Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
Blick gesenkt und macht fruchtlose Anstalten, ihn wegzuschieben. Warum tut sie das? Er hätte sie gegen ihren Willen geküsst, wäre das erforderlich geworden, weil er ahnt, dass er sie auf diese Art umstimmen kann. So weit ist es glücklicherweise nicht gekommen. Weshalb benimmt sie sich denn nicht normal, damit er weiß, woran er bei ihr ist? Diese Person verwirrt ihn und das wirft einen Menschen wie Andrew völlig aus der Bahn. Der Druck ihrer Hände verstärkt sich und sie stößt gehetzt die Luft aus. Allerdings hat er nicht die Absicht, sie loszulassen. Stattdessen überwindet er die letzte Distanz und sie ist endgültig gefangen.
»Sag, dass du bei mir bleibst«, fordert er, noch immer heiser.
Mit geschlossenen Augen kämpft sie gegen ihn an, ohne je eine Chance gehabt zu haben. »Ich akzeptiere deine Kündigung nicht ...«, informiert er sie als Nächstes.
»Das. Kannst. Du. Nicht. Tun!« Verzweifelt versucht sie, ihn von sich zu schieben.
»Ach nein?«
»Nein!« Ihre Lider fliegen auf und sie starrt ihn wütend an, ihr kommen die Tränen; Andrew vermutet, dass ihr Zorn die Ursache ist. »Wenn du mich nicht sofort loslässt, schreie ich!«
Verhalten und durchaus amüsiert lacht er auf. »Ich glaube nicht, dass sich jemand dafür interessieren würde. Aber nur zu! Versuch es! Schreist du, küsse ich dich!«
Seine Arme legen sich fest um den fragilen Körper, hindern sie daran, sich zu bewegen. Doch Josie wütet weiter, das Weinen nimmt zu, während ihre Fäuste wild auf ihn einschlagen. Mit einer Hand fängt Andrew ihre Gelenke ein, um auch das zu unterbinden. Inzwischen ist sie ein einziges Beben. Sie zittert unkontrolliert, die durchsichtigen flüssigen Perlen strömen nur so an ihren Wangen hinab, und irgendwann ergibt sie sich endlich. Hemmungslos schluchzend sinkt ihr Kopf an seine Brust.
Erst als er meint, dass es sicher ist, gibt er sie behutsam frei und streichelt ihr Haar, wobei er inständig hofft, das Richtige zu tun. »Es wird alles gut«, hört er sich dabei sinnigerweise murmeln. »Es wird wirklich alles gut.«
Wen er davon zu überzeugen beabsichtigt, ist ihm schleierhaft. Josie oder sich selbst – möglicherweise sie beide. Denn plötzlich will er tatsächlich verzweifelt, dass alles gut wird, man kann ohne Übertreibung behaupten, dass dies sein augenblicklich größter Wunsch ist.
Ihr Weinen steigert sich zusehends, bald ist sie in ihrem Heulkrampf restlos gefangen, womit sie sich in seinen Armen fallen lässt und er gezwungen wird, fester zuzupacken, damit sie nicht zu Boden stürzt. Was geschieht gerade mit ihr? Andrew hat nicht die geringste Ahnung, in Wahrheit weiß er momentan nur eines mit Bestimmtheit: Er darf sie nicht verlieren!
Was immer dieses Wesen an sich hat, mit ihr fühlt er sich wohl – eine Vokabel, die bis vor wenigen Stunden nicht in seinen Wortschatz gehörte und die er womöglich nicht einmal definieren konnte. Darüber hinaus gibt es einen weiteren, durchaus relevanten Grund:
Bei ihr bekommt er Schlaf.
SCHLAF!
Das mag für jeden beschissenen Durchschnittsmenschen nicht der Rede wert sein. Doch für ihn ist es mehr als nur ein Wunder: Es beschreibt den Himmel schlechthin.
Josephine Kent besitzt die Macht, ihm dieses Paradies zu bereiten, ergo ist sie urplötzlich das Wichtigste in seinem Leben, und er wird ihr alles andere unterordnen. Ihm bleibt überhaupt keine Wahl, bis gestern Nachmittag hat nämlich er nicht zu hoffen gewagt, auch nur ein einziges Mal ohne zu schreien aufwachen zu dürfen. Sie ist seine Rettung und er muss sie halten! Egal was es ihn, vielleicht sogar sie kostet ...
Er kann sich nicht mehr an das Gefühl erinnern, ausgeschlafen zu sein. Diese lähmende Müdigkeit ist allgegenwärtig. Sie gehört zu seinem Tagesablauf wie der DS. Ihm wird ständig nachgesagt, er sei der ultimative Frauentyp. Die Art von Mann, den die Frauen ansehen und dahinschmelzen. An dieser Aussage hegt er einige Zweifel, denn Fakt ist eines: Höchstwahrscheinlich fristet Andrew Norton als der Mensch mit den schwärzesten Augenringen auf Erden sein Dasein.
Er ist müde!
Und dieses Mädchen, das im Moment hemmungslos schluchzend in seinen Armen liegt, ist der Schlüssel zu seinem Schlaf! Seine persönliche Erlösung – wer auch immer sie ihm gesandt hat, tat es nicht grundlos. Inzwischen glaubt er fest daran.
Nur geht es seinem privaten Wunder zumindest derzeit nicht sonderlich gut. Das muss er korrigieren, und zwar so schnell wie möglich.
Suchend sieht er
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