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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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unkontrolliert ausbrach, ließ sie es frei. Nicht einmal die Dauer eines Wimpernschlags brauchte die Energie, um Quaid vollkommen einzuhüllen. Blitze umzüngelten ihn gierig, ohne ihn jedoch zu berühren. Mila hielt sie mit eisernem Willen unter Kontrolle. Seit Jahren hatte sie sich nicht mehr so gut gefühlt. Eine solche Macht über das Engelsfeuer zu haben, konnte süchtig machen, und erst jetzt merkte sie, wie sehr sie es vermisst hatte, diese kosmische Energie in ihren Adern zu spüren. Doch sie gab sich keiner Illusion hin. Durch die Abstinenz war sie aus der Übung gekommen, einem Sportler gleich, der zu lange pausierte. Und – traurig, aber wahr – auch vorher wäre ihr jeder Gegner von Quaids Kaliber im direkten Vergleich haushoch überlegen gewesen. Das Überraschungsmoment mochte auf ihrer Seite sein, bald aber würde sich Quaid aus seinem Gefängnis befreien können. Schon jetzt spürte sie, wie er mit seinem eigenen Feuer dagegenhielt.
    Es wurde Zeit zu verhandeln. »Könnten wir die Spielchen bitte lassen? Ich möchte ungern dieses hübsche Cottage abbrennen, und wenn ich mich recht erinnere, sollte es dein Job sein, mich zu beschützen, und nicht, mir an die Wäsche zu gehen«, sagte sie möglichst beiläufig.
    Allerdings!
    Und mit diesen lautlos gesprochenen Worten ließen die blau züngelnden Fesseln von Quaid ab und kehrten zu ihr zurück. Mila ließ es geschehen. Sie wusste, wann sie sich geschlagen geben musste, und gegen diese Macht zu verlieren war keine Schande.
    »Ein Bier, Lucian?« Lächelnd hielt sie ihm die Flasche entgegen, als wäre nichts passiert. »Oder doch lieber Wasser?«
    »Wenn du mich so fragst, dann nehme ich ein Glas Wein. Bist du so gut und holst uns eine Flasche aus dem Keller?« Langsam kam Lucian die Treppe herunter, von der aus er ihren Stunt offenbar beobachtet hatte.
    Wie ist er dorthin gekommen? Zu gern hätte sie über Quaids versteinerten Gesichtsausdruck gelacht. Aber der Instinkt sagte ihr, dass es blanke Furcht war, die sie in den grauen Augen sah. In seiner Haut wollte sie jetzt nicht stecken und auch lieber nicht zwischen zwei aufgebrachten Engeln stehen. Deshalb ging sie ohne weitere Worte an ihm vorbei und tat, worum Lucian sie gebeten hatte.
    »Mein Fürst, vergebt mir. Ich wusste ja nicht …«
    Bevor sie die Tür ganz hinter sich zuzog, verharrte sie. Was hatte Quaid da gerade gesagt?
    Mila! Die Stimme klang härter als Stahl und erlaubte keinen Widerspruch.
    So schnell sie konnte, lief sie die Holzstiege hinunter und machte dabei möglichst viel Lärm, um zu signalisieren, dass sie mit anderen Dingen beschäftigt war, als die beiden zu belauschen. Unten angekommen, setzte sie sich auf die Stufen und versuchte, das Stolpern ihres Herzens durch gleichmäßiges Atmen zu beruhigen. Nach einer Weile hörten endlich auch die Hände auf zu zittern.
    Was tue ich hier? , fragte sie sich und blickte ratlos auf die hölzernen Regale. »Wein«, flüsterte sie. »Ich wollte Wein holen.«
    Mit Bedacht wählte sie einen Weißwein aus, der hier unten gerade in der richtigen Temperatur lagerte und sofort nach dem Öffnen getrunken werden konnte.
    Lucian war, das hatte sie während der letzten Tage beobachten können, ein Kenner und hatte ihr einiges zu den Weinen erklärt, die er im Cottage deponiert hatte, weil seine Unterkunft angeblich keinen Keller besaß. Nachdem hoffentlich genügend Zeit vergangen war, um den streitbaren Engeln die Gelegenheit zu geben, sich zu massakrieren oder auszusprechen, griff sie nach dem Amulett. Mir wird kalt.
    Da wüsste ich Abhilfe.
    Wenn Lucian diesen Ton anschlug, konnte die Stimmung dort oben ja nicht mehr allzu gereizt sein. Erleichtert ging sie darauf ein. Das hört sich interessant an, was schwebt dir denn so vor?
    Wieder einmal hauchte er ihr zur Antwort eine warme Brise schmetterlingsleichter Küsse aufs Gesicht, und Mila wusste nicht, ob es der Klang seines dunklen Baritons war, das tief in ihr vibrierte, oder seine Magie. Sie hätte stundenlang einfach nur dastehen und diese körperlose Nähe genießen können.
    Belustigt erkundete er sich: Träumst du? Komm her, hier scheint die Sonne.
    Anstatt verärgert zu sein, dass er so mühelos sogar aus der Entfernung ihre Stimmungen zu lesen vermochte, fühlte sie sich auf merkwürdige Weise umsorgt.
    Rasch verließ sie den Keller. Oben war niemand, aber aus dem Garten hörte sie Lucians streng klingende Stimme.
    »Ich bin gleich da«, rief sie und nahm drei Gläser aus dem Regal.

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