Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
Grohann. „Hylda möchte ich so lange wie möglich aus der Spiegelwelt heraushalten. Bleibst nur noch du. Oder kennst du einen weiteren Zauberer in Reichweite, der einen Verschränkungszauber fünften Grades beherrscht?“
Hanns schüttelte den Kopf.
„Was seine eingeschlossenen Krieger betrifft, musst du dir keine Gedanken machen. Wir werden dafür sorgen, dass sie nicht nach Gorginster oder wohin auch immer zurückkehren.“
Ein Laut von Maria, der ihr entschlüpft war, lenkte die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sie.
„Was ist, Maria?“, fragte Grohann.
„Ich habe mich nur gerade gefragt, was Sie damit meinen …“
„Sie werden versuchen, uns zu töten, und wir werden uns wehren. Was dann noch von ihnen übrig ist, übersenden wir dem Hauptquartier des Krisenstabs. Sonst noch irgendwelche Fragen?“
Lisandra meldete sich zu Wort.
„Woher weiß Maria, dass die Spiegelwelt sicher ist und sie zurückkehren kann, um uns wieder rauszulassen?“
„Jemand sollte am Spiegel stehen bleiben, um ihr Zeichen zu geben. Maria, könntest du Lisandra auf der anderen Seite des Spiegels erkennen, ohne den Spiegel zu berühren?“
„Wenn sie ihre Hand auf das Glas legt, müsste ich das sehen.“
„Gut, dann einigt euch vorher auf entsprechende Handzeichen.“
„Moment mal“, rief Lisandra, „soll das heißen, dass ich die ganze Zeit am Spiegel rumstehen soll, während alle anderen kämpfen?“
„Das hast du ganz richtig verstanden“, erwiderte Grohann. „Jemand muss dort stehen und es sollte jemand sein, der sich wehren kann, wenn er angegriffen wird.“
Lisandra wollte widersprechen, doch ein spöttischer Blick von Haul in ihre Richtung brachte sie zum Verstummen. Sie wusste genau, was dieser Blick heißen sollte. Er kannte ihre Schwächen. Er hatte Yu Kon lange genug dabei zugesehen, wie er Lisandras Schwächen gegen sie wendete und sie immer und immer wieder damit gedemütigt hatte. So hatte er es mit jedem seiner Schüler gemacht. Auch mit Haul, aber der hatte andere Schwächen als Lisandra.
‚Na, Lockenköpfchen’, sagte Hauls Blick, ‚fühlen wir uns mal wieder im Stolz gekränkt?’
Lisandra hielt also ihren Mund und fügte sich der Anweisung. So verhielt sich nämlich die Lisandra, die im letzten Winter viel erwachsener geworden war. Jemand musste am Spiegel stehen bleiben, es war eine wichtige Aufgabe. Und sie würde sie nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen. Auch wenn sie lieber dem Tiger-Zauberer die Fangzähne gezogen hätte.
Für Gerald und Maria ergab sich an diesem Morgen nur ein kurzer Moment, in dem sie unbehelligt und vor allem unbelauscht von Grohann miteinander sprechen konnten. Noch bevor Maria den Mund aufmachte, fragte Gerald schon:
„Und? Was hast du ihm erzählt?“
„Dass es ihn nichts angeht, was ich dort wollte. Dass du mir heimlich gefolgt bist und ich annehme, dass du dir Sorgen um meine Sicherheit gemacht hast.“
Gerald nickte zufrieden.
„Wenn wir das mal nicht gut hingekriegt haben!“
„Wieso? Was hast du erzählt?“
„So ziemlich genau das Gleiche. Dass ich nicht weiß, warum du unbedingt alleine in die Spiegelwelt gehen wolltest, aber dass ich wegen der aktuellen Lage so besorgt war, dass ich hinter dir herspioniert habe.“
„Hat er’s geglaubt?“
„Weiß nicht. Er hat jedenfalls aufgehört zu fragen und das war mir sehr recht. Rackiné geht es besser?“
„Ja, zum Glück!“
„Hast du dir schon mal überlegt, warum sie es ausgerechnet auf ihn abgesehen hatten?“
Maria schüttelte den Kopf und dann war der Moment der Zweisamkeit auch schon wieder vorbei, denn sie wurden von einer rennenden Lisandra eingeholt und am Ende des Ganges tauchten mehrere Maküle auf, die Grohann abberufen hatte, um im Trophäensaal Wache zu schieben.
„Mach dir keine Sorgen, Maria“, sagte Lisandra und legte ihrer Freundin den Arm um die Schulter. „Wenn’s gut läuft, gehört die Spiegelwelt bis zum Mittagessen wieder dir alleine. Und sonst eben erst zum Abendessen!“
„Selbst wenn, habe ich doch Angst, dass sie darin gewütet haben könnten. Dort wohnen kleine Tiere – ich habe schon mal eins beerdigen müssen.“
„Oh ja, der kleine Affe!“, sagte Lisandra bestürzt. „Daran habe ich noch gar nicht gedacht. All die wuselnden Eichhörnchen und Mäuse ...“
Selbst der optimistischen Lisandra fielen da keine aufbauenden Worte ein. Eine Horde Krieger aus Gorginster, hungrig und schlecht gelaunt, stieß auf possierliches Kleingetier in
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