Feuerprobe der Liebe - 1 Teil der Miniserie The great London fire - Historical Bd 217
Gefühle verlangten nach Taten, aber er war nun einmal gezwungen, diesen Posten innezuhalten.
Zwar hatte er Desirée noch nichts von dieser Befürchtung mitgeteilt, doch er war sich fast sicher, dass jemand aus ihrem Haushalt mit Arscott unter einer Decke steckte. Der Angriff auf die Chaise hatte wie ein geplanter, wenn auch überstürzter Anschlag gewirkt. Niemand hätte Desirées plötzlichen Wunsch, einkaufen zu gehen, vorhersagen können. Nur wer war es? Und hatte der Verräter aus falscher, wenn auch verständlicher Treue gegenüber dem Mann gehandelt, der so lange dem Haushalt vorgestanden hatte, oder aus niedrigeren Beweggründen? Den ganzen Nachmittag über hatte Jakob alle Dienstboten befragt, aber er war zu keiner Entscheidung gelangt. Das Einzige, was er mit Sicherheit wusste, war, dass er Desirée nicht unbewacht lassen würde, solange er noch an der Loyalität ihrer Bediensteten zweifelte.
Außerdem wünschte er, er könne das ungeschehen machen, was sich vorhin zwischen ihnen zugetragen hatte. Nach dem Albtraum hätte er sie trösten und gleich danach allein lassen sollen. Verärgert und frustriert, schritt er weiter auf und ab. Sein Körper sehnte sich nach der Erfüllung, die er ihnen beiden versagt hatte. Das Verlangen hatte ihn halb um den Verstand gebracht, aber im letzten Moment hatte er klar denken können, und sein Ehrgefühl war zurückgekehrt. Er wusste, Desirée war gerade aus einem Albtraum erwacht, Arscotts Betrug hatte sie zutiefst verletzt, und sie sehnte sich verzweifelt nach Trost. Ihre Verletzlichkeit so auszunutzen wäre unehrenhaft gewesen.
Abrupt hielt er inne. Ehrlicherweise musste er sich eingestehen, dass es für seinen Rückzug noch einen anderen Grund gab. Wäre er bei Desirée geblieben, dann hätte er damit eine Entscheidung getroffen und akzeptiert, dass seine Zukunft in England lag.
Er machte auf dem Absatz kehrt und schritt die Galerie wieder in die andere Richtung ab. Vorhin schon hatte er versucht, ihr das zu erklären, doch sie hatte einen Becher nach ihm geworfen. Verwirrt und verletzt, hatte er die Flucht ergriffen. Inzwischen war er ruhiger. Vielleicht sollte er besser nicht bis zum nächsten Morgen warten, ehe er mit ihr sprach?
Der Geruch von Rauch war inzwischen so etwas Selbstverständliches geworden, dass er ihn zunächst kaum bemerkte. Je weiter er allerdings ging, desto stärker wurde auch der Gestank. Stirnrunzelnd fragte er sich, ob wohl Wind aufgekommen war. Bedrohten die Flammen erneut Godwin House? Die Tür zu Desirées Vorzimmer hatte er offen gelassen. Als er es betrat, hörte er es sofort: das tödliche Knistern von Feuer.
„Desirée!“ Er stürmte in ihr Schlafzimmer.
Überall war Qualm, der ihm die Sicht raubte und in seinen Lungen brannte. Er hob einen Arm, um sein Gesicht zu schützen und versuchte, das brennende Bett zu erreichen.
„Desirée!“ Das Entsetzen trieb ihn immer weiter in die sengenden Flammen. Wenn sie im Bett lag, konnte sie unmöglich noch am Leben sein. Dennoch musste er sicher gehen.
„Desirée!“ Natürlich war sie nicht mehr im Bett. Er drehte sich um und begann verzweifelt, das Zimmer nach ihr abzusuchen. Die Flammen leckten bereits an der Wandtäfelung.
Versteckte sie sich irgendwo? Halb blind spähte er im Raum umher.
Beinahe hätte er übersehen, wie der Rauch sich an der Wand neben dem Kamin kräuselte und dann in der Dunkelheit verschwand.
Neben dem Kamin gab es eine schwarze Öffnung.
Ohne Zögern schob er sich durch den schmalen Spalt. Weit oben sah er einen Lichtfleck. Rauch strich um seine Beine und seinen Körper und zog schließlich durch den schornsteinartigen Gang ab.
An der Seite zum Kamin ertastete er Metallstäbe. Doch sobald er versuchte, an ihnen hochzuklettern, blieb er stecken. Seine Schultern waren zu breit, der Gang zu schmal.
Er zog sich aus dem Spalt zurück und trat wieder ins Zimmer. Das Feuer erklomm bereits die Wände. Von der Decke fiel das Pflaster herab. Er unterdrückte das Bedürfnis zu husten, wohl wissend, dass sonst nur noch mehr Rauch in seine Lungen steigen würde.
Er riss sich seinen Überrock und das Hemd vom Leib und schob sich die Pistole in den Gürtel. Dann stieg er wieder in den Spalt und streckte die Hände weit über den Kopf, zog die Schultern nach vorn und drückte die Arme so fest an seine Ohren, wie es nur möglich war.
Ohne sich sonst bewegen zu können, schob er sich nach oben. Die engen Mauern rissen die Haut von seinen Schultern und Armen. Er
Weitere Kostenlose Bücher