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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Wächterengel ungerecht war, denn er hatte sie ganz offensichtlich schützen wollen. Im Grunde hätte sie dringend ein Wörtchen mit demjenigen reden müssen, der ihr diese vermaledeite Situation eingebrockt hatte. Unwahrscheinlich, dass sie jemals herausfände, wer das war und warum er ausgerechnet sie mit diesem Fluch belegt hatte. Es sei denn, er hätte es getan, um sich ihrer eines Tages zu bedienen. Darüber wollte sie lieber nicht nachdenken.
    In den letzten Jahren, und das fiel ihr leider nicht zum ersten Mal auf, hatte sie es zu einer beachtlichen Meisterschaft darin gebracht, unangenehme Dinge einfach so lange es ging zu ignorieren. Und Lucians merkwürdiges Verhalten würde sich, wie jede andere Enttäuschung auch, früher oder später ebenfalls hinzugesellen.
    Eine schüchterne Stimme in ihrem Inneren piepste: Wenn er dich nicht mögen würde, hätte er dir niemals dieses Amulett überlassen.
    Ja, klar, als ob jemand wie Lucian so ein Geschenk uneigennützig macht.
    Und wenn doch? , fragte die Stimme.
    Behutsam erfühlte sie das Schmuckstück unter ihrer Bluse. »Was sagt man noch gleich über die Hoffnung?«
    »Sie stirbt zuletzt? Darauf würde ich mich nicht verlassen, Miljena.«
    Schneller als ihre Augen aufschnappen konnten, war sie auf die Füße gesprungen; sie wippte auf den Fußballen, die Fäuste angehoben, kampfbereit und hoch konzentriert. Zu spät erkannte sie, dass diese Reaktionszeit verriet, wie es um die angeblichen Verletzungen bestellt war.
    Doch ihr Gegenüber interessierte sich offenbar nicht für solche Ungereimtheiten. Langsam nahm er die Sonnenbrille ab, steckt sie in die Hemdtasche und hob die Hände, um seine friedlichen Absichten zu demonstrieren. »Immer noch das gleiche wilde Ding.«
    »Quaid?« Erleichterung durchflutete ihren Körper. »Bist du es wirklich?«
    Wie konnte das sein? Schon als sie sich das erste Mal begegnet waren, hatte sie geahnt, dass sich hinter Quaids charmanter Fassade ein bemerkenswert Dunkler Engel verbarg. Vielleicht war sie damals einfach nur zu naiv gewesen, um ihn zu durchschauen, aber sie hatte sich sogar ein bisschen in ihn verliebt. Heute schrie jede Faser ihres Körpers: Gefahr!
    Früher wäre sie in einer ähnlichen Situation längst geflohen. Jetzt wagte sie die Konfrontation und fragte: »Arbeitest du nicht mehr in dieser Dämonen-Bar?«
    Lachend zog Quaid einen Autoschlüssel aus der Tasche. »Wie du siehst, bin ich inzwischen zum Taxifahrer aufgestiegen.«
    In Sankt Petersburg war er ihr wie ein väterlicher Freund erschienen und hatte ihr damit genau das gegeben, was sie nach dem Tod des Vaters so sehr vermisste. Für Brot hatte er gesorgt, wenn sie wieder einmal nichts zu essen gehabt hatten, und manchmal sogar für ein ordentliches Stück Fleisch. Gelegentlich gab es Kaffee für Mama oder Milch für Alex, der damals schon zu einer Art Bruder geworden war. Und nicht selten bekam sie Tipps von ihm, wo es etwas abzustauben gab. Die Mutter hatte ihr jeglichen Kontakt mit diesem Ausbund der Hölle untersagt, als sie von Quaid erfuhr, und natürlich hatte sich die rebellische Mila nicht daran gehalten.
    Quaid verkörperte genau das, was man sich unter einem Dunklen Engel vorstellte. Die Gestalt eines gut trainierten Kämpfers, das arrogante Profil eines römischen Adligen und dazu Amors sinnlicher Mund. Alles an ihm war verführerisch. Das kurz geschnittene Haar, die Aura und seine Schwingen, die vor ihr zu verbergen er sich nicht die geringste Mühe gab. Die personifizierte Versuchung. Allerdings nicht für Mila. Es kam ihr vor, als hätte er inzwischen an Macht und Gefährlichkeit gewonnen.
    Keinen Steinwurf weit traute sie ihm über den Weg. Lucian, ich habe Gesellschaft. Gespannt beobachtete sie jede seiner Bewegungen. Ahnte er, dass sie ihm misstraute?
    Das ist Quaid, er wird dich sicher nach Hause begleiten. Ich komme, so schnell ich kann.
    Die letzten Worte hatte Lucian mit einer merkwürdigen Betonung gesagt, sodass sie sofort die Schutzmauer in ihrem Inneren verstärkte. »Gute Sache. Genau das, was ich brauche.«
    Milotschka. Ein warmes Lachen hüllte sie ein, wehte um die Festung ihrer Seele und bestärkte sie darin, weiter auf der Hut zu bleiben.
    Misstrauisch sah Quaid sie an. »Mit wem redest du?«
    »Na, mit dir. Du hast mir doch deine Dienste als Taxifahrer angeboten.« Um einen harmlosen Gesichtsausdruck bemüht, griff sie nach ihrem Stock und humpelte zu Lucians Auto. »Willst du mir nicht die Tür aufhalten? Ich bin nämlich

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