Feuergipfel
Elyssas aufbrausenden Tonfall.
»Mach dir keine Sorgen«, meinte Penny beruhigend. »Über deine Mutter ist auch viel geredet worden. Es war ja nur leeres Geschwätz. Es hat sie nicht verletzt.«
»Sie war auch mit dem Mann verheiratet, den sie liebte«, gab Elyssa zurück. »Aber was, wenn sie alleinstehend gewesen wäre und ein Mann, für den sie sich interessierte, hätte ihre Gefühle nicht erwidert, weil er nichts mit einem Mädchen zu tun haben wollte, das angeblich mit jedem flirtet?«
Penny warf einen Blick in den Ofen und zog das Blech mit den Semmeln heraus, damit sie abkühlen konnten.
»Ist das der Grund, weshalb du Seide und Spitzen trägst?« erkundigte sie sich. »Um den neuen Mann auf dich aufmerksam zu machen, obwohl er unhöflich ist?«
»Wie bitte?«
»Das Kleid da läßt dich wie einen Engel aussehen, der frisch vom Himmel gefallen ist.«
»Unsinn!« Elyssas Wangen röteten sich verlegen. »Ich trage meine albernen englischen Kleider, weil ich nicht mehr in die Sachen passe, die noch aus der Zeit vor meiner Reise nach England stammen, und weil kein Geld da ist, um eine vernünftigere Garderobe zu kaufen.«
Penny schmunzelte, dann lachte sie leise, weil sie Elyssas Begründung nicht so recht glauben wollte. Ihr Lachen war wie die eigentliche Penny, großzügig und warm, ein Lachen, das selbst in die finstersten Winkel des Lebens noch Licht zu bringen vermochte.
Elyssa blickte die Altere über ihre Schulter hinweg an und begann ebenfalls zu lachen.
»Jedesmal, wenn ich dich lächeln sehe«, sagte sie, »weiß ich wieder, warum Mutter dich damals in Saint Louis von der Straße geholt und in den Westen mitgenommen hat. >Fast noch ein Kind und ein Lächeln wie Weihnachten«, hat sie immer gesagt. Du solltest häufiger vergnügt sein, Penny.«
»Ich fürchte, in letzter Zeit hat’s nicht viel Anlaß dazu gegeben. Es ist alles nicht mehr so wie früher.«
»Ich vermisse Mutter auch«, gestand Elyssa seufzend. »Und Vater fehlt mir, wenn auch nicht ganz so stark. Er war immer fort, immer irgendwo auf der Suche nach Gold. Bei Lichte besehen war Bill derjenige, der mir Reiten und Schießen und Jagen beigebracht hat, und wie man mit den Rindern umgeht.«
Pennys Ausdruck wurde noch eine Spur bedrückter. Auch sie hatte eine Menge wundervoller Dinge von Bill gelernt. Als jun-ges Mädchen hatte sie den Boden unter seinen großen Füßen angebetet. Im Grunde tat sie es immer noch.
»Vielleicht sollten wir uns zusammentun, uns Bill schnappen und ihn wieder hierher zurückbringen«, meinte Elyssa. »Hunter hat jeglichen Alkohol auf der Ladder S verboten. In Kürze könnten wir unseren alten Bill wiederhaben. Früher hat er sicherlich nie so schlimm getrunken.«
Ein trauriges Lächeln war Pennys einzige Antwort. Sie musterte das eigensinnige Mädchen, das für sie eine jüngere Schwester darstellte. Elyssa erinnerte Penny stark an die ähnlich dickköpfige, eigensinnige Frau, die ein kleines Mädchen aus grausamen Großstadtstraßen gerettet und es mit in den Westen genommen hatte, um ihm ein besseres Leben zu verschaffen.
Und für eine Weile war Pennys Leben tatsächlich besser gewesen.
»Du hättest an Bill verkaufen sollen, damals vor zwei Jahren, als er dir das Angebot schriftlich unterbreitete«, sagte Penny
»Warum?«
»Du hättest in England bleiben und in Wohlstand von dem Geld leben können.«
»Ich habe England gehaßt«, erklärte Elyssa.
»Was ist mit New York oder Boston oder Los Angeles oder San Francisco?«
»Ich mache mir nicht viel aus Großstädten. Der Himmel hat die Farbe von Kohlenrauch, und die Straßen stinken nach Abwässern.«
Penny erwiderte nichts darauf, doch ihre Miene verzog sich grimmig, als sie mit ruckartigen, heftigen Bewegungen gebratene Speckscheiben aus der Pfanne aufspießte und sie auf einen Teller stapelte. Sie schnitt mehr Speck zum Braten, wobei sie das große Messer schwang, als wollte sie Schlangen töten.
Elyssa beobachtete sie schweigend und fragte sich, warum Penny auf einmal so aufgebracht war.
»Was ist mit Bill?« fragte Penny abrupt. »Du hast ihn gern, nicht wahr?«
»Du weißt, wie sehr ich an ihm hänge.«
»Dann verkauf ihm die Ladder S! Vielleicht würde er mit der Trinkerei aufhören, wenn er eine richtige Ranch zu bewirtschaften hätte. Und vielleicht würde er in der Lage sein, endlich die Vergangenheit zu vergessen, wenn er nicht immer dein helles Haar und deine schönen Augen sähe.«
»Wovon redest du eigentlich? Was ist denn
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