Feuergipfel
bleiben, um Hunters Zeit und Aufmerksamkeit nicht über Gebühr in Anspruch zu nehmen.
Der hatte nur wenig geschlafen seit dem ersten Angriff. Er gönnte sich kaum eine Pause, um zu essen. Den größten Teil seiner Zeit war er ununterbrochen auf den Beinen, während er von
Mann zu Mann ging und sich um ihre Bedürfnisse kümmerte. Wenn er innehielt, um mit jemandem zu sprechen, dann drehte sich die Unterhaltung ausschließlich um den richtigen Schußwinkel, die Rationierung von Munition und um die Einteilung der Wachen: Auf diese Weise verschaffte er jenen Männern eine kurze Ruhepause, deren Durchhaltevermögen angeschlagen war.
Elyssa wußte, der Druck, der auf Hunter lastete, war derart groß, daß er kaum Zeit hatte zu atmen, geschweige denn, die Ängste eines Mädchens zu beschwichtigen, das keinerlei Anspruch auf ihn hatte.
Eine sorgsam abgeschirmte Laterne lieferte die einzige Beleuchtung in der Küche, die zu Hunters Kommandozentrale geworden war. Das rote Licht verlieh allem eine seltsam gespenstische Färbung.
Mit einem sehnsüchtigen Blick prägte Elyssa sich Hunters Züge ins Gedächtnis ein. Sein schwarzes Haar war zerzaust, als hätten es gerade seine Finger durchpflügt. Die Haut spannte sich straff über seinen Wangenknochen und der Stirn. Das Kinn war von einem schwarzen Bartschatten bedeckt. Müdigkeit und Anspannung hatten dunkle Ringe unter seine Augen gezeichnet, dennoch trübte nichts die Klarheit seines Blickes. Er erteilte Anweisungen in schnellem, ruhigem Ton.
»Ma’am?« meinte Sonny »Sollten Sie nicht unten im Keller sein?«
»Ich kann genausogut schießen wie die meisten Männer hier und beträchtlich besser als diejenigen, die noch auf ihren Pritschen liegen.«
Sonny wollte Einwände erheben. Ein kurzer Befehl von Hunter ließ den jungen Mann im Laufschritt auf seinen Posten zurückkehren.
»Geh wieder nach unten«, sagte nun auch Hunter zu Elyssa.
»Ich bin hier oben von größerem Nutzen.«
Hunter zögerte. Er wollte Elyssa unten im Keller in Sicherheit wissen; andererseits brauchte er dringend mehr Gewehrschützen, besonders jetzt.
Wenn das Haus Feuer fing, würde es für sie alle unausweichlich den Tod bedeuten.
»Morgan«, rief Hunter ihn zu sich.
»Yo.«
»Übernimm Cases Posten im oberen Stock. Elyssa wird deinen besetzen.«
Morgan griff nach seiner Büchse und einer Schachtel zusätzlicher Munition, tippte, Elyssa flüchtig grüßend, an seine Hutkrempe und stieg nach oben.
Ohne Hunter weiter zu behelligen eilte Elyssa aus der Küche, um Morgans Posten am Fenster einzunehmen.
Die Berge ragten wie eine massive Wand über allem auf, schwärzer als die Nacht selbst. Elyssa war überrascht zu sehen, daß es immer noch dämmrig war. Die Zeit hatte alle Bedeutung verloren unten im Keller, wo es keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht gab.
Auf dem Dach war das Krachen von Gewehrfeuer zu hören, als Case eine Fackel entdeckte. Elyssa sah sie ebenfalls. Der Bandit mußte im Galopp auf das Ranchhaus zugekommen sein. Die Fackel hüpfte und schwankte bei jedem weitausholenden Schritt des Pferdes.
Plötzlich flog die Fackel in hohem Bogen durch die Luft, landete auf dem Boden und blieb dort liegen, während sie langsam verlöschte.
Sekunden später ertönten Schüsse von allen Seiten, als weitere Männer mit Fackeln auf die Ranch zustürmten. Elyssa feuerte auf den Banditen, der dem Haus am nächsten war, unterstützt von den beiden Männern rechts und links neben ihr. Sie wußte nicht, wer von ihnen den Schurken schließlich traf. Jedenfalls rückte die Fackel nicht näher an das Haus heran.
Es war der erste von vielen solchen Angriffen. Manchmal handelte es sich lediglich um Täuschungsmanöver, um die Bewohner in Atem zu halten. Manchmal stürmten die Banditen aus allen Richtungen auf das Haus zu und schleuderten brennende Fackeln.
Die cleversten krochen auf dem Bauch vorwärts, die Fackel noch unangezündet in der Hand. Erst nachdem sie in unmittelbarer Nähe waren, steckten sie die Flammenwerfer in Brand. Das war der Zeitpunkt, als der Ruf nach Wassereimern im Inneren des Hauses erschallte.
Elyssa feuerte methodisch, lud nach, feuerte und dachte an nichts anderes. Wenn ihre Munition verschossen war, rief sie nach mehr wie die anderen Männer.
Penny war diejenige, die für den Nachschub sorgte. Jegliches körperlich leistungsfähige Ladder-S-Mitglied schleppte entweder Wasser oder schoß auf die Banditen.
Bis der nächste Morgen anbrach war Elyssa so
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