem seines Neffen irritierend ähnlich war.
    »Murtagh sagte, Sie wären selbst eine ausgezeichnete Heilerin.«
    »Das bin ich«, gab ich schlicht zurück.
    Das entlockte ihm ein echtes Lächeln. »Wie ich sehe, gehört falsche Bescheidenheit nicht zu Ihren Untugenden.«
    »Ich habe andere.«
    »Wie wir alle. Bruder Ambrosius wird sich sicherlich gerne mit Ihnen austauschen.«
    »Hat Murtagh Ihnen gesagt… was geschehen ist?« fragte ich zögernd.
    Der breite Mund wurde schmal. »Das hat er. Jedenfalls, soweit er es weiß .« Er erwartete offenbar weitere Mitteilungen von mir, aber ich schwieg.
    Es war deutlich, daß er gerne Fragen gestellt hätte, aber er besaß die Höflichkeit, mich nicht zu drängen. Statt dessen hob er die Hand, um das Gespräch mit einer Geste zu Ende zu bringen.
    »Seien Sie willkommen«, sagte er noch einmal. »Ich werde einen Bruder beauftragen, Ihnen etwas zu essen zu bringen und« - er musterte mich -, »eine Waschschüssel.« Er segnete mich, entweder zum Abschied oder um den Schmutz zu exorzieren, und verschwand mit einer Drehung, die seine schwarzen Röcke aufwirbeln ließ.
    Plötzlich merkte ich, wie müde ich war, und sank aufs Bett. Ich fragte mich, ob ich mich lang genug wach halten könnte, um zu essen und mich zu waschen, und war eingeschlafen, bevor ich eine Antwort darauf gefunden hatte.
     
    Ein schrecklicher Alptraum quälte mich. Jamie befand sich auf der anderen Seite einer Steinmauer, die keine Tür hatte. Ich hörte ihn schreien, wieder und wieder, aber ich konnte nicht zu ihm gelangen. Ich hämmerte mit den Fäusten an die Wand, aber meine Hände sanken in den Stein, als wäre es Wasser.
    »Au!« Ich setzte mich auf dem schmalen Bett auf und griff nach meiner Hand, mit der ich an die unnachgiebige Wand neben meinem
Bett geschlagen hatte. Ich steckte die pochende Hand zwischen meine Schenkel und schaukelte hin und her, als ich plötzlich merkte, daß da immer noch jemand schrie.
    Mit einem Satz war ich aus dem Bett und rannte auf den Flur. Die Tür zu Jamies Zimmer stand offen, und flackerndes Licht fiel auf den Gang.
    Ein Mönch, den ich nicht kannte, war bei Jamie und hielt ihn fest. Durch den Verband am Rücken war wieder frisches Blut gesickert, und seine Schultern

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