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Feuernacht

Feuernacht

Titel: Feuernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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konnte.«
    »Gab es noch mehr Untersuchungen? Was ist mit den männlichen Heimbewohnern?«
    »Die wurden untersucht, aber sonst niemand. So ein Test kostet um die zweihunderttausend Kronen, man konnte nicht alle Männer, die jemals einen Fuß in unsere Tür gesetzt hatten, untersuchen. Aber was meine Jungs betrifft, ist weder Natan noch Tryggvi oder Jakob der Vater. Allerdings muss ich gestehen, dass ich deren Testergebnisse nicht mit eigenen Augen gesehen habe. Ich habe nur eine Kopie der Testergebnisse der Nachtwächter bekommen, weil ich zu dem Zeitpunkt ihre Vorgesetzte war. Aber intern habe ich gehört, dass alle Tests negativ waren, es besteht also kein Grund, das anzuzweifeln. Das Schwein, das sich an Lísa vergangen hat, läuft immer noch frei herum.«
    »Du stimmst mir also zu, dass das nicht mit ihrem Einverständnis geschehen sein kann?«
    Glódís schaute abrupt auf. »Das ist völlig ausgeschlossen. Sie lag im Wachkoma, sie war nie bei Bewusstsein. Es ist vollkommen abwegig, dass sie Geschlechtsverkehr haben wollte. Das war eindeutig ein Verbrechen.«
    »Wurde denn keine Anklage erhoben? Immerhin handelt es sich um Vergewaltigung, und zwar eine ganz besonders abscheuliche.«
    »Nein, dazu kam es nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre es anders gelaufen, aber ihre Eltern wollten es nicht und haben versucht, es zu verhindern. Sie wollten verhindern, dass die Presse davon erfährt und die Geschichte ausschlachtet. Für ihre Tochter war sowieso alles zu spät, und die Urteile bei Sexualdelikten sind meistens so milde, dass sie diese Schmach nicht auf sich nehmen wollten.«
    »Und was ist mit den Behörden? Mit der Polizei oder der Staatsanwaltschaft? Haben die keine gründliche Untersuchung gefordert? Vergewaltigung ist schließlich keine Privatangelegenheit.«
    »Nein.«
    Das klang wirklich sehr merkwürdig. »Wie zum Teufel kann das sein? Das ist ein schwerer Verstoß gegen die Strafgesetzgebung. Ihre Eltern haben im Grunde überhaupt nicht darüber zu bestimmen, ob der Fall untersucht wird.«
    »Sie haben Unterstützung bekommen. Der Vater von Tryggvi, dem autistischen Jungen, der auch gestorben ist, ist ein hohes Tier im Justizministerium, den haben sie um Hilfe gebeten. Er hat weitere Untersuchungen des Falls abgeblockt.«
    »Verstehe.«
    Glódís nickte. »Danach waren uns einfach die Hände gebunden.«

7 . KAPITEL
    FREITAG ,
8 .  JANUAR 2010
    Nach dem Mittagessen hatte Dóra einen Termin mit einem Mandanten. Der Mann befand sich in Scheidung, das Verfahren war vor dem Zusammenbruch der Banken aufgenommen worden, hatte sich aber hinausgezögert, weil die Eheleute Bedenken bekommen hatten. In Reaktion auf die Umwälzungen klammerten sie sich aneinander und wollten die gute alte Zeit wieder heraufbeschwören, als alle Banker und Wirtschaftsbosse noch anständig und alle Politiker noch ehrenhaft waren. Diese plötzliche Zuneigung entpuppte sich jedoch als letztes Aufbäumen ihrer Jugendliebe, und nach zwei Monaten reaktivierter Beziehung stellten sie fest, dass alles noch so war wie vorher – sie passten einfach nicht zusammen. Die Scheidung wurde also neu terminiert, aber inzwischen hatten sich sämtliche Voraussetzungen geändert, das beträchtliche Vermögen war in rettungslosen Fremdwährungskrediten verpufft, und man konnte nur noch Schulden aufteilen. Mit dem Vermögen schienen sich auch die Umgangsformen in Luft aufgelöst zu haben, und die Eheleute, die sich vorher einigermaßen verstanden hatten, wurden zu schäumenden Hyänen. Dóra und der Anwalt der Ehefrau waren bei den gemeinsamen Treffen vollauf damit beschäftigt, Handgreiflichkeiten zu verhindern. Zum Glück hatte der Ehemann am Nachmittag einen Einzeltermin.
    Dóra verschlang den letzten Bissen ihres Hotdogs, den sie sich zum Mittagessen genehmigt hatte. Sie leckte sich die Remoulade von der Unterlippe und trank einen Schluck Limo. Nach dem Gespräch mit Glódís war sie ganz zufrieden und ließ ihren Blick über die Liste mit den Namen der Heimmitarbeiter schweifen. Glódís hatte sie ihr überlassen, nachdem Dóra ihr gesagt hatte, sie könnte die Namen auch in ihren Unterlagen finden. Das entsprach allerdings nicht ganz der Wahrheit, da die Namen dort nicht vollständig waren und Dóra die Lücken mühselig hätte füllen müssen. Auf der Liste standen vierzehn Festangestellte und zehn Aushilfen und Fachkräfte. Es war unmöglich, mit jedem Einzelnen zu reden, aber mit Intuition und ein bisschen

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