Feuerprinz
verbirgt.«
Vor Schreck wollte Lin ihre Hand zurückziehen, doch die Freundin hielt sie fest. »Du kannst uns retten!«
»Nein!«, zischte Lin. »Sala hat mir nichts von sich überlassen … überhaupt nichts.«
»Da muss etwas sein«, hörte sie Jevana auf der anderen Seite des Gitters flüstern. »Salas Tränen beschützen mich vor Elven und den Greifen. Niemand wagt es, mich anzurühren, und weder ich noch die Priesterinnen Salas geraten in Elvens Bann, obwohl sie sogar einige von uns gezwungen haben, diesen widerlichen Wein zu trinken. Alle, die ihn trinken, verlieren ihren freien Willen … nur wir nicht. Salas Macht beschützt uns.«
»Aber ich habe rein gar nichts damit zu tun, Jevana. Das wüsste ich doch.«
»Vielleicht strahlen Salas Kräfte nur nicht so stark nach außen, wie Elvens Kräfte das tun. Vielleicht bemerkst du sie gar nicht, weil du nicht an sie glaubst«, überlegte Jevana leise.
Lin schloss die Augen und fühlte sich schwindlig. Wie sollte sie ihr klarmachen, dass es keine Hoffnung gab? Sie besaß keinebesonderen Fähigkeiten; sonst hätte sie Degan davon überzeugen können, ihr zu helfen; sie hätte ihre Eltern retten können, ihre Mutter … Lin dachte an den Tag, als sie Ilana das letzte Mal in ihren Räumen aufgesucht und um Hilfe gebeten hatte. Sie erinnerte sich an den übelriechenden Wein in Ilanas Silberkelch. Auch Ilana hatte unter Elvens Bann gestanden, doch sie hatte die Hände ihrer Mutter genommen und sie angefleht, ihr zu helfen. Ilana hatte über Kopfschmerzen geklagt, und kurz darauf waren sie einfach verschwunden. Lin biss sich auf die Lippen und sah sich noch einmal vor ihrer Mutter knien und deren Hände halten. Warum hatte ihre Mutter sich von Elvens Bann befreien können?
Nicht sie selbst hat sich befreien können … du warst es … deine Hände …
In ihrer Erinnerung sah Lin, wie sie die Hand ihrer Mutter in ihre nahm. War das möglich?
Da Lin nichts sagte, flüsterte Jevana: »Bist du noch wach?«
»Vielleicht«, gab Lin zu, ohne auf ihre Frage einzugehen, »gibt es Kräfte in mir. Aber ich weiß nicht, wie sie uns oder den Priesterinnen helfen könnten … und ich bin mir nicht sicher, ob sie überhaupt da sind.«
»Welcher Art sind diese Kräfte?«, wollte Jevana aufgeregt wissen.
Lin überlegte, wie sie Jevana erklären sollte, woran sie selbst zweifelte. Sie fasste einen Entschluss. Es war gefährlich, es zu versuchen, aber es würde endgültig Klarheit bringen. »Kannst du mir jemanden bringen, der in Elvens Bann steht? Hierhin? Ich muss seine Hand in meine nehmen.«
»Das ist schwierig«, antwortete Jevana zögernd, »aber ich werde es versuchen, wenn es uns hilft.«
Ich hoffe, dass es uns hilft
, dachte Lin noch immer zweifelnd, dann war Jevana fort.
Sie versuchte, sich zu beruhigen. Eine Weile beobachtete sie dieschlafenden Mädchen, die sich vor Salas Statue aneinandergekuschelt hatten. Dann wurde ihr klar, dass sie die Priesterinnen und vor allem Jevana in große Gefahr brachte mit ihrem waghalsigen Einfall. Es verstörte sie zutiefst, dass die Mädchen glaubten, die Göttin könnte sie beschützen.
Eine Weile saß Lin an die Wand gelehnt da und dachte an ihre Eltern, an Degan und an ihren unverzeihlichen Fehler, Elven zum Gefährten genommen zu haben. So viel hatte sie falsch gemacht und dadurch so viel verloren … so viel …
Unglückselige Lin!
»Lin, ich habe dir den Schmied gebracht. Er wird dir den Armreif fertigen, den du am Opfertag tragen willst. Aber du musst deine Hand durch das Gitter stecken, damit er Maß nehmen kann.«
Sie schrak aus ihren Gedanken auf, als sie Jevanas Stimme so unverhofft am Gitter vernahm. Jevana war zurück? Jetzt schon? Einen Augenblick war Lin verwirrt, dann erkannte sie, wie klug ihre einzige Vertraute war. Vor dem Gitter überlegte ein Mann laut, dass Elven sicher nicht einverstanden wäre, dass er mit der Königin von Engil sprach.
Lin verlor keine Zeit und schob ihre Hand durch das Gitter, ehe der Mann es sich anders überlegte. »Ich danke dir, Schmied!«, flüsterte sie.
Er grummelte etwas, dann spürte sie, wie er ihr Handgelenk ergriff, um Maß für den vermeintlichen Armreif zu nehmen.
Lin packte zu und hielt die Hand des Schmieds, so fest sie konnte. Sofort tat er einen überraschten Aufschrei und versuchte, ihr die Hand zu entziehen. »Was soll das? Warum hältst du meine Hand fest?«
Er hatte Kraft, doch Lin ließ ihn nicht los. Der Schmied zerrte stärker, um sich aus ihrem Griff zu
Weitere Kostenlose Bücher