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Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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ersten Blick nicht für ein Lebewesen gehalten hätte, sondern für einen braunen, verkrusteten und bizarr geformten Buckel aus Matsch. Erst als es sich auf seinem Bett drehte, einer Schnecke gleich durch pulsierende Bewegungen des Rumpfes, erkannte er, dass das Ding lebte und sogar einen Kopf besaß. Der Kopf, dessen Vorderseite nun zum Vorschein kam (und nahtlos ohne Hals in den klumpigen Leib überging) war krötig, gepanzert, verhornt und löchrig. Er nahm an, dass die Löcher Atemlöcher waren, da der Kopf pumpte und pustete und größer und kleiner wurde. Es gab auch einen Mund, der sich nun öffnete. Ein Loch ohne Lippen, in dem zwei einzelne stumpfe Zähne zu sehen waren.
    „Ich bemerke dich!“, sagte der Mund.
    Das Schlimme an der Stimme dieses Geschöpfes war, dass sie menschlich klang. Sie war heiser, fast tonlos und summte ungewöhnlich. Doch die Betonung, die Worte, die Botschaft – das alles war menschlich! Es schockierte Gerald. Denn im selben Moment, da er diese Stimme gehört hatte, überkam ihn eine Ahnung, mit wem er es hier zu tun haben musste. Eine schreckliche Ahnung.
    „Zeig dich“, sagte das schnaufende Geschöpf mit seinem pulsierenden, aus allen Löchern pustenden Kopf. „Hier kannst du atmen!“
    Es war eine weibliche Stimme. So abstoßend das Wesen auch aussah, es hörte sich nicht böse an. Auch nicht so, als freue es sich über die frisch eingetroffene Nahrung auf zwei Beinen nach der längsten Zeit. Gerald wusste trotzdem nicht, ob er es wagen sollte. Wenn hier die gleichen physikalischen Gesetze herrschten wie außerhalb, dann wäre Gerald, sobald er sich greifbar machte, sofort tot. Im besten Fall. Im schlechtesten wäre er unvollständig tot und nicht mal das Mondpapier könnte ihn retten.
    „Hast du die Flamme gesehen?“, fragte sie. „Drüben? Die will auch leben und braucht Luft!“
    Das war ein Argument. Außerdem blieb Gerald nicht mehr viel Zeit. Die massive Wand, durch die er gekommen war, hatte seine Kraftreserven aufgebraucht. Schon jetzt würde er auf dem Rückweg an seine Grenzen stoßen, weil er die massive Wand ein zweites Mal durchqueren musste, um diese Räume zu verlassen. Wenn es aber möglich wäre, greifbar zu werden, könnte er sich erholen und den Rückweg später antreten.
    Er beschloss, das Risiko einzugehen, und wurde sichtbar. Im gleichen Moment quoll eine unerträglich dicke und stickige Luft in seine Lunge. Sie roch und schmeckte nach Ausdünstungen, Mief und faulem Essen und es blieb ihm nichts anderes übrig, als sie in vollen Zügen in sich aufzunehmen, sonst wäre er erstickt. Fast hätte er seiner Gastgeberin alles vor die Füße (oder die haarfeinen, undefinierbaren Glieder an ihrer Unterseite) gespuckt, was seine Eingeweide so hergaben, doch er konnte dem unheilvollen Drang Einhalt gebieten, indem er noch einmal kurz unangreifbar wurde. Langsamer als normalerweise kehrte er zur sichtbaren Gestalt zurück und zwang sich zu atmen, obwohl bei jedem Atemzug seine Eingeweide rebellierten.
     
     
    „So was wie dich habe ich schon lange nicht mehr gesehen“, sagte das weibliche Etwas. „Bist du der Zweite?“
    „Das zweite Erdenkind? Ja.“
    „Erdenkind. Hm. Komisches Wort. Wir hießen anders.“
    Gerald starrte sie an. In tiefstem Mitgefühl, aber auch in Panik, da die schockierende Ahnung, die er gehabt hatte, mehr und mehr zur Gewissheit wurde.
    „Sie … sind die Fünfte?“
    „Nicht gestorben, immer noch am Leben“, sagte sie. „Unsterblich.“
    Es war fast nicht zu ertragen. Lisandra war ebenfalls ein fünftes Erdenkind. Man hatte sie gewarnt, dass sie eines Tages ein Monster werden würde. Dass Torck ein Monster geworden war. Aber es zu sehen, mit eigenen Augen, wie es tatsächlich kommen konnte, war furchtbar. Das Einzige, was Gerald beruhigte, war, dass ihm dieses fünfte Erdenkind nicht grausam vorkam. Oder niederträchtig. Es war nur alt, hässlich, abstoßend und einem Menschen denkbar unähnlich.
    „Ich überlebe immer“, erklärte sie. „Hab mir diesen Raum geschaffen und bin geblieben. Man wird trotzig nach einem Zeitalter. Mag keinen Umtrieb mehr. Man mag eigentlich gar nichts mehr, aber sterben wollte ich trotzdem nicht.“
    „Weil Sie es nicht können.“
    „Niemand kann sterben“, sagte sie langsam und gedehnt. „Du auch nicht, junger Mann. Du wirst dich verwandeln, eines Tages, und es nicht gerne tun. Wir alle tun es nicht gern. Man weiß ja nicht, in was man sich verwandeln wird, wenn der Tod kommt und einen

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