Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
Show?«
»Mit Sicherheit ...«, grinst der Enkel.
Bedächtig neigt Andrew den Kopf. »Dann wäre das geklärt.«
Damit nimmt er sein Martiniglas, was bedeutet, dass die Audienz beendet ist. Mehr kann er nicht verlangen. Alles Weitere wird sich finden oder eben nicht. Der Nachfahre macht auf ihn nicht den Eindruck, als würde er die Mädchen reihenweise konsumieren. Wenn er Claudias Alibifreund mimte, hatte er am College garantiert keinen ausufernden Verschleiß an Frauen. Den hatte Andrew übrigens auch nie. Faktisch gab es nicht eine Freundin unter seinen Kommilitoninnen, dazu fehlten ihm sowohl Zeit als auch Interesse. Es war nicht seine Schuld, dass sie sich durch seine strikten Zurückweisungen verletzt fühlten. Was immer seine Vamp–Schwester zu wissen glaubt, es entspricht nicht der Realität. Julia kennt die Wahrheit, Claudia natürlich nicht.
Junge Mädchen interessierten Andrew noch nie, emotional motivierte Beziehungen schon gar nicht. Seine Liebschaften basieren auf Verträgen, die vorab bis ins kleinste Detail geklärt werden. Nie hätte er sein Studium vernachlässigt, um sich damit zu beschäftigen, weinende Exfreundinnen zu trösten oder sich mit ähnlich gelagerten Unannehmlichkeiten herumzuschlagen. So blieb es auch nach dem College. Einer ‚echten‘ Liebelei ging er tunlichst aus dem Weg, denn die verursachen nur Komplikationen und Ärger.
Zumindest war es so bis vor sechs Tagen.
Und Andrews Befürchtungen haben sich ja wohl zu einhundert Prozent bestätigt, nicht wahr? Kaum lässt er sich auf eine normale Beziehung ein, geht er in den Problemen schier unter. Mit einem Schlag hat er all das, was er nie wollte: Eifersucht, Sehnsucht, unerfülltes Verlangen, Tränen, Kummer – Liebe. Allerdings anscheinend ausschließlich auf seine Person bezogen, was ihn einigermaßen verwundert. Er vernachlässigt auf unverantwortliche Weise seine Aufgaben, verhält sich undiszipliniert, wie nie zuvor in seinem Leben, suhlt sich am Boden und beschmiert sich mit Fett, lässt sich Wein ins Gesicht schütten, schneidet sich in den Arm ...
Ja, genau deshalb hat er bisher jene Kapriolen des Liebeslebens immer weiträumig gemieden.
Andrew seufzt. Okay, das ist nicht die ganze Wahrheit. Hätte er Josie vor fünf Jahren kennengelernt, ihr Alter einmal außer Acht gelassen, wäre er bereits damals im Chaos versunken. Er ist der Liebe nicht aus dem Weg gegangen – bis zum letzten Montag war er ihr schlicht und ergreifend nicht begegnet. Inzwischen ist ihm scheißegal, dass sein Leben in einem Tohuwabohu untergeht. Eigentlich ist ihm überhaupt alles scheißegal. Das Einzige, was ihn wirklich interessiert ist, dass Josie bei ihm bleibt. Mit allem anderen kann er umgehen. Welche Schwierigkeiten sich ihm auch in den Weg stellen mögen, er wird es mit ihnen aufnehmen. Und er wird siegen. So einfach ist die ganze Angelegenheit.
Eine Weile grübelt Andrew darüber nach, wie es sich anfühlt, zum ersten Mal in seinem Leben die Herrschaft zu verlieren, nicht eingreifen und die Dinge nicht in die ungefährlichen Bahnen lenken zu können. Sie entwickeln sich jenseits seiner Kontrolle und er befindet sich mitten in diesem Strudel, obwohl er keine Ahnung davon hat, wie man sich über Wasser hält.
Selbstverständlich hätte er sich als Nichtschwimmer für den Anfang im seichten Gewässer aufhalten sollen, um die härteren Strömungen später anzugehen, wenn er das Schwimmen erlernt hat. Aber in dieser Beziehung hat es das flache Uferstück nie gegeben. Im Moment existiert nicht einmal eine Küste. Es gibt nur diesen äußerst gefährlichen Sog, in dem Josie und er treiben. Und er kann nur hoffen, dass sie das Ufer entdecken, um dann mit sehr viel Glück, vielleicht sogar einen Weg dorthin zu finden ...
Es ist möglich, sofern es ihm gelingt, das Rätsel um ihr seltsames Verhalten zu lösen und dafür zu sorgen, dass sie nicht ständig droht, einen unvermuteten Erstickungstod zu sterben. Das ist mit Abstand sein größtes Problem.
Eigentlich ist es egal, ob sie irgendwann mit ihm schlafen wird. Sie gehört zu ihm und daran wird sich nichts ändern. Ihm ist klar, dass ihn das unter Umständen zu einem höchst unglücklichen Dasein verurteilt, aber ihm bleibt keine Wahl! Er kann nicht mehr ohne sie leben. Das ist so irre, wie wahnwitzig. Innerhalb von sechs Tagen wurde sein Schicksal in die Hände eines einzigen Menschen gelegt. Von bewusster Entscheidung weit entfernt, ist es einfach geschehen.
Josie ist
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