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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Bewegung, die ihn zusammenzucken ließ.
    »Es hätte Schande über das Mädel gebracht, beim Gericht geschlagen zu werden. Für mich war’s leichter.«
    »Leichter?« wiederholte ich ungläubig. Jamie befühlte mit der freien Hand behutsam seine Rippen. Dann schaute er auf und grinste, wenn auch ziemlich schief.
    »Aye. Sie ist noch sehr jung. Sie wäre vor allen Leuten beschämt worden, und es hätte lange gedauert, bis sie das überwunden hätte. Ich habe ein paar blaue Flecken davongetragen, ansonsten hat es mir nicht allzusehr geschadet, und in ein paar Tagen bin ich darüber hinweg.«
    »Aber warum du?« erkundigte ich mich. Ich hatte den Eindruck, daß Jamie das für eine sonderbare Frage hielt.
    »Warum nicht?« erwiderte er.
    »Nun, man könnte meinen, ein Durchschuß durch den Kappenmuskel spräche dagegen«, versetzte ich trocken.
    Jamie betrachtete mich amüsiert und fingerte an der fraglichen Stelle herum.
    »Kappenmuskel heißt das, ja? Wußte ich nicht.«

    »Ach, hier bist du, Junge! Wie ich sehe, hast du schon eine Heilerin gefunden; vielleicht werde ich gar nicht mehr gebraucht.« Mrs. FitzGibbons kam auf den Hof gewatschelt. Sie brachte ein Tablett mit mehreren Gefäßen, einer großen Schale und einem sauberen Leinentuch.
    »Ich habe nur Wasser aus dem Brunnen geholt«, sagte ich. »Er ist nicht schlimm verletzt, glaube ich, und ich weiß nicht genau, was wir tun können, außer ihm das Gesicht zu waschen.«
    »Oh, man kann immer etwas tun«, erwiderte Mrs. FitzGibbons ruhig. »Das Auge, Junge - zeig mal her.« Jamie setzte sich gehorsam auf den Brunnenrand und wandte ihr das Gesicht zu. Ihre Wurstfinger drückten behutsam gegen die violett verfärbte Schwellung und hinterließen weiße Dellen, die rasch verschwanden.
    »Unter der Haut blutet’s noch. Da werden Egel helfen.« Mrs. FitzGibbons hob den Deckel von der Schale und zeigte uns ein paar kleine, dunkle, nacktschneckenartige Gebilde, die drei bis fünf Zentimeter lang und mit einer ekelhaften Flüssigkeit überzogen waren. Sie nahm zwei Blutegel heraus und setzte einen an der Braue und den anderen genau unter dem Auge an.
    »Wenn die Wunde nicht mehr geschwollen ist, nützen Egel nichts«, erklärte sie. »Aber wenn die Schwellung frisch ist, dann heißt das, daß unter der Haut noch Blut fließt, und das können die Egel herausziehen.«
    Ich sah ebenso fasziniert wie angewidert zu. »Tut das nicht weh?« fragte ich Jamie. Er schüttelte den Kopf, und die Egel schlenkerten obszön hin und her.
    »Nein. Fühlt sich ein bißchen kalt an. Das ist alles.« Mrs. FitzGibbons klapperte geschäftig mit ihren Gefäßen.
    »Viele Menschen verwenden Egel falsch«, fuhr sie fort. »Sie sind manchmal sehr hilfreich, aber man muß genau Bescheid wissen. Wenn man sie an eine alte Wunde setzt, nehmen sie gesundes Blut weg, und das tut nicht gut. Man muß auch darauf achten, daß man nicht zu viele auf einmal nimmt; wenn jemand sehr krank ist oder schon Blut verloren hat, schwächen sie ihn.«
    Ich lauschte respektvoll und prägte mir alles gut ein, obwohl ich dringend hoffte, daß ich nie genötigt sein würde, davon Gebrauch zu machen.
    »Und jetzt spülst du dir den Mund mit dieser Flüssigkeit aus, Junge; das wird die Wunden reinigen und deine Schmerzen lindern.
Tee aus Weidenrinde«, erklärte mir Mrs. FitzGibbons, »und ein bißchen gemahlene Veilchenwurzel.« Ich nickte, da ich mich vage erinnerte, in einer längst vergangenen Botanikstunde gehört zu haben, daß Weidenrinde Acetylsalicylsäure enthält, den Wirkstoff von Aspirin.
    »Erhöht die Weidenrinde nicht die Blutungsneigung?« fragte ich. Mrs. FitzGibbons nickte.
    »Doch. Manchmal. Deshalb geben wir hinterher in Essig eingeweichtes Johanniskraut; das stillt die Blutung.« Jamie spülte sich den Mund mit der adstringierenden Lösung aus; dabei tränten ihm die Augen, weil der Essig brannte.
    Die Blutegel waren unterdessen auf das Vierfache ihrer normalen Größe geschwollen. Ihre dunkle, schrumpelige Haut hatte sich gestrafft und schimmerte; sie sahen beinahe wie runde, polierte Steine aus. Einer löste sich plötzlich und fiel zu Boden. Mrs. FitzGibbons hob ihn flink auf und legte ihn in die Schale zurück. Vorsichtig zog sie am anderen Egel.
    »Nie fest daran reißen, Mädel«, sagte sie. »Manchmal platzen die Egel nämlich.« Bei der Vorstellung schauderte ich unwillkürlich. »Aber wenn sie fast voll sind, gehen sie leicht ab. Anderenfalls läßt man sie einfach, wo sie sind, bis sie

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