Feuerschwingen
aus, schlitterte auf Knien über das blanke Parkett auf ihn zu und riss ihn beim unvermeidlichen Zusammenprall regelrecht von den Füßen.
Sofort stürzte sie sich auf ihn, doch er war schneller. Ehe sie sichs versah, hatte er sie auf den Rücken gedreht. Die Arme hielt er mit einer Hand über ihrem Kopf zusammen, und sein Gewicht reichte aus, um sie bewegungsunfähig am Boden zu halten. Diese Haltung hatte etwas ungeheuer Intimes, und dann beugte er sich auch noch zu ihr herab, wie es ein Liebhaber täte, wenn er … Erschrocken hielt Mila den Atem an. Der Einbrecher wollte sie doch jetzt nicht küssen? Wenn er das tut, beiße ich ihm die Zunge ab!
Zum Glück passierte nichts dergleichen.
»Es ist lange her, dass ich eine so stürmische Begegnung hatte«, sagte er schließlich und zog sie geschmeidig auf die Füße. »Wer bist du, wenn ich fragen darf?« Ihre Handgelenke hielt er dabei immer noch locker zwischen den Fingern.
Mila war klug genug, keinen weiteren Versuch zu starten, sich loszureißen oder ihn gar überwältigen zu wollen. Es würde ihr nicht gelingen. Seine außergewöhnlichen Reflexe hatte er bereits eindrücklich unter Beweis gestellt, und ihr Unterbewusstsein warnte sie, dass es ein Fehler wäre, diesen Gegner zu unterschätzen oder gar zu verärgern. Also musste sie eine andere Strategie ausprobieren. Er wollte sich unterhalten? Prima!
»Ich wohne hier. Du bist eingebrochen. Lass mich los, und wir können über alles reden.«
»Lügnerin!«, sagte er, aber seine Stimme klang amüsiert.
»Das war kein Einbruch?« Sie verstand ihn absichtlich falsch.
»Nein, nur ein Besuch. Und du wohnst auch nicht hier, sondern drüben im Rose Cottage.«
Woher wusste er das? Und was noch viel wichtiger war: Warum hatte er sich die Mühe gemacht, dieses Detail herauszufinden? Ihr wurde heiß.
Als spürte er ihre Furcht, ließ er sie los. »Wenn ich dir etwas antun wollte, wäre das längst passiert. Ich will mich nur umsehen. Können wir es dabei belassen?«
Nur zu gern hätte sie Ja gesagt und ihn fortgeschickt. Ich darf ihm nicht trauen! Je weiter er von ihr entfernt war, desto besser. Langsam versuchte Mila, Abstand zwischen sich und den Fremden zu bringen.
Abermals schien er zu wissen, was sie vorhatte. »Vergiss es! Ich bin schneller.«
Sie wagte es dennoch, und im Nu war er bei ihr. Obwohl er sie nicht berührte, glaubte sie für einen kurzen Augenblick, sich nicht mehr bewegen zu können. Bevor sie sich vergewissern konnte, indem sie möglichst unbemerkt ihre Hand zur Faust ballte, war es schon wieder vorbei. Mit diesem letzten Fluchtversuch hatte sie sich in eine denkbar ungünstige Position manövriert. Mila stand mit dem Rücken zur Wand. Direkt vor ihr der Einbrecher. Viel zu nahe.
Er lachte, als gefiele ihm ihre ausweglose Situation, und beugte den Kopf, bis seine Lippen ihren Hals beinahe streiften.
Mila spürte seinen warmen Atem auf der Haut. Anstatt jedoch vor Entsetzen zu erstarren, bekam sie weiche Knie, und ihr Puls schlug seltsame Kapriolen.
»Wer bist du?«, fragte er erneut.
Gern hätte sie ihm die gleiche Frage gestellt. Stattdessen tauchte sie unter dem Arm durch, mit dem er sich an der Wand abgestützt hatte, und atmete erleichtert auf, als er sie nicht zurückhielt. Dafür sollte er eine Antwort bekommen, fand ihr Unterbewusstsein. Ohne weiter nachzudenken, sagte sie: »Ich arbeite für eine Innenarchitektin. Lady Margaret möchte einige Räume umgestalten.«
Mit einem unverschämten Lachen antwortete er: »Nun wundert mich nichts mehr: Zyklamfarbene Wände im Salon sind kaum die richtige Wahl für eine altehrwürdiges Manor House wie Stanmore.«
Das Stöhnen war ihr entschlüpft, bevor sie etwas dagegen tun konnte. »Wir hinterfragen die Wünsche unserer Auftraggeber nicht«, entgegnete sie so gefasst wie möglich.
Der Fremde trat in den Halbschatten, den das Mondlicht durch die hohen Fenster warf, und Mila sah, wie er sich nachdenklich mit der Hand übers Kinn strich. Dabei erklang ein leicht kratzendes Geräusch wie von einem Dreitagebart. »Für eine Innenarchitektin beherrschst du ein paar bemerkenswerte Tricks.«
Wenn sie sich nicht täuschte, schwang in diesen Worten Anerkennung mit. Möglicherweise war er doch nicht so gefährlich, wie sie geglaubt hatte.
»Wer zur Hölle bist du?« Die befehlsgewohnte Stimme klang scharf.
Zu gehorchen, war beinahe ein Reflex. Sag es ihm! , flüsterte ihre innere Stimme geradezu verängstigt. »O nein, so läuft das nicht!«
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