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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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einen Ausritt unternommen und bei seiner Rückkehr von den Pferden des Lords geschwärmt. Weil ihm von diesem ungewohnten Vergnügen vermutlich der Hintern wehtat, hatte er nachmittags am Pool die Frauen betrachtet, mit denen Margaret inzwischen wieder aufgetaucht war, damit sie erste Bande zu ihren Opfern knüpfen konnten.
    Den verantwortlichen Elf zumindest über seine Anwesenheit zu informieren, bevor das Fest begann, hatte Arian vorgeschlagen. Lucian fand die Idee gut, was er dem Engel natürlich nicht sagte, den er ohnehin für zu sehr von sich selbst überzeugt hielt. Sie pflegten seit einiger Zeit ein besonderes Verhältnis zu Cathure, einem Elf, der inzwischen Herr über ganz Großbritannien war. Der Veranstalter gehörte zu seinem Hofstaat und nähme es nicht gut auf, wenn das Fest aus irgendwelchen Gründen gestört würde. Feen galten als rachsüchtig. Es war besser, man stellte sich gut mit ihnen.
    Er öffnete diesen einzigartigen Sinn, den auch unter den Engeln nur wenige besaßen und der weit über das hinausging, was man allgemein als sechsten Sinn bezeichnete. Sofort gewann die Welt um ihn herum an Farbigkeit, nahm ihn in sich auf und gewährte tiefe Einblicke in ihre Geheimnisse. Es dauerte nicht lange, bis er den Engel zwischen den hohen Bäumen des Parks wahrnahm, neben ihm ein Elf. Nicht Cathure selbstverständlich, aber auch kein geringer Vertreter seiner Art. Lucians Neugier war geweckt. Behutsam schickte er einen Teil seiner Seele auf die Reise, um ihm Bericht zu erstatten, mit wem er es zu tun hatte.
    Das laute Lachen von einem der Kellner, die noch in einem Catering-Zelt standen und Gläser polierten, erinnerte ihn jedoch daran, wo er war, und sofort rief er den Astralspion zurück. Diese Reisen bargen immer ein gewisses Risiko, sich unterwegs zu verlieren. Lucian war zu erfahren, als dass er sich deshalb hätte sorgen müssen. Eine zweite Gefahr war wesentlich größer: Öffnete er sich zu weit, konnte es passieren, dass seine Schutzschilde nicht mehr ausreichend sicher waren und ein zufällig vorbeikommender Dritter, den er nicht im Fokus hatte, könnte ihn enttarnen.
    Nichts dergleichen war geschehen, und er lehnte sich entspannt zurück. Am Nachbartisch diskutierte eine Runde Golfer ihre nachmittäglichen Erfolge und amüsierte sich dabei offensichtlich bestens. Vielleicht weil Leonardo das Spiel vorzeitig abgebrochen hatte – etwas, das man einfach nicht ohne guten Grund tat –, baten sie ihn nicht zu sich. Lucian war es recht. Er verbrachte nicht gern mehr Zeit als notwendig in menschlicher Gesellschaft. Die meisten waren ihm zu laut, und ihre Ahnungslosigkeit ging ihm schnell auf die Nerven. Würden sie, statt zu reden, genauer auf ihre Sinne achten, sie trieben ihre Welt, die eine der schönsten war, die Lucian kannte, nicht in diesem erschreckenden Tempo geradewegs in den Abgrund.
    Immer aufs Neue fasziniert von der Kraft der Sonne beobachtete er, wie der glühende Feuerball allmählich wuchs, während er sich scheinbar der Erde näherte. Ein vergleichbares Schauspiel gab es in der Unterwelt nicht zu sehen. Obwohl in den wüsten Landschaften, die in weiten Teilen wie das Negativ dieser Dimension wirkten, natürlich nicht ewige Finsternis herrschte. Doch selbst die zwei Sonnen, die rund um die Uhr kupferfarben und riesig über dem Horizont hingen, hatten noch niemals eine annähernd so satte, leuchtende spätsommerliche Atmosphäre geschaffen, wie es der eine Himmelskörper tat, der nun hinter den Baumwipfeln langsam ins Meer hinabstieg, als wollte er die Nacht bei Neptun verbringen.
    In der Luft hing der Duft von gemähten Wiesen und reifem Obst. Die lang gezogenen Wolkenbänder wirkten, als wären sie angesichts der sinnlichen Hitze, die über dem Land lag wie ein Plumeau, zart errötet. In der Tat versprach der Abend so mild zu werden, wie Lord Hubert es angekündigt hatte, und dennoch spürte Lucian bereits einen Hauch des nahenden Herbstes. Eine eigenartige Wehmut beschlich ihn. Bald wird es Zeit sein, Abschied zu nehmen.
    Doch erst einmal galt es herauszufinden, was die Dämonen wirklich planten und wie es ihnen gelang, unbemerkt durch seine gut geschützten Übergänge ins Diesseits zu marschieren. Das Beste würde sein, er fragte jemanden, der es wissen musste. Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie Noth auf die Terrasse hinaustrat.
    Unentschieden sah er sich um, und es war offensichtlich, dass er abwägte, ob er sich zum hohen Beamten aus dem Innenministerium setzen

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