Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
Nitroglyzerin eintritt, konzentriert sich Andrew bereits wieder auf das Wikipedia Memo.
Mittlerweile ist er so zornig, dass sein Blick wohl nicht besonders freundlich ausfällt, denn als er aufsieht, weicht sie unwillkürlich zurück. Eilig zwingt er seine Mundwinkel nach oben. »Danke.«
»Bitte, Sir.« Klar und deutlich.
Schon lässt sie offenkundige Anstalten erkennen, hinauszugehen, aber Andrew bereitet diese »Ja, Sir«, und »Nein, Sir«, Geschichte Spaß. Irgendwie macht es den Eindruck eines absurden Rollenspiels und das gefällt ihm sogar außerordentlich. »Oh ... Miss Kent?«
Fragend schaut die Angesprochene zu ihm. »Ja, Sir?«
»Kommen Sie doch bitte noch einmal her!«
Selbstverständlich taucht sofort der berüchtigte Argwohn auf, und den Hass kann Andrew ebenfalls ausmachen – der ist ja stets anwesend. Aber sie macht kehrt und folgt seiner Anweisung. Fast. Denn Josie bleibt vor seinem Schreibtisch stehen. Geduldig schüttelt er den Kopf. »Zu mir!«
Mit tief gefurchter Stirn, und nachdem sie eilig zur Tür gesehen hat, aus welchem Grund auch immer, tritt sie einschließlich misstrauischer Miene um den Tisch. Einen halben Meter vor ihm stoppt sie.
»Zu mir, Miss Kent!«
Während sie sich langsam nähert, versucht sie, ihre steigende Unsicherheit zu verbergen. Andrew beschließt, die Taktik zu ändern. »Was denkst du?«, erkundigt er sich, sobald sie ihn erreicht.
»Ich weiß nicht, was du von mir willst«, erwidert sie nach flüchtigem Zögern.
»Oh, das lässt sich einfach in Worte fassen, Miss Kent. Dich!«
Wenn Blicke töten könnten, hätte er einmal mehr soeben das Zeitliche gesegnet, doch er ignoriert diesen verwirrenden Aspekt ihrer sonst tatsächlich zauberhaftenGesamterscheinung. »Damit meine ich Miss Josephine Kent«, informiert er sie. »Nicht nur die süße Josie, die mir den Verstand raubt. Verstehst du das?«
»Nein.« Es kommt zickig.
»Was ist daran so unverständlich?«
»Weshalb solltest du das wollen?« Das klingt sogar noch zickiger und im gleichen Maße irritiert.
Kalkulierend mustert Andrew sie. »Wenn dieser Smith verschwunden ist, würdest du dich mit mir darüber unterhalten?«
Es geht ein atemloser Moment ins Land, bis sie zögernd nickt.
»Hier oder lieber in der Öffentlichkeit? In einem Café oder etwas in der Art?«
Erneut muss sie überlegen und begutachtet intensiv ihr Umfeld, bevor sie antwortet. »Nein, es kann auch hier sein.«
Gut, soweit vertraut sie ihm also. Andrews Lächeln vertieft sich. »Verstößt es gegen deine Würde, wenn wir ... nur so lange sich niemand anderes im Raum befindet ... ab und an ...« Erbost verstummt er. Ha! Andrew Norton hat tatsächlich Schwierigkeiten, sich zu artikulieren. Perfekt! Er verspürt Angst vor ihrer Zurückweisung.
Du bist so ein verdammtes Arschloch! Waschlappen! Muttersöhnchen! Verzogenes Baby!
›Jawohl‹ bestätigt er, bereits wieder gelassen und grinst beinahe. Was ist er doch für ein Baby.
»Was ich eigentlich sagen wollte ... Dein Rock ist verdammt kurz, Miss Kent und deine Augen verdammt groß, deine Lippen sind süß und dein Haar so wahnsinnig lang. Ich ...« Sie steht immer noch vor ihm und unvermittelt hellt sich ihre Miene auf. Dann kommt Miss ich überrasche meinen Boss wirklich regelmäßig, Kent zum Vorschein. Denn sie lehnt sich vor, wenn auch etwas linkisch, und versucht, ihn an seinen geschlossenen Beinen vorbei zu erreichen. Eilig nimmt er die Knie auseinander und zieht sie an sich. Wie von selbst wandern ihre Hände in sein Haar, und als sie ihn küsst, zwingt Andrew sich zur absoluten Reglosigkeit. Der Argwohn ist nämlich leider keineswegs verschwunden.
Was für eine seltsame Person!
Sämtliche Ratgeber für Männer über Frauen müssen neu geschrieben werden. Nichts stimmt bei ihr!
Ihr Kuss ist sanft, unschuldig und kurz. Als sie sich von ihm löst, mustert er sie lächelnd. »Du hast keine Ahnung, wie süß du bist.«
»Falsch«, wispert sie und betrachtet ihn plötzlich versonnen. »Du hast keine Ahnung, wie ...« Angestrengt sucht sie nach Worten und wird tatsächlich rot. Es gelingt ihr jedoch fortzufahren, »... wie ... wie ... ich ...«
»Schon gut«, sagt er schnell. »Ich verstehe, was du sagen willst.«
»Ja?« Schon sind die nächsten Zweifel vor Ort, doch bevor er etwas erwidern kann, klopft es an der Tür zum Vorzimmer, weshalb er sie hastig von sich schiebt.
»... dann legen Sie mir bitte den letzten Quartalsbericht aus Südostasien vor.« Josie
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