Feuersbrut - Der Untergang
knurrte. »Wer weiß, welche Version der Geschichte sie dann in die Welt hinaustragen werden.«
Er stieß die Tür auf, hinter der sich der kleine Raum befand, den Yanil bei seiner Ankunft betreten hatte. Der König riss die Kleiderschranktür auf und wies die anderen an, voranzugehen. Yanil blieb stehen, er zögerte. Er konnte sich nicht erklären, was ihn davon abhielt, den Gang zu betreten. Vor Dunkelheit und einem langem Fußmarsch fürchtete er sich jedenfalls nicht, alles war besser als der Tod.
»Komm, worauf wartest du?«, stieß Raslyr ungeduldig hervor, zwischen seinen Augenbrauen bildete sich eine tiefe Falte.
Yanil starrte ihn an, unfähig, sich zu bewegen. Es war, als seien seine Füße festgeklebt.
»Ich warte nicht mehr länger, du Idiot!«
Solche Worte aus dem Mund eines Königs? Es zeigte, wie verzweifelt er war. Myla, Saslyn und der Fremde waren längst in die Finsternis des Ganges eingetaucht.
Yanil überfiel ein Schwindelanfall, er tat einen Schritt zur Seite und stützte sich mit der Hand an der Wand ab. Ihn durchzuckte eine Vision. Er sah Brilys im Hof liegen, die Pflastersteine um ihn herum glitschig von Blut. Er war noch nicht tot, er lebte. War dies eine Auswirkung seiner Magie, die ihn befähigte, Gedanken zu lesen? Er wusste es nicht. Aber das Bild, das sich mit aller Macht vor sein geistiges Auge schob, rüttelte an seiner Überzeugung, mit Raslyr fliehen zu wollen. Er musste zurück.
Der König stieß ein verärgertes Knurren aus, wandte sich ab und verschwand im Kleiderschrank. Yanil spürte Übelkeit in sich aufsteigen, eine Abneigung, sich feige aus dem Staub zu machen. Weshalb nur gerade jetzt? Sein Verstand kämpfte gegen sein Gefühl, schüttelte ihn, schrie ihn an, er solle vernünftig sein und das Weite suchen.
Aber Yanil hörte nicht auf seinen Verstand. Mochten die Götter ihm gnädig sein, aber es war noch nicht an der Zeit zu gehen. Tief in seinem Inneren wusste er, dass es seine letzte Chance gewesen wäre. Zu zögern bedeutete den Tod, eine andere Gelegenheit würde sich nicht ergeben. Dennoch machte er auf dem Absatz kehrt und stürzte zurück auf den Gang. Er musste nach Brilys sehen!
Die Erde bebte, er stürzte. Die gesamte Burg schien zu schwanken. Ein Knall, als hätte ein Blitz direkt neben ihm eingeschlagen, schmerzte in seinen Ohren, machte ihn taub. Der Boden vibrierte, und noch ehe Yanil sich wieder aufrichten konnte, blendete ihn ein gleißendes Licht, von dem er nicht sagen konnte, woher es rührte. Yanil presste sich die Hände vor das Gesicht, Tränen quollen zwischen seinen Fingern hervor. Er stöhnte. Was war das? Das intensiv weiße Licht hielt nur wenige Augenblicke an, ehe es wieder verebbte. Langsam nahm Yanil die Hände wieder herunter, Sterne tanzten vor seinen Augen, er sah nur noch verschwommen. Er blinzelte, bis sich das Bild allmählich wieder klärte. Sein Atem ging schnell und flach, sein Herz pochte. Im Gang um ihn herum war es leer, aber die Bilder waren von den Wänden gefallen, eine umgefallene Vase zierte den kalten grauen Steinboden mit Hunderten kleiner Scherben. Yanil kniete noch immer, und nur unter größter Anstrengung gelang es ihm, sich auf die Beine zu stellen. Es roch nach Feuer. Er horchte, aber es blieb still. Zu still. Weshalb hörte er keine Schreie mehr, keine Kampfgeräusche, keine klingenden Schwerter und surrenden Bogensehnen? Er taumelte zur Seite, stützte sich an der Wand ab, übergab sich. Er fühlte sich elend. Noch immer rannen Tränen über sein Gesicht, aber diesmal waren es Tränen der Verzweiflung.
Es war warm, schrecklich warm. Er sehnte sich danach, das lederne Wams auszuziehen, fummelte an der Verschnürung herum, aber seine fahrigen Finger vermochten den Knoten nicht zu öffnen. Schweiß rann ihm die Wirbelsäule hinab. Er stolperte ein paar Schritte vorwärts den Gang entlang. Er musste zurück in den Hof, musste sehen, was geschehen war und ob Brilys noch lebte. Er fühlte sich so schlecht deshalb! Hätte er sich doch nur nie auf den Kampf eingelassen und wäre zurück in den Wald geflohen, als er noch die Möglichkeit dazu gehabt hatte!
Mittlerweile war die Hitze so unerträglich, dass sie auf der Haut brannte. Allmählich wurde ihm bewusst, dass die Wärme keines natürlichen Ursprungs war. Sie nahm zu, schneller und immer schneller, als rollte eine Flutwelle auf ihn zu. Sie fraß sich durch die Gänge wie eine unsichtbare Wand, die sich auf ihn zu bewegte. Er fiel erneut auf die Knie, rutschte
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