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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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gesagt?« erkundigte ich mich bei meiner Dolmetscherin.
    »Er hat die Fäuste statt des Gürtels gewählt. Ein Mann darf das, eine Frau nicht.«
    »Die Fäuste?« Ich hatte keine Zeit weiterzufragen. Der Vollstrecker holte aus und stieß seine schinkengroße Faust in Jamies Bauch; der junge Mann krümmte sich, und aller Atem entwich aus ihm. Der Riese wartete, bis er sich wieder aufgerichtet hatte, dann kam er näher und versetzte ihm ein paar scharfe Hiebe gegen Rippen und Arme. Jamie unternahm nichts zu seiner Verteidigung; er verlagerte nur dann und wann sein Gewicht, um dem Hagel standzuhalten.
    Der nächste Schlag traf ihn ins Gesicht. Ich zuckte zusammen und schloß unwillkürlich die Augen, als es Jamies Kopf nach hinten riß. Der Vollstrecker ließ sich Zeit; er achtete sorgfältig darauf, daß sein Opfer nicht zu Boden ging. Es war sozusagen eine wissenschaftliche Tracht Prügel, die mit äußerstem Geschick darauf abzielte, Schmerzen zu bereiten, aber weder zu versehren noch zu entstellen. Gewiß, eines von Jamies Augen schwoll zu, und er keuchte, doch ansonsten schien es ihm nicht allzu schlecht zu gehen.
    Trotzdem war ich in höchster Sorge; schließlich konnte einer der
Schläge die verletzte Schulter in Mitleidenschaft ziehen. Noch hielt mein Verband, aber lange würde er eine solche Behandlung nicht überstehen. Wie lange sollte das denn noch dauern? Im Saal war es still bis auf das dumpfe Klatschen der Schläge.
    »Sobald Blut fließt, hört Angus auf«, flüsterte Mrs. FitzGibbons, als hätte sie meine stumme Frage erraten. »Gewöhnlich, wenn die Nase gebrochen ist.«
    »Das ist barbarisch«, zischte ich wild. Einige Leute schauten mich rügend an.
    Der Vollstrecker kam jetzt anscheinend zu dem Schluß, daß die Bestrafung lange genug gewährt hatte. Er holte aus und ließ einen letzten gewaltigen Fausthieb los; Jamie taumelte und fiel auf die Knie. Die beiden Wachen eilten hinzu, um ihn auf die Beine zu ziehen, und als er den Kopf hob, sah ich, daß aus seinem Mund Blut rann. Die Menge summte erleichtert; der Vollstrecker trat zurück, offenbar zufrieden, daß er seine Pflicht erfüllt hatte.
    Eine Wache hielt Jamie beim Arm und stützte ihn, während er den Kopf schüttelte, um Klarheit hineinzubekommen. Das Mädchen war verschwunden. Jamie blickte auf und schaute dem Vollstrecker in die Augen. Erstaunlicherweise lächelte er wieder. Seine blutigen Lippen bewegten sich.
    »Danke«, sagte er mit einiger Mühe und verneigte sich höflich vor dem Riesen, ehe er sich zum Gehen wandte. Die Aufmerksamkeit der Menge richtete sich wieder auf den MacKenzie und den nächsten Fall.
    Ich sah, wie Jamie den Raum durch die Tür am hinteren Ende verließ. Da er mir jetzt wichtiger war als das Geschehen im Saal, verabschiedete ich mich rasch von Mrs. FitzGibbons und drängte mich durch die Menge, um Jamie zu folgen.
    Ich fand ihn auf einem kleinen Nebenhof, wo er an einem Ziehbrunnen lehnte und sich den Mund mit dem Hemdzipfel abtupfte.
    »Hier, nimm das«, sagte ich und reichte ihm ein Tuch.
    »Mhm.« Er nahm es mit einem Laut entgegen, den ich als Danksagung deutete. Eine blasse, wäßrige Sonne war inzwischen durch die Wolken gedrungen, und ich betrachtete den jungen Mann in ihrem Licht. Die Unterlippe war aufgeplatzt, ein Auge zugeschwollen - das schienen die Hauptverletzungen zu sein, obwohl es außerdem an Kiefer und Hals ein paar Stellen gab, aus denen sich bald blaue Flecke entwickeln würden.
    »Bist du im Mund auch verletzt?«
    »Mhm.« Jamie bückte sich, und ich stülpte behutsam die Lippe um und untersuchte die Mundhöhle. Im schimmernden Fleisch der Wange klaffte eine Wunde, und die rosige Innenseite der Lippe war ein bißchen verletzt. Blut und Speichel tropften ihm aus dem Mund.
    »Wasser«, sagte Jamie mit einiger Mühe und tupfte das blutige Rinnsal an seinem Kinn ab.
    »Sofort.« Zum Glück standen auf dem Rand des Brunnens ein Eimer und ein Becher. Jamie spülte sich den Mund aus und spritzte sich dann Wasser ins Gesicht.
    »Warum hast du das getan?« fragte ich neugierig.
    »Was?« sagte er, während er sich aufrichtete und sich das Gesicht am Ärmel abwischte.
    »Warum hast du dich anstelle des Mädchens bestrafen lassen? Kennst du sie?« Ich fragte es mit einer gewissen Scheu, aber ich wollte wirklich erfahren, was hinter dieser ritterlichen Geste steckte.
    »Ich weiß, wer sie ist. Hab aber nie mit ihr gesprochen.«
    »Warum hast du es dann getan?«
    Jamie zog die Schultern hoch, eine

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