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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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– mag man da auch nur davon träumen, wie die Stadt wohl aussah, als noch Leben in ihr herrschte? Wer würde nicht wie erstarrt die wunderbare Pracht dieses Anblicks bestaunen? Wer würde nicht voll Ehrfurcht die …«
    »Ein Haufen alter Gemäuer«, knurrte Ferro nun direkt hinter ihnen. »Und es wird Zeit, dass wir sie hinter uns lassen. Packt euer Zeug zusammen.« Damit drehte sie sich um und ging wieder zur Tür hinaus.
    Jezal warf den Ruinen, die sich glänzend unter ihm bis in die weite Ferne erstreckten, einen letzten düsteren Blick zu. Ihre Pracht war nicht zu leugnen, aber sie hatte auch etwas Beängstigendes. Die hochherrschaftlichen Gebäude von Adua, die mächtigen Mauern und Türme des Agriont – all jenes, was Jezal stets als wahre Pracht erschienen war, wirkte nun wie eine billige, schwache Kopie. Er fühlte sich wie ein winziger, dummer Junge aus einem kleinen und barbarischen Land, in einer kleingeistigen und unbedeutenden Zeit. Er war froh, sich abwenden zu können und das Juwel unter den Städten in der Vergangenheit zurückzulassen, wo es hingehörte. Er würde nicht von Aulcus träumen.
    Außer in Albträumen vielleicht.
     
    Es war vermutlich am späten Vormittag, als sie den einzigen Platz in der Stadt erreichten, auf dem dichtes Gedränge herrschte. Ein riesiger Platz, von einer Seite bis zur anderen gefüllt. Von einer bewegungslosen, schweigenden Menge. Einer aus Stein gehauenen Menge.
    Statuen jeder Art, Größe und Material. Es gab schwarzen Basalt und weißen Marmor, grünen Alabaster und roten Porphyr, grauen Granit und hundert andere Gesteinsarten, deren Namen Jezal nicht einmal erahnte. Schon allein die Vielfalt war erstaunlich, aber ihn beunruhigte vor allem das, was ihnen allen gemeinsam war. Keine von ihnen hatte ein Gesicht.
    Riesenhafte Gesichtszüge waren weggeschlagen und in gestaltlose Flächen pockennarbigen Steins verwandelt worden. Kleine Gesichter hatte man abgeklopft, bis sie leere Krater im rohen Gestein hinterließen. Hässliche Botschaften in einer Schrift, die Jezal nicht kannte, waren auf einige der marmornen Oberkörper eingeritzt oder liefen über Arme, um Hälse oder auf Stirnen. Es erweckte den Anschein, als ob alles in Aulcus in großem Maßstab getan worden sei, und willentliche Zerstörung machte da keine Ausnahme.
    In der Mitte dieser finsteren Versammlung war ein Weg frei gelassen worden, der auch für den Karren breit genug war. Daher ritt Jezal los, der Gruppe voran, durch den Wald gesichtsloser Gestalten, die sich auf beiden Seiten wie eine Menschenmenge bei einer Staatsprozession zusammengefunden zu haben schien.
    »Was ist hier geschehen?«, fragte er leise.
    Bayaz sah mit bitterem Blick zu einem Kopf hinauf, der ohne Weiteres zehn Schritte hoch sein mochte. Die Lippen waren zu einem düsteren Strich zusammengepresst, Augen und Nase abgeschlagen und die Wange mit einem harten Schriftzug verunziert. »Als Glustrod die Stadt eroberte, gab er seiner verdammten Armee einen Tag, um nach Belieben mit den Bürgern zu verfahren. Um ihren Zorn und ihren Hunger nach Plünderung, Vergewaltigung und Mord zu befriedigen. Als ob das überhaupt möglich gewesen wäre.« Neunfinger hustete und rutschte unbehaglich im Sattel hin und her. »Dann befahl er, alle Statuen des Juvens in der Stadt herunterzureißen, von jedem Dach, von jeder Halle, von jedem Fries und Tempel. Es gab viele Abbilder meines Meisters in Aulcus, denn er hatte die Stadt einst entworfen. Aber Glustrod war wirklich äußerst gründlich. Er stöberte sie alle auf und ließ sie hierherbringen, um ihre Gesichter zu entstellen und schreckliche Flüche in sie einzuritzen.«
    »Keine besonders glückliche Familie.« Jezal hatte sich mit seinen Brüdern nie besonders gut verstanden, aber das erschien ihm doch ein wenig übertrieben. Er duckte sich unter den ausgestreckten Fingern einer riesigen Hand hindurch, die aufrecht auf der abgebrochenen Fläche des Handgelenks stand und in deren Handfläche ein verzerrtes Symbol gemeißelt worden war.
    »Was bedeutet das?«
    Bayaz runzelte die Stirn. »Glaubt mir, es ist besser, das nicht zu wissen.«
    Ein enorm großes Gebäude, selbst gemessen an diesem riesigen Friedhof, überragte die Armee von Skulpturen an einer Seite. Seine Stufen waren so hoch wie eine Stadtmauer, die Säulen seiner Fassade so dick wie Türme, der monströse Sockel voller verblasster, eingeritzter Schriftzeichen. Bayaz zügelte sein Pferd und sah hinauf. Jezal hielt hinter ihm und warf

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