Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
nicht sagen!“
„Stimmt“, sagte er. „Du dürfest es zwar wissen, aber niemand sollte denken, dass du es weißt. Du würdest sehr gefährlich leben.“
Sein Gesichtsausdruck wechselte von lustig zu ernst, als er das sagte.
„Das Gleiche gilt für dich“, sagte Maria. „Gut, dass du dein Talent hast!“
„Ja, es ist immer wieder eine praktische Sache.“
Maria senkte ihre Stimme.
„Kann ich dich mal was fragen?“
„Hier?“
„Wir könnten uns in den Garten setzen“, schlug Maria vor. „Dann stören wir auch niemanden.“
Sie verließen das Wohnzimmer und durchquerten mehrere Räume, bis sie in den Saal mit den großen Lüstern kamen. Dort öffneten sie die Glastür, die in den Garten führte, und setzten sich draußen auf die Treppenstufen. Der Mond war gerade aufgegangen, die weißen Rosen leuchteten sanft in seinem Licht.
„Hast du es Scarlett nicht erzählt?“, fragte Maria. „Es kam mir so vor, als wüsste sie nichts von den Pantols!“
„Nein, natürlich nicht!“
„Aber warum?“
„Oh Maria!“, sagte er. „Gut, dass Grohann dir keine Zeichen zum Auswendiglernen gegeben hat. Du hast ja ein Gedächtnis wie ein Sieb!“
„Was meinst du?“, fragte sie irritiert.
„Ich musste dir schwören, dass ich Scarlett nichts von dem Loch in der Wand und dem alten Sumpfloch erzähle! Schon vergessen? Wie soll ich ihr eine Geschichte über Pantols erzählen, wenn ich ihr nicht verraten darf, warum wir überhaupt in der Spiegelwelt waren?“
Maria legte die Fingerspitzen auf ihre Lippen, verdutzt und beschämt.
„Das hatte ich wirklich vergessen!“, sagte sie. „Es tut mir leid, Gerald! Du kannst es ihr natürlich erzählen. Lissi und Haul wissen es ja auch!“
„Sicher?“
„Ja! Ich sollte sowieso mit Grohann über Mandelia sprechen. Aber ich schrecke noch davor zurück. Als wäre es meine ganz private Angelegenheit, die ihn nichts angeht. Oder Mandelias private Angelegenheit. Es fühlt sich an wie ein Geheimnis, das man nicht ins helle Licht zerren sollte.“
„Dann warte noch.“
„Er wird es sowieso herausfinden, irgendwann“, sagte sie. „Das Loch in der Mauer wird ja immer größer.“
„Kannst du dir das erklären? Warum das Loch größer wird und wir Mandelias Bild im Spiegel gesehen haben?“
„Ich habe ein bestimmtes Gefühl. Ich glaube, Mandelia hat Einfluss auf meine Gedanken. Vielleicht war es bei der letzten Kaiserin genauso. Ich habe gelesen, dass einige Historiker vermuten, dass sie hier war. Bei General Kreutz-Fortmann, am Ende des Krieges. Er verschanzte sich hier.“
„Weißt du, was du da sagst?“, fragte Gerald.
„Ich denke schon. Mandelia war mit den Gedanken der letzten Kaiserin verknüpft und ist es jetzt mit meinen. Daher das Schloss und das alte Sumpfloch. Und wenn in tausend Jahren ein viertes Erdenkind hierherkäme, würde es vielleicht auch meine Träume träumen. Vorausgesetzt, Mandelia wäre noch hier.“
„In tausend Jahren ist hier wahrscheinlich keiner mehr.“
„Ich weiß. Aber es ist so eine hübsche Vorstellung.“
„Findest du?“
„Ja“, sagte Maria und schaute in die Ferne. „Wir vertragen uns alle gut. Mandelia, die letzte Kaiserin und ich. So überlebt doch wenigstens etwas von dem, was wir niemandem erzählen konnten.“
„Was kannst du niemandem erzählen?“, fragte Gerald.
Maria hörte auf in die Ferne zu starren und sah Gerald an, der neben ihr saß.
„Erwartest du tatsächlich, dass ich dir das verrate?“
„Warum nicht? Wir kennen uns doch schon ziemlich gut.“
„Zu gut! Das meintest du, als du gesagt hast, dass du niemanden unsichtbar machen darfst. Nicht wahr?“
„Ich glaube, ich meinte … dass es mir bei dir nichts ausmacht, wenn wir uns zu gut kennen. Aber natürlich hast du recht. Meine Neigung, deine Geheimnisse auszukundschaften, ist nicht vorbildlich.“
Maria lachte.
„Ich verkrafte es.“
Sie hörten Schritte hinter sich und drehten sich um.
„Zettel verbrannt!“, rief Berry, die zu ihnen nach draußen trat.
„Ich wette, du hattest mehr Arbeit als ich“, sagte Gerald.
„Wieso? Waren es bei dir weniger als zehn Zeilen?“
„Kann man so sagen.“
„Wie hübsch der Mond in deiner Welt scheint, Maria“, sagte Berry und setzte sich zu ihnen auf die Treppe. „Fast schöner als in der normalen Welt.“
„Ich glaube, ich sehe ihn zum ersten Mal“, erwiderte Maria.
„Das ist angemessen“, meinte Berry. „An so einem bedeutsamen Tag. Man könnte ja fast meinen, wir
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