Feuergipfel

lockten sie hinaus zu den Mustangs, die sie eingefangen hatten. Ihre Hoffnungen für die Zukunft der Ladder S ruhten auf ihren glänzenden Rücken.
    »Ja, aber ...«, begann Sonny
    »Aber nichts«, unterbrach Elyssa ihn. »Ich bin die Eigentümerin der Ladder S, nicht Hunter. Das ist eine Tatsache, die alle im Auge behalten sollten.«
    »Besonders Hunter?« sagte Morgan gedehnt hinter Elyssa.
    Mißtrauisch drehte sie sich um. Der Humor und das Verständnis in Morgans schwarzen Augen entwaffneten sie.
    »Richtig, besonders der«, stimmte sie ihm heiter zu.
    »Er bemüht sich nur, Sie vor den Männern zu schützen«, sagte Morgan ruhig.
    »Ach, wirklich? Warum habe ich dann das Gefühl, daß er die Männer vor mir zu schützen versucht?«
    Seufzend hob Morgan seinen Hut, kratzte sich am Kopf und drückte das Gebilde dann wieder auf sein krauses Haar.
    »Nun, wenn Sie seine Frau gekannt hätten, würden Sie ihn verstehen«, setzte er ihr schließlich auseinander. »Sie war ein hübsches junges Ding, genau wie Sie. Am Ende ist sie daran zugrunde gegangen. Und er desgleichen.«
    »Was ist passiert?« fragte Elyssa, begierig auf weitere Informationen über Hunters Vergangenheit.
    »Es steht mir nicht zu, diese Geschichte zu erzählen. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, Miss. Ich muß mich unbedingt wieder um die Mustangs kümmern.«
    »Aber ...«
    »Und wandern Sie auf keinen Fall ohne Begleitung zu weit weg«, warnte Morgan sie. »Dieser Eindringling war heute Morgen kurz vor Tagesanbruch wieder hier.«
    »Was? Davon hat Hunter mir überhaupt nichts erzählt.«
    »Da gibt’s auch nicht viel zu erzählen. Er ist an der Schlafbaracke vorbeigeschlüpft und hat das Korraltor geöffnet. War eine höllische Arbeit, all die neuen Pferde in der Dunkelheit wieder einzufangen und zurückzutreiben.«
    »Fehlten welche?« fragte Elyssa scharf.
    »Schwer zu sagen«, gab Morgan zu. »Die Pferde sind uns ja noch fremd.«
    »Was hat die Gegenrechnung ergeben?«
    »Daß zwölf Tiere fehlen.«
    »Nur die mit Brandzeichen gekennzeichneten Pferde, die im Ranchkorral waren, sind verschwunden?« fragte sie.
    »Ja. Die Mustangs sind zu wild, als daß sich die Mühe lohnen würde, sie zu stehlen. Aber wenn sie erst einmal zugeritten sind ...« Morgan zuckte die Achseln.
    »Wurden nur Pferde mit Ladder-S-Brandzeichen gestohlen?« wollte Elyssa wissen.
    »Ja, Miss Elyssa. So sieht es aus.«
    »Verdammter Mist!« Sie bebte vor Zorn.
    »Ja, Ma’am. Das kann man wohl sagen.«
    Elyssa kletterte auf die Korraleinzäunung, um einen besseren Überblick über die restlichen Pferde zu bekommen. Sie ignorierte die staubigen Bretter, die breite Schmutzstreifen auf ihrem, diesmal rostfarbenen, Reitkostüm hinterließen, als sie sich auf den obersten Balken setzte und die Brandzeichen der Pferde prüfte.
    Weniger als die Hälfte der verbleibenden Pferde trugen das Ladder-S-Zeichen. Auf allen übrigen - bis auf eine Handvoll von Tieren mit einer Bar-B-Markierung - prangte das Emblem Slash River.
    Wut ergriff Elyssa. Ungeduldig sprang sie wieder hinunter und marschierte mit großen Schritten zum Stall. Nachdem sie Leopard gesattelt und aufgezäumt hatte, rammte sie die Schrotflinte in die Sattelscheide und schwang sich in einem Wirbel von Röcken und Beinen in den Sattel.
    Das Gewicht des weiten Hosenrocks behinderte jede ihrer Bewegungen. Wütend schwor sie sich, dieses Reitkostüm ebenso auseinanderzuschneiden, wie sie es mit dem anderen gehalten hatte, während sie Leopard die Schenkel in die Seiten drückte und auf die Grenze zwischen Ladder S und Bar B-Land zusteuerte.
    Noch bevor Elyssa jenseits des Ranchhofes war, tauchte Morgan wieder auf. Er ritt einen kastanienbraunen Wallach, der noch wenige Tage zuvor mit den Mustangs gelaufen war.
    »Ich werde Sie begleiten, Ma’am.«
    »Das lohnt sich nicht«, erwiderte sie.
    »Wie Sie meinen, Ma’am.«
    »Aber du wirst trotzdem mitkommen, richtig?«
    »Richtig, Ma’am.«
    »Sogar eine Schrotflinte trage ich bei mir«, sagte sie spitz.
    »Ja, Ma’am.«
    »Ich bin eine gute Schützin.«
    »Sicher, Ma’am.«
    »Du hast wichtigere Arbeit zu tun.«
    »Nein, Ma’am.«
    Mit einem gemurmelten Fluch trieb Elyssa Leopard auf das Netz von Geisterpfaden zu, das nach Wind Gap führte - und zur Bar B.
    Morgan folgte ihr.
    Als der Wallach neben Leopard hertrabte sah Elyssa, daß das Ladder-S-Brandzeichen auf der Flanke des Pferdes in ein Slash-River-Zeichen verwandelt worden war. Es war eine simple Änderung: die