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Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Titel: Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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das Küstenwachboot langsam vor den Bug der Jacht.
Schon kommen die beiden Mi-2 Hubschrauber heran. Die Seitentüren sind geöffnet.
Mit den Beinen auf den Kufen halten zwei Männer des MEK ihre Präzisionswaffen
im Anschlag. Die Rotorblätter hämmern durch die Luft. Der Lärm lässt alle
anderen Geräusche verstummen. Swensen kann an den Bewegungen erkennen, dass die
Scharfschützen zu feuern beginnen. Weißer Rauch steigt aus dem Heck der Jacht.
Der Motor scheint getroffen. Sie fällt zurück, verliert an Fahrt. Drei Sekunden
später zerplatzt ihr Umriss in einem überdimensionalen Feuerball. Die
Detonation ist ohrenbetäubend, durchfährt die Luft und lässt sie vibrieren.
Trümmerteile fliegen in alle Richtungen und regnen im breiten Umkreis auf das
Wasser. Der Husumer Kommissar kann noch in fünfzig Metern Entfernung den
Luftzug der Druckwelle spüren. Es folgt eine Flutwelle, die das Küstenwachboot
ins Schwanken bringt. Die Jacht ist wie weggeblasen, nur ein schwarzer
Rauchpilz steht über dem Geschehen. Darunter schwimmen kleine Holzteile und
brennende Öllachen treiben auf der Wasseroberfläche.

11
     
    Swensen erwacht. Vom Steiß aufwärts zieht ein dumpfer Schmerz seine
Wirbelsäule hinauf. Die Augenlider sind bleischwer. Er hält sie weiterhin
geschlossen, fühlt sich ausgelaugt und müde. In seinen Ohren detoniert eine
übermächtige Stille.
    Die
Hölle ist in mir, denkt er und reißt die Augen auf. Es ist schon hell. Er richtet
sich auf. Dämmriges Licht fällt durchs Fenster. Ein Blick auf die Uhr verrät,
dass es 8.34 Uhr ist. Er steht auf. Selbst unter der Dusche tanzen die Bilder
vom gestrigen Tag weiterhin in seinem Kopf herum.
    Als
das Küstenwachboot anlegt hatte, wurde er gleich vor Ort von drei Beamten des
BKA in Empfang genommen. Im Laufe der Zeit bekam er den Eindruck, die Befragung
würde ihn mit den Bombenlegern auf eine Stufe stellen. Sein eigenmächtiges
Handeln wäre eine unprofessionelle Einmischung in höchstbrisante Ermittlungen
gewesen, was beinahe zur Katastrophe geführt hätte, sagten die Männer in einem
Tonfall der Überzeugung zu ihm. Ein unangenehmes Erlebnis. Er war trotzdem
gelassen geblieben, hatte sogar den Vorteil gesehen, einmal die andere Seite
seines Berufes studieren zu können. So musste sich ein Unschuldiger fühlen, der
zufällig in die Mühlen der Polizei gerät.
    Im
Bademantel trottet Swensen ins Wohnzimmer. Der Anrufbeantworter blinkt bereits
seit gestern Abend. Er hatte keine Lust verspürt, ihn vor dem Zubettgehen
abzuhören. Es war ihm klar gewesen, dass nur Anna darauf sein konnte. Gestern
wäre ihr Freitagabend bei Bruno gewesen. Sie wurde mal wieder ohne Anruf von
ihm versetzt, was die Sache erschwerte.
    Einen
kurzen Moment steht er unentschlossen vor dem Gerät, drückt dann auf den Knopf.
    »Erste
Nachricht. Freitag 19.17 Uhr. Anna hier! Ich sitze bei Bruno, und du bist nicht
da. Deine Ausrede sollte gut sein!«
    »Zweite
Nachricht. Freitag 22.27 Uhr. Anna nochmal! Ich habe gerade das Heute-Journal gesehen, diese Sache mit dem U-Boot und dem Selbstmordkommando. Ich hoffe
nicht, dass du dabei warst, Jan? Ruf bitte sofort zurück, ich mach mir riesige
Sorgen!«
    Oh,
Mist, denkt er. Dass die Kieler Ereignisse nachrichtentauglich waren, ist ihm
noch gar nicht in den Sinn gekommen. Er nimmt das Telefon von der Station und
tippt Annas Nummer ein. Nach zweimaligem Klingeln springt der Anrufbeantworter
an.
    »Hier
spricht der automatische Anrufbeantworter Jan Swensen!«, versucht er es mit
einem Scherz. »Mir geht es gut! Mir ist nichts passiert, obwohl ich gestern in
Kiel dabei war! Die Nachrichten haben sich bestimmt viel schlimmer angehört,
als es in Wirklichkeit war! Ich erzähl dir am besten alles, wenn wir uns sehen!
Bist du morgen zu Hause?«
    Er
legt auf und beschließt, vor dem Ankleiden zu meditieren. Die Teelichter auf
dem Holzschrein sind leergebrannt. Er holt neue aus der Schrankschublade,
entzündet sie und setzt sich im Lotussitz vis-a-vis seines Amoyhasiddhi -Buddhas
auf das Kissen. Doch schon der Schlag gegen die Klangschale wirkt wie die
Eröffnung einer Boxrunde. Seine Gedanken stürzen sich in den Ring. Jeder
Versuch, im Atem den Punkt der Konzentration zu finden, verfliegt nach
Sekunden. Er hockt mitten in der Illusion von Bildern und Tönen, sieht das
staubverschmutzte Gesicht einer Frau, hört den Schrei Allãhu Akbar , die
qualmenden Türme des World Trade Center blitzen auf, der Wasserschutzkommissar
schiebt sich die Schirmmütze in

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