Feuerprobe der Liebe - 1 Teil der Miniserie The great London fire - Historical Bd 217
Tage fort gewesen. Doch in Devon bin ich seit Vaters Tod nicht mehr gewesen, und Kingston habe ich nur zwei- oder dreimal besucht. Wenn all das hier vorüber ist, muss es anderes werden.“ Dabei nickte sie, als wollte sie ihren Wunsch nach Veränderungen unterstreichen.
Ein paar Minuten lang gingen sie schweigend nebeneinander her. Jakob dachte über das nach, was Desirée gerade gesagt hatte. Wenn Arscott die Geldkiste stahl, würde er sie mit einer scharfen Axt öffnen können, oder brauchte er den Schlüssel, den Desirée um den Hals trug?
„Ich nehme nicht an, dass Benjamin Euch viel Geld für mich mitgab“, sagte sie plötzlich. Ganz offensichtlich war sie anderen Gedanken nachgegangen. „Die Preise von – von Fächern, Handschuhen und solchen Dingen kenne ich nicht genau. Wenn es so aussieht, als wollte ich etwas kaufen, für das ich nicht genug Geld bei mir habe, dann müsst Ihr mich diskret warnen. Es wäre sehr peinlich, wenn ich es nicht bezahlen könnte.“
Jakob lächelte. „Keine Angst“, sagte er, „das würde ich niemals zulassen.“
„Gut.“ Desirée sah sich um, und er bemerkte, wie ihr Lächeln verschwand, weil ihr Blick auf eine Familie fiel, die sich im Schutz einer Hauswand niedergelassen hatte. Bettler waren es zweifellos nicht. Ihre Kleider waren schmutzig, doch von solider Qualität. Jakob hielt sie für Händler, die wegen des Feuers ihre Häuser verlassen mussten und nun warteten, bis sie in die Stadt zurückkehren durften. Ob sie noch etwas aus den Ruinen retten konnten?
„Es wird sicher einen Entschädigungsfonds geben“, meinte Desirée ruhig. „Das weiß ich genau. Letztes Jahr wurde für die Opfer der Pest gesammelt. Und früher habe ich gespendet, wenn es in anderen Städten gebrannt hatte. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich Lord Halross danach fragen.“
12. KAPITEL
Das New Exchange war ein zweistöckiges Gebäude mit Galerien, in denen sich die Läden aneinander reihten. Desirée war zum ersten Mal dort und sah sich neugierig um. So extravagant wie das Royal Exchange in Cornhill war es nicht – aber das war inzwischen abgebrannt. Nachdem in der Stadt so viele Geschäfte zerstört waren, würde das New Exchange vielleicht doch noch beliebt werden.
Viele Läden waren zugesperrt, andere hingegen hatten geöffnet. Entweder hatten die Besitzer darauf vertraut, dass das Feuer nicht so weit nach Westen vordringen würde, oder sie waren mit ihren Gütern zurückgekehrt, sobald es hier sicher schien. Wenn die Inhaber und ihre Familien essen wollten, mussten die Geschäfte weitergehen. Nachdem Desirée das erkannt hatte, fühlte sie sich ein bisschen weniger schuldig, dass sie inmitten der Katastrophe einer so frivolen Beschäftigung nachging.
Vor einigen Geschäften standen Frauen, und als Desirée und ihr kleines Gefolge näher kamen, begannen sie, die Waren anzupreisen.
„Feines Leinen und Spitze, Sir?“
„Madam, einen bemalten Fächer aus Indien?“
„Handschuhe und Bänder, Mylady?“
Desirée wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Dass ihr Erscheinen hier so viel Aufsehen erregen würde, hatte sie nicht erwartet. Noch nie war sie selbst einkaufen gegangen. Buchstäblich alle Einkäufe wurden von Arscott oder einem anderen Angestellten abgewickelt. Früher waren die Händler oder Schneiderinnen zu ihr gekommen und hatten dort ihre Waren präsentiert, selbst wenn sie neue Kleider brauchte, etwa für die geplante Verlobung mit dem Duke oder nach dem Tod ihres Vaters. Und irgendjemand hatte immer den Preis ausgehandelt. Jetzt würde sie zum ersten Mal mit den Verkäufern auf deren eigenen Grund und Boden zu tun haben. Sie schluckte und drückte Jakobs Arm ein wenig fester. Ohne darum gebeten worden zu sein, führte er sie zu einem Seidenhändler.
„Sir? Madam? Was kann ich für Euch tun?“
Sofort bemerkte Desirée, dass das Mädchen, das sie ansprach, sehr hübsch war und einige Jahre jünger als sie selbst. Die Händlerin warf einen missbilligenden Blick auf sie und wandte dann ihre Aufmerksamkeit Jakob zu. Zwar lächelte sie ihn nicht gerade herausfordernd an, doch in ihren Augen lag ein bewundernder Blick. Es war keine deutliche Einladung, kam dem aber schon recht nahe.
Desirée hatte damit gerechnet, dass ihre Narben neugierige Blicke auf sich ziehen würden. Doch nie war ihr der Gedanke gekommen, dass man sie komplett ignorieren würde, während ein Ladenmädchen ganz ungeniert mit Jakob flirtete. So viel Unhöflichkeit erregte ihren
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