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Feuerscherben

Feuerscherben

Titel: Feuerscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
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aller Collegefreunde nicht gescheut hatte, seine Pflicht zu erfüllen. Wenn die Bevölkerung von Florida Andrew zum Gouverneur wählte, könnte sie sicher sein, dass er stets seine Pflichten erkennen und sich bemühen werde, sie zu erfüllen, hatte sie lächelnd hinzugefügt. Das Interview hatte Andrew drei zusätzliche Prozente bei den Vorwahlen in der Region von Miami beschert. Evelyn, die seit Jahren höchstens ein oder zwei Tage im Monat mit Andrew verbrachte, war bei wichtigen Auftritten plötzlich zu einer festen Größe an seiner Seite geworden.
    Dianna merkte, dass ihre Gelassenheit während der Lektüre längst verschwunden war. Sie zitterte inzwischen vor Erregung. Langsam trank sie einen Schluck Eiswasser, wechselte erneut zu Jordan Edgars Unterlagen und versuchte, so unvoreingenommen wie möglich zu bleiben. Vielleicht hatte es bei den Marinekommandanten besonders viele Verluste gegeben, oder es geschah in Anerkennung seiner früheren Verdienste. Jedenfalls war der Unterleutnant Jordan Edgar kurz nach seiner Ankunft in der Subic Bay zum ordentlichen Leutnant befördert worden.
    Sein erfolgreicher Aufstieg auf der Karriereleiter hatte allerdings keine sechs Monate gedauert. Im Spätfrühling 1969, als mehr als eine halbe Million amerikanischer Männer in Vietnam kämpften und dem Tod ins Angesicht schauten, entband die Marine Leutnant Edgar von seinem Kommando und beschuldigte ihn des Verbrechens wiederholter homosexueller Beziehungen mit einem unbekannten Kameraden. Da er sich weigerte, den Namen seines Partners preiszugeben, wurde ein Untersuchungsausschuss gebildet. Die Ermittlungen führten zu den erforderlichen Beweisen, sodass das Kriegsgericht im August 1969 einberufen werden konnte.
    Leutnant Edgar hatte keine Möglichkeit, auf unschuldig zu plädieren. Die Staatsanwaltschaft legte belastende Fotos vor, die ihn eindeutig bei »unnatürlichen Handlungen« zeigten, wie der Vertreter der Anklage sich spröde ausdrückte. Jordan Edgars Schicksal schien endgültig besiegelt zu sein. Doch die Behörden wollten unbedingt den Namen seines »perversen« Partners erfahren. Der Lover von Leutnant Edgar musste ebenfalls auf dem Schiff sein und war mit ziemlicher Sicherheit ein Offizierskamerad, da die Fotos in der Kabine des Leutnants aufgenommen worden waren, während sich der Flugzeugträger auf See befand. Die Verhandlung verkam rasch zu einer Hexenjagd nach Jordans Partner.
    Leutnant Bruce Trentin, der die Kabine mit ihm teilte, hatte als Erster den Verdacht geäußert, dass Jordan homosexuell wäre. Bruce stammte aus South Carolina und glaubte an die US-Marine, seinen Gott und sein Land – in dieser Reihenfolge. Mit aufrichtigem Entsetzen erklärte er dem Kriegsgericht, dass Homosexualität in der Marine für die nationale Sicherheit eine tödlichere Gefahr sei als die nordvietnamesischen Armeen. Als Antwort auf die entsprechende Frage gab er kleinlaut zu, trotz wochenlangen Schnüffelns den Namen von Jordans Lover nicht nennen zu können. Natürlich hatte sich das Paar nur getroffen, wenn Bruce Dienst hatte. Und ebenso natürlich waren Jordan und sein Partner äußerst klug vorgegangen, um ihre Beziehung geheim zu halten.
    Entschlossen, das Übel auszurotten, bevor es das ganze Schiff erfasste, hatte Bruce mit Hilfe seines Kommandeurs eine Kamera angebracht. Unglücklicherweise waren die beiden Amateurdetektive ziemlich unerfahrene Fotografen. Sie richteten die Kamera aufs Geratewohl durch einen Spalt in der Jalousie in die Kabine und erhielten kein einziges brauchbares Foto des fraglichen Liebhabers. Die Richter kamen ohne eine Spur von Ironie zu dem Schluss, dass unscharfe Aufnahmen von »Teilen der unteren Körperregion« nicht zur Identifizierung dienlich wären.
    Das Gericht wies Jordan wiederholt darauf hin, dass er seine Lage erheblich verbessern könnte, indem er den Namen seines Partners preisgäbe. Doch er weigerte sich standhaft. Als Folge verurteilten die Richter ihn zur Höchststrafe. Jordan wurde degradiert und kam in das Militärgefängnis von Guam, wo die amerikanischen Steuerzahler zehn Jahre für seine Haft aufkommen sollten.
    Konteradmiral Edgar nahm sich die Verurteilung seines Sohnes schwer zu Herzen. Er war außerstande, die Scham über dessen unehrenhaftes Verhalten zu ertragen, quittierte den Dienst und verübte kurz nach Verkündigung des Urteils mit seinem Wagen Selbstmord.
    Bei der Nachricht vom Tod seines Vaters schnitt Jordan Edgar III. sich mit einem Messer, das er aus den

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