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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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gebietender Dunkler Engel war, der seine Gefährlichkeit vor nicht einmal einer Stunde erneut unter Beweis gestellt hatte. Doch darüber mochte sie in diesem Moment nicht nachdenken, denn sie fand es einfach himmlisch, endlich selbst verwöhnt zu werden.
    Schnell frottierte sie sich die Haare. Ein Föhn war nirgends zu entdecken, also schlang sie sich ein trockenes Tuch um den Kopf und streifte das bereitgelegte Shirt über.
    Lucian war kein schwerer Mann und auch nicht riesig groß, sie schätzte ihn auf etwa einen Meter sechsundachtzig. Aber er hatte erstaunlich breite Schultern und eine geschmeidige Art, sich zu bewegen, die ihre Fantasie unweigerlich anregte . Jede Wette würde sie eingehen, dass kein Gramm überflüssiges Fett an dem trainierten Körper zu finden war, und sie verspürte auf einmal unbändige Lust darauf, diese These zu überprüfen .
    Das T-Shirt, das ihn zweifellos wie eine zweite Haut umhüllen würde, war ihr viel zu weit und noch dazu lang genug, um bis zur halben Höhe der Oberschenkel zu reichen. Der Spiegel zeigte ihr ein blasses Gesicht, das eine Spur zu exotisch wirkte, um europäisch genannt zu werden. Ergänzt durch eine schmale Silhouette, die auf den ersten Blick nichts von ihrer Sportlichkeit verriet und in den letzten Tagen noch ein wenig zarter geworden war, ließ sie dies eigentümlich fragil wirken, behauptete Florence. Kein Adjektiv, das sie normalweise für sich in Anspruch genommen hätte. Nun aber fragte sie sich, ob es dieses Bild war, das an Lucians Beschützerinstinkt appellierte.
    Sie sollte es bald herausfinden. Als Mila das Bad verließ, war er in der Küche beschäftigt. Der Wasserkocher brummte laut, und Lucian schien sie nicht zu hören, bis sie mitten im Raum stand.
    Plötzlich drehte er sich um, wollte etwas sagen … und stoppte abrupt. Wortlos sah er sie an. Beinahe, als hätte er sie noch niemals zuvor gesehen.
    Wenn das unverschämte Grinsen, das sich ganz langsam über seinem Gesicht ausbreitete, Aufschluss darüber gab, was er bei ihrem Anblick dachte, dann durfte sie getrost davon ausgehen, dass sie ihm gefiel. Ohne besondere Schüchternheit hielt sie der Musterung stand. Es gab keinen Grund, sich für ihren Körper zu schämen. Sie hatte sich ein Leben lang bemüht, ihn so gut wie möglich zu behandeln, ihm im Gegenzug zuweilen auch alles abverlangt, wozu er in der Lage war. Er hatte sie bisher nicht im Stich gelassen, und entsprechend wohl fühlte sich Mila in ihrer Haut.
    Als Lucian weiterhin schwieg und sie dabei unverwandt ansah, machte sie einen albernen Knicks, bei dem sie die Hemdzipfel festhielt, als trüge sie einen weiten Rock, und sagte: »Das ist auf die Dauer recht luftig, kann ich meine Klamotten irgendwo waschen?«
    Zuerst sah er sie verständnislos an, als hätte er noch nie über so etwas Profanes wie Wäschepflege nachgedacht. Dann lachte er, und sie glaubte, eine Spur Verlegenheit herauszuhören. »Dort hinten muss es eine Waschmaschine geben. Du darfst sie gern benutzen.«
    Als Mila aus dem Haushaltsraum zurückkehrte, in dem sie auch einen Trockner und sogar einen Bügeltisch vorgefunden hatte, ließ er sich gerade in einer Ecke des Sofas nieder, in der Hand eine dampfende Tasse Tee. Draußen ging die Sonne unter und sandte ihre feurigen Strahlen weit ins Haus hinein. Der Sommer würde sich bald seinem Ende zuneigen, die Tage wurden nun deutlich kürzer.
    »Komm her.«
    Sie setzte sich in die andere Ecke und zog die Beine hinauf auf die gemütlichen Kissen, in denen sie beinahe zu versinken drohte. Bevor sie etwas sagen konnte, hielt sie bereits den Tee in der Hand. »Den hast du für mich gemacht? Danke.«
    Er drehte die Augen himmelwärts.
    »Ach, was willst du? Du hast mir heute zum zweiten Mal das Leben gerettet, und ich durfte die flauschigsten Handtücher benutzen, die es in diesem Universum gibt.« Sie zeigte auf ihren Turban. »Wie viel tiefer kann ein Mensch denn noch in deiner Schuld stehen?«
    »Du hast keine Ahnung«, sagte er grimmig, aber dann behielt sein Sinn für Humor doch die Oberhand. »Madame, da Sie unbelehrbar zu sein scheinen, erlaube ich Ihnen, mir in jeder erdenklichen Weise ihre Dankbarkeit zu zeigen, die Ihnen einfällt.«
    Nun doch schüchtern geworden, nahm sie einen Schluck aus der Teetasse, die sie mit beiden Händen hielt. Das Gebräu war stark und süß, mit einem großen Tropfen Milch. Genau das Richtige nach einem Mordanschlag, befand Mila. Nach einigen vorsichtigen Schlucken fand sie die Kraft,

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